Im Osten nichts Neues

Das ist kein Wunder. Allen voran CDU/CSU Söder und Merz haben sich in der vergangenen Woche aufgeplustert und AfD-Forderungen wie Grenzschließungen oder Ausrufen des Katastrophenfalls aufgrund der Flüchtlingszahlen aufgenommen. Die FDP hat die Verkehrspolitik der AfD übernommen, sich als bessere Autofahrerpartei bis an die Grenze der Klimaleugnung geriert. Selbst die Grünen forderten in letzter Minute eine “Innenpolitische Zeitenwende”. Und der Kanzler hat den Oberabschieber nicht nur gemimt, sondern auch nach Afghanistan abgeschoben. Sie haben sich alle, die einen mehr, die andern weniger, politisch bei den Rechtsextremisten angebiedert. Genützt hat es, wie zu erwarten, nichts.

Kein wunder, denn wie sagte es ein WDR-5-Hörer heute morgen so treffend: “Weder die Klimakatastrophe, noch die weltweiten Fluchtursachen werden sich um ostdeutsche Landtagswahlen scheren.” Was diese Stimme auf den Punkt zusammenfasst, ist die Tatsache, dass sich offensichtlich CDU/CSU, FDP und auch das BSW auf einem kollektiven Verdrängungsprozess der größten realen Probleme, nämlich der Ökologie und sozialen Ungerechtigkeit durch die Ablenkung auf das angeblich größte Problem der Migration geschaffen haben. Aber Friedrich Merz hört nicht auf. Er fordert weiter Verschärfungen in der Flüchtlingspolitik. Die CDU und die CSU haben inm Wahlkampf einen unglaublichen Hass auf die Grünen – die sind schuld an allem – fleißig mitbefördert. Söder und Merz haben die Grünen zum Hauptfeind erklärt, um vom Fehlen ihrer Konzepte zur Lösung der politischen Krisen abzulenken. Der Populismus hat die CDU/CSU längst erobert.

Genützt hat es nur der AfD

Das gesamte Anbiedern nach rechts hat der CDU nichts genützt. Die Strafe ist verdient. Sie muss nun, um überhaupt noch demokratisch regieren zu können, in Sachsen wohl mit der SPD und dem BSW, und in Thüringen mit BSW und der Linkspartei versuchen, eine Regierung zu bilden. Besonders in Thüringen, wo es ohne eine Zusammenarbeit von CDU mit dem BSW UND der Linkspartei keine demokratische Regierung geben wird – von einer Minderheitsregierung abgesehen. Diese Lage hat eine rückwärtsgewandte CDU/CSU selbst herbeigeführt und wenn dies nun mit einem Kooperationszwang mit BSW und Linkspartei bestraft wird, ist eine gewisse Häme mancher Beobachter  durchaus angemessen.

Grüne Reaktionen wirklichkeitsfremd

Interessant waren heute die Reaktionen der Verlierer Grüne und FDP auf die Wahlergebnisse. Für die Grünen, in Sachsen mit 5,1% gerade noch im Landtag, und Thüringen mit 3,5% herausgeflogen, erklärte Ricarda Lang, ginge es nun darum, ihre Inhalte besser zu erklären. Auf die Frage, warum denn die Grünen bei den Jungwählern so dramatisch verlogen hätten, und so viele Jugendliche AfD gewählt hätten, kam – nichts. Nichts konkretes jedenfalls, als ein umfängliches Geplapper über viele Ursachen von der Wohnungsnot über mangelnde Versorgung von Jugendlichen, bis zu Fragen der besseren Bildung und Kinderbetreuung. Alles richtig, aber ein bisschen mehr  Innehalten für Nachdenklichkeit und Selbstkritik wäre zu erwarten gewesen. Auch das törichte Wort von der “Übergangskoalition” steht weiter im Raum. Da kam von Ricarda Lang leider gar nichts, und das lässt nichts Gutes hoffen.

FDP Reaktionen absurd

Noch absurder der Möchtegern-MP Kemmerich, mit 0,9% abgestraft, sprach er sich dennoch wieder gegen die Ampel aus, die dem Land und der FDP schade, denn 82 % sprächen sich gegen die Politik der Ampel aus und deshalb hätte die FDP so schlecht abgeschnitten. Die FDP, so Lindner, stehe so schlecht da, leide an der Ampel, weil Partner immer wieder den Koalitionsvertrag öffentlich in Frage stellen wollten, wollte aber keine Konsequenzen ziehen. Er setzt auf Steuerentlastung und Kürzung des Bürgergelds, und macht weiter so, wie bisher. Auch er tönt in das Horn, dass “die Leute” fertig hätten mit dem Versagen in der Asyl- und Migrationsfrage und forderte eine grundlegende Neuordnung der Asyl- und Einwanderungspolitik. Die Grünen sind unausgesprochen an allem schuld. Aber Lindner will den Wirtschaftspakt und zahlreiche Projekte des Koalitionsvertrags dennoch umsetzen. Warum er noch in der Koalition bleibt, konnte und wollte er nicht beantworten. Auch hier nichts neues, als Anbiederung ganz rechts.

Der Gefahr für die Demokratie werden Reaktionen nicht gerecht

Amnesty International warnt vor einem Unterbietungswettbewerb bei den Menschenrechten. Der Zentralrat der Juden sieht die Demokratie in Deutschland in ernster Gefahr. Politik macht weiter so. Markus Söder will Kanzlerkandidat werden, und hat dies heute auf einem bierseligen Frühschoppen nicht abgestritten und Friedrich Merz fordert Neuwahlen, um möglichst schnell Kanzlerkandidat werden zu können. Sie komplettieren das Chaos der persönlichen Eitelkeiten. Ob das angesichts der anstehenden Verhandlungen in Thüringen und Sachsen ausreicht, CDU/CSU Kanzlerkandidat werden zu können, ist fraglich. Denn schon einmal ist mit Annegret Kramp-Karrenbauer eine Kanzlerkandidatin an der Uneinsichtligkeit der Thüringer CDU gescheitert. Nun geht es nicht nur um das BSW, sondern auch um die Zusammenarbeit mit der Linkspartei. Katrin Prien, stellvertretende CDU-Vorsitzende, hat schon mal am Morgen getönt, der Unvereinbarkeitsbeschluss der Zusammenarbeit mit der Linken gelte weiterhin. Einer Linken Bodo Ramelows, die nichts anderes ist, als eine Ost-SPD und wesentlich weniger extrem als das links/rechtspopulistische BSW. Auch diese Engstirnigkeit und fehlende Einsicht angesichts der Gefahr für Verfassung und Demokratie kann nur verwundern. Sie haben alle den Schuss noch nicht gehört.

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net