Dass Friedrich Merz und die AfD sowie das stalinistische BSW “sofortige Neuwahlen” fordern, ist nicht verwunderlich. Möchten doch alle drei Parteien möglichst fix von der vermeintlich für sie günstigen Situation aufgrund von Meinungsumfragen profitieren. Damit ist allerdings nicht das Geschrei der verschiedenen Medienvertreter*innen der Berliner “Hauptstadtblase” erklärlich, denen eine gewisse parteipolitische Distanz anzuraten wäre – die sie aber, wie beim Auftreten in den verschiedenen “Politiksimulationen” von Maischberger bis Miosga, von Illner bis Lanz, immer wieder negativ unter Beweis stellen: Zu verführerisch ist die Chance, auf diese Weise Möchtegern-Politik zu machen.
“German Angst” vor Minderheitsregierungen
Die Medien tun so, als wären die derzeitigen Umfragen und die angeblich empitisch zu entwickelnde “Stimmung” daraus real. Dabei resultieren sie zwangsläufig aufgrund aus den Streitereien der nicht mehr existierenden Ampelkoalition. Doch die ist seit dem 6.11.2024 Vergangenheit. Wir haben eine Minderheitsregierung von Rot-Grün + Volker Wissing. Das Grundgesetz und alle Verfassungsregeln würden dieser Regierung erlauben – natürlich jenseits der Frage, wie das politisch wirkt – bis zum Ende der Legislaturperiode mit wechselnden Mehrheiten zu regieren. Das Grundgesetz, das gerade da so viel besser ist, als die Weimarer Reichsverfassung von 1919, ermöglicht eine stabile Regierung, die nur für den Haushalt und Gesetze jeweils eine Mehrheit braucht. Wie sie die bekommt, ist ihrem politischen Geschick überlassen. Soweit so unspektakulär. In vielen Ländern der EU – Dänemark, Belgien, Österreich, Frankreich, Schweden, Spanien, den Niederlanden – ohne Griechenland und Italien nennen zu wollen – sind Minderheitsregierungen keine Katastrophe.
Gefahr durch Extremismus gleichzeitig ignoriert
In Deutschland werden Minderheitsregierungen als solche mehr gefürchtet, als die Umtriebe extremistischer Parteien: In der vergangenen Woche hat die Bundesanwaltschaft eine sächsische Gruppe von Terroristen ausgehoben und festgenommen, die einen nationalsozialistischen Staat in Sachsen errichten wollte und deren Führungszirