Wundersame Bahn CCIII
Wer kontrolliert eigentlich den Vorstand der Bahn AG? Zum Verständnis – Bahn-Vorstand, dass sind die Leute, die sich Millionen Euro an Boni selbst gewähren, weil es morgens hell wird und abends dunkel, oder weil sie es geschafft haben, irgendwo im Bahn-Konzern die Frauenquote einzuhalten. Mehr hatten sie nicht vorzuweisen, jedenfalls nichts was zur Einhaltung von Fahr- oder anderen Zukunftsplänen geführt hätte.
Aber für Boni-Zahlungen an sich selbst reichte ihnen das. Hundertprozentiger Eigentümer der Deutschen Bahn AG ist der Bund, repräsentiert durch die Bundesregierung. Ich fand das nicht so gut, und hatte wegen der Boni-Zahlungen Strafanzeige bei der Berliner Staatsanwaltschaft erstattet. Die Staatsanwaltschaft fand die Zahlungen in Ordnung. Boni voll in Ordnung.
Die Bundesregierung sorgt auch dafür, dass im Aufsichtsrat Leute sitzen, die sie nicht kritisieren, oder wenn doch, so leise, dass es niemand hört. Manchmal ein klein wenig störend sind die Vertreter der großen Bahn-Gewerkschaft EVG. Die EVG-Pressestelle erklärte mir gegenüber, ihre VertreterInnen hätten sich gegen die Boni-Zahlungen für den Vorstand gewandt. Nachprüfen läßt sich das nicht so einfach, die Protokolle der Aufsichtsratssitzungen werden – natürlich – nicht veröffentlicht.
Endlich Fahrgastvertreter in den Bahn Aufsichtsrat
Unsere Interessen, die der Fahrgäste, vertritt – zumindest wahrnehmbar – im Aufsichtsrat der DB AG bisher niemand. Das zu ändern, gab es bereits im Jahr 2019 einen Vorstoß des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen. (vzbv). Die Verkehrsreferentin, Marion Jungbluth erklärte: “Den Vorschlag haben wir schon 2019 in die Diskussion eingebracht. Aber Sie wissen ja, wie schwer gerade Veränderungen bei der DB sind. Wir fordern auch schon sehr lange einen Qualitätsmonitor, damit mehr Transparenz bei der Erreichung von wichtigen Zielen wie Kundenzufriedenheit erreicht wird, in dem dies unabhängig erhoben wird.” Mehr von mir dazu hier.
Wer sitzt bisher im Aufsichtsrat?
Das sind erst einmal die Vertreter der Bundesregierung, allen voran der als “ewiger Staatssekretär” im Bundesfinanzministerium in der Berliner Dunstglocke bekannte Werner Gatzer als Vorsitzender des Aufsichtsrates, also als mächtigster Mann im “Kontroll-Gremium”. Gatzer wurde am 1. Dezember 2005 vom damaligen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück zum Staatssekretär berufen, blieb auch bei Schäuble auf seinem Posten und wurde erst von Lindner zum 31.12. 2023 in den vorläufigen Ruhestand geschickt. Gatzer gilt als stolzer Vater der Schuldenbremse.
Einen Mann dieser Denkrichtung als Aufsichtsrat eines Konzerns, der “Privatwirtschaft” lediglich spielt, aber genau so wenig beherrscht, wie die Erfüllung seiner Aufgabe – nämlich für einen verlässlichen Nah- und Fernverkehr zu sorgen und möglichst viele Güter auf der Schiene zu transportieren, ist wahrlich keine gute Idee. Sein Vize ist Martin Burkert , Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) Nürnberg. Burkert, dessen berufliche Karriere bei der Bahn begann. Burkert saß von 2005 bis 2020, also insgesamt 15 Jahre, für die SPD im Bundestag.
Weitere Regierungsvertreter im Aufsichtsrat sind die Staatssekretärinnen Anja Hajduk und Susanne Henckel, Staatssekretärin im Bundesministerium für Digitales und Verkehr. Hinzu kommen noch drei Bundestagsabgeordnete: Stefan Gelbhaar, Grüne, Dorothee Martin, SPD, und Bernd Reuther, FDP. Sowie weitere Arbeitnehmer-VertreterInnen. Soweit verständlich und folgerichtig.
Weshalb aber die folgenden drei Personen im Aufsichtsrat der Bahn AG sitzen, erschließt sich mir – jedenfalls bisher – in keiner Weise. Da wäre beispielsweise Daniela Mattheus. Sie lässt sich auf Online-Seiten der Finanzindustrie als “Expertin für Finanzen, Umwelt, Soziales und Unternehmensführung” vorstellen, die “seit vielen Jahren Unternehmen zu Transformation und Wandel berate”. Daniela Mattheus hält u.a. in den Aufsichtsräten der CEWE Stiftung & Co. KGaA, der Deutsche Bahn AG und der Commerzbank AG Mandate. Ein weiteres Aufsichtsratsmandat hat Prof. Dr. Susanne Knorre, Unternehmensberaterin aus Hannover. Sie war auch mal Ministerin für Wirtschaft, Technologie und Verkehr im Kabinett von Ministerpräsident Sigmar Gabriel in Niedersachsen. Nach eigener Darstellung hat sie viele Jahre Erfahrung in Aufsichtsräten. Sie sitzt oder saß in den Aufsichtsräten von RÜTGERS Germany GmbH, STEAG GmbH, NordLB, Salzgitter AG, Deutsche Bahn AG. Weiterhin im Aufsichtsrat sitzt Dr. Immo Querner, Unternehmensberater aus Celle. Dr. Querner ist seit 2014 Mitglied des Börsenrats der Frankfurter Wertpapierbörse, seit 2014 Mitglied des Aufsichtsrates der BÖAG Börsen AG Hamburg/Hannover. Seine eigene Firma ist tätig im Bereich “Versicherungen, Finanzen.”
