Nadja Sthamer hat sich selbst einen offenen Brief geschickt. Genau so wie weitere junge SPD-Bundestagsabgeordnete, deren Namen zumindest mir bisher vollkommen unbekannt waren: Annika Klose, Fabian Funke, Axel Echeverria. Diese Namen stehen gemeinsam mit dem von Gesine Schwan unter einem Offenen Brief der überschrieben ist mit Initiative „Eintreten für Würde“ und von überwiegend aus Berlin stammenden oder aber zumindest dort tätigen Sozialdemokraten an ihre “GenossInnen – im Bundeskabinett, – im Bundestag, – im Willy-Brandt-Haus.”
Mit dieser Aufzählung dürften gleichzeitig die Arbeits – oder Aufenthaltsorte vieler Erstunterzeichner erfasst sein. Denn die meisten Unterzeichner arbeiten für die SPD oder haben dort Funktionen inne. Überschrieben ist der Brief mit dem Satz: “Eintreten für Würde: Menschenrechte wahren, Asylrecht verteidigen, sozialdemokratische Werte leben!”
Die letzte Aussage gefällt mir besonders: “sozialdemokratische Werte leben!” das ist es, was ich vermisse. Aber zu solch einer Politik sind Leute wie Boris Pistorius oder Nancy Faeser nicht fähig. Sie würde so etwas wie Menschlichkeit und Moral voraussetzen. Leuten wie Nancy Faeser traue ich fast alles zu – nur keine Menschlichkeit, Moral und ein rechtsstaatliches Empfinden. Sie überholt mit ihrer praktischen Politik die AfD von rechts.
Nancy Faeser: gefährlicher als die AfD
Nancy Faeser – vor dieser Frau habe ich Angst. Ich halte solche Typen für gefährlich. <<<
Doch weiter im Text des Aurufes: “Die SPD darf nie die menschenfeindlichen Narrative und Positionen rechter Parteien aufgreifen und damit normalisieren. Die Sprache der Rechten zu übernehmen, wenn es um Asylsuchende geht, die vor Krieg und Chaos fliehen, und geschlossene Grenzen innerhalb Europas zu planen – ein solcher Schwenk befeuert die Positionen der extremen Rechten. Ihnen gelingt damit eine für unsere Demokratie und unsere Gesellschaft brandgefährliche Verschiebung des Diskursraumes. Die klare, uneingeschränkte Brandmauer gegen Rechts muss sich stattdessen in den politischen Taten und Worten der Sozialdemokratie widerspiegeln.”
Und weiter: “Wir fordern daher die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung und des Bundestages auf, sich wieder für eine humane Asylpolitik einzusetzen, die keine rechten Fantasien von geschlossenen Grenzen reproduziert und stattdessen europäisches Recht sowie internationale Solidarität achtet. Wir fordern Euch auf, Euch auf unsere Grundwerte als handlungsweisend für politische Entscheidungen und Debatten zu besinnen und nicht vermeintlichen Umfragen oder Stimmungen hinterherzulaufen.”
Zu den ersten UnterzeichnerInnen gehörten Gesine Schwan, sowie einige junge Bundestagsabgeordnete, deren Namen ich zumindest hier zum ersten Mal wahrnehme, wie Annika Klose, Fabian Funke, Axel Echeverria, zahlreiche Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses und der Jusos aus verschiedenen Bezirken.
Immerhin haben inzwischen wohl insgesamt 35 Bundestagsabgeordnte diesen Brief inhaltlich unterstützt.
Von Grünen ist ähnliches nicht bekannt. Aber die sind meines Erachtens ohnehin inhaltlich total kaputt und kümmern sich nicht mehr um Menschenrechte, außer vielleicht für Israelis und Ukrainer.
Verständlich, dass diejenigen innerhalb der Grünen, die an einer Politik interessiert sind, für die SPD und Grüne gewählt wurden, die einzige richtige Konsequenz ziehen und aus den Grünen austreten. Diese Partei kann man nur verlassen. Ich habe das bereits nach dem verbrecherischen Krieg der NATO-Staaten gegen Serbien eingesehen und getan.
Ich schreibe selten oder eigentlich nie Kommentare. Aber dieser Text von Herrn Lorscheid ist – mit Verlaub – höchst ärgerlich (er toppt fast schon die unsäglichen Texten von Petra Erler). Die Einschätzung der getriebenen Nancy Faeser im Text von Herrn Lorscheid teile ich, es ist auch gut, dass Sozialdemokrat:innen sich für eine humanistische Ein- und Zuwanderungspolitik aussprechen (zum Thema siehe u.a. das Editorial der Septemberausgabe des Demokratischen Salons und mein Essay “Das Lampedusa-Syndrom”). Aber das, was Herr Lorscheid über die Grünen schreibt, ist einfach falsch. Es gibt viele Grüne, auch Bundestagsabgeordnete, die sich aktiv für Verfolgte, Geflüchtete engagieren, beispielsweise Max Lucks MdB, der sich für die Êzîd:innen einsetzt (siehe meinen Essay “Weil sie Êzîd:innen”, ich werde Herrn Lucks demnächst interviewen), auch Lamya Kaddor MdB, die ich mehrfach interviewt habe und die ein sehr differenziertes Bild der Konflikte im Nahen Osten zeichnet. Die Fraktion der Grünen im EU-Parlament hat sich auch anders positioniert als der EU-Ministerrat. Ob sie sich gegen Nancy Faeser und die allgemeine Stimmung durchsetzen, ist eine ganz andere Frage. Aber bei den Grünen gibt es viel Bewegung, erst recht nach dem Rücktritt des Vorstands und den Austritten von Vertreter:innen der Grünen Jugend. Und Boris Pistorius hat recht, wenn er dafür sorgen will, dass die Bundeswehr innerhalb der NATO – wie er sagt – “kriegstüchtig” wird. Vogel-Strauß-Politik hat noch nie geholfen (siehe hierzu die sehr differenzierten Texte von Paul Schäfer in meinem Magazin). Wer die Ukraine nicht unterstützt, gefährdet die Menschenrechte nicht nur dort. Putins Russland bedroht die Menschenrechte nicht nur in der Ukraine, auch in Georgien, in Moldawien, über seine Proxis auch in den EU-Staaten. Wollen wir wirklich riskieren, dass Putin seine inzwischen totalitär ausgerichtete Politik erfolgreich exportiert? Last not least: es ist gut, dass die Grünen sich für Israelis und Ukrainer:innen einsetzen und da nicht wackeln. Ein Indikator, nur ein kleiner: Die Tatsache, dass eine Gruppe von Studierenden in Kyiw regelmäßig Texte aus meinem Magazin ins Ukrainische übersetzt und sich dabei unter anderem das Gespräch mit Aiki Mira unter dem Titel “Poetik der Queerness” ausgesucht hat, zeigt, wer Menschenrechte und Demokratie vertritt und wer nicht.
Lieber Norbert, vielen Dank dafür, dass Du das positive Wirken von Abgeordneten ins Licht rückst, die die breite Öffentlichkeit nicht immer so erreichen, wie sie es verdient hätten. Noch hilfreicher wären Links zu den von Dir aufgezählten Texten gewesen. Hier der Newsletter, der zu den meisten Links enthält:
https://demokratischer-salon.de/beitrag/newsletter-september-2024/
Deine Verärgerung über die Texte von Petra Erler teilen viele Leser*innen offenbar nicht. Und wenn doch, lesen sie sie trotzdem. Jede*r, wie sie*er will.