Wer die Weltherrschaft will, benötigt als notwendige Bedingung die Medienmacht. Wer die Medienmacht erobern will, braucht als notwendige Bedingung den Fussball. Alle Medienmächtigen wissen das. Vom grössten deutschen Pleitier und Helmut-Kohl-Finanzier Leo Kirch, über den endlich toten Silvio Berlusconi, der vermutlich nur ein Hampelmann des sich hinter ihm verbergenden Mafia-Netzwerkes war, bis zum immer noch lebenden Rupert Murdoch. Letzterer war und ist von den Genannten zweifellos der erfolgreichste und mächtigste, hat sich aber mittlerweile vom Fussball getrennt, und versucht sein Medienmachterbe zu regeln. Er weiss: Fussball-TV-Rechte sind unrentabel und eignen sich nur als Instrument zur Eroberung von politischer Medienmacht.

In die Lücke, die Murdoch hinterlässt, springt Len Blavatnik mit Dazn. Weniger eitel, aber nicht weniger machtbewusst, dabei weit diskreter vorgehend. Zwar reist er sogar persönlich über grosse Ozeane, um z.B. ganz ohne Medientamtam die Führung des Fussballkonzerns aus dem süddeutschen Raum zu treffen, weil er die für Meinungsführer im deutschen Profifussball hält, unabhängig von sportlichen Zufällen. Diese global verbreitete Einschätzung drückt sich in der Tatsache aus, dass bei der Fifa-Club-WM im nächsten Jahr aus Deutschland ebendieser Fussballkonzern (3. der letzten Saison) sowie sein wesensgleicher westfälischer Konzern (5. der letzten Saison) teilnehmen sollen – in dem Glauben, sie seien halt besser vermarktbar, als solche, die rein zufällig mal ein Jahr lang besseren Fussball gespielt haben.

Das könnte ein Irrtum sein. Denn die Fifa konnte die TV-Rechte für das in 8 Monaten beginnende Turnier immer noch nicht verkaufen. So wenig, wie die Deutsche Fussball-Liga (DFL) die für die in 9 Monaten startende nächste Bundesligasaison.

Bei der nervösen DFL jagt eine Sondersitzung die nächste. Es ist ja schon ein Kunststück, die Interessen ihrer 36 doch recht verschiedenen Mitglieder zu vereinen. Und nun hatte ihnen Dazn vor einem privaten Schiedsgericht auch noch das Ausschreibungsverfahren zerschossen. Jetzt bloss keinen Formfehler beim neuen Versuch machen. Sonst steht der deutsche Profifussball der Herren plötzlich so blank da, wie vor wenigen Jahrzehnten sein finanzieller Gottvater Leo Kirch.

Blavatniks Dazn unterlässt derweil keine Provokation. Das noch dominierende Fachblatt Kicker hat er schon an die Leine gelegt. Dort kann, wer will, nachlesen, was Dazn sagt, dass es im Schilde führt. Aber wer will das schon – ausser die hypernervösen DFL-Leute? Dort war noch gestern – ist online wieder verschwunden – zu lesen, mit was Dazn alles droht, wenn die DFL was falsch macht. Und dort wurde – für nix zu fies – das Gerücht verbreitet, der Staatsfond Saudi-Arabiens wolle für den Preis einer Milliarde 10% von Dazn erwerben. Sie wissen schon, der regierende Saud-Clan wird von diesem grössten Fan absoluter Pressefreiheit und universaler Menschenrechte angeführt.

Zu diesem Gerücht ist zu sagen: entweder es stimmt, oder es stimmt nicht. Wenn es stimmt, hat Mr. Blavatnik offenbar Kapitalbedarf wg. des überteuerten Fussballs. Wenn es nicht stimmt, ist es “nur” eine Drohung an den Fussball, mit wem er es demnächst zu tun kriegt. Nicht jeder im Profifussball der Herren ist so schmerzfrei wie Fifa-Boss Infantino.

Haben Sie bis hierher mitgelesen, obwohl Sie sich “nicht für Fussball interessieren”? Dann fragen Sie doch mal bei den von Ihnen genutzten Medien, warum es noch kein Buch, keine Streamingserie, keine Dokumentation und noch keine Hintergrundstory irgendeiner dieser Superduper-Investigativ-Recherche-Kooperationen über Mr. Blavatnik gibt. Sind die zu ängstlich? Zu arm? Oder nur zu faul?

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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