Erforderliche Kenntnisse
Weshalb diese zwei Frauen und der Mann von der Bundesregierung dorthin berufen wurden, wollte ich vom Bundesverkehrsministerium erfahren. Die zuständige Pressesprecherin antwortete eher textreich als auskunftsfreudig:
“Die Bundesrepublik Deutschland ist Alleinaktionärin der DB AG. Der Aufsichtsrat der DB AG besteht aus insgesamt 20 Mitgliedern. Davon sind je 10 Mandate von Vertretern und Vertreterinnen der Anteilseigner und der Arbeitnehmer besetzt. Der Bund hat das Recht, drei Mitglieder direkt in den Aufsichtsrat zu entsenden, so genannte Bundesvertreter und -vertreterinnen (§ 9 Abs. 2 Satzung DB AG). Als Alleinaktionär wählt er außerdem die übrigen sieben Anteilseignervertreter und -vertreterinnen in der Hauptversammlung (§ 9 Abs. 3 Satzung DB AG). Die Auswahl und Besetzung von Mandaten im Aufsichtsrat der DB AG wird durch eine Reihe von Rechtsvorschriften bestimmt, insbesondere dem Aktiengesetz und dem Public Corporate Governance Kodex. Dabei achtet die Bundesregierung darauf, dass die Mitglieder des Kontrollorgans über die für die Ausübung des Aufsichtsratsmandats erforderlichen Kenntnisse und fachlichen Erfahrungen verfügen, insbesondere über wirtschaftliche und rechtliche Expertise. Zudem wird bei der Besetzung auf gesetzlich vorgeschriebene Quoten geachtet.”
Fachliche Eignung
Die Frage nach dem “Warum diese Personen”, bleibt auch auf Nachfrage offen. Weil sie Anhaltspunkte für eine Bewertung der Berufungen bietet, möchte ich auch diese Antwort in Gänze zitieren:
“Die von Ihnen genannten Vertretungen der Anteilseignerseite sind im Rahmen des vom AktG sowie von den Grundsätzen guter Unternehmens- und aktiver Beteiligungsführung vorausgesetzten Verfahrens in den Aufsichtsrat der DB AG gewählt worden. Bei den Mandatsträgern und Mandatsträgerinnen besteht in erster Linie eine besondere fachliche Eignung zur Ausübung der Tätigkeit im Aufsichtsrat der DB AG. Des Weiteren waren keine Gründe – wie bspw. Interessenkollisionen – erkennbar, die gegen eine Auswahl gesprochen hätten. Klassischerweise setzt sich der Aufsichtsrat der DB AG auf der Anteilseignerseite aus Vertretungen des Bundes, MdB sowie Vertretungen aus der Wirtschaft zusammen. Für mehr Transparenz und fachlichen Austausch mit der Branche hat das BMDV dieses Jahr den Sektorbeirat konstituiert. Als unabhängiges Fachgremium hat er die Aufgabe die gemeinwohlorientierte Arbeit der neu gegründeten DB InfraGO AG mit Fach- und Praxisexpertise kritisch zu begleiten. Mit 23 Mitgliedern aus den Bereichen Eisenbahnunternehmen, SPNV-Aufgabenträger, Verbände und Endnutzer repräsentiert der Sektorbeiratdie Breite der Bahnbranche.”
Es muß sich zeigen, ob diese “unabhängiges Fachgremium” wirklich mehr ist als eine unverbindliche Spielwiese.
Auch im Bundestag wurde der Aufsichtsrat der Bahn bereits thematisiert. Der Verkehrspolitiker der Linken,Bernd Riexinger fragte nach den Kriterien, nach denen die Aufsichtsrätinnen und Aufsichtsräte im Konzern der Deutschen Bahn (Anteilseignervertreterinnen und- vertreter) seitens des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr ausgesucht werden, und nach welchem rechtlichen Verfahren deren Einsetzung erfolgt.
Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) richte sich, so heißt es in der Antwort “bei der Auswahl der vom Bund zu entsendenden und zu wählenden Mandatsträgerinnen und Mandatsträger in die Aufsichtsräte des Deutsche Bahn Konzerns, die nicht Abgeordnete des Deutschen Bundestages sind, nach den Anforderungen der Richtlinien für eine aktive Beteiligungsführung bei Unternehmen mit Bundesbeteiligung“.
Warum die genannen Personen berufen wurden, ergibt sich auch aus dieser Regierungsantwort nicht. Ich möchte aber gerne erfahren, für wen diese Finanzmenschen dort wirklich sitzen, und habe sie danach gefragt. Ich bin gespannt auf deren Antworten. Wir werden berichten. Die Forderung nach der Entsendung von Fahrgastvertretern in den Bahn-Aufsichtsrat durch die nächste Bundesregierung wird als Kampagne wahrscheinlich den nächsten Bundestagswahlkampf begleiten. Wie genau das ablaufen soll, wird noch diskutiert.
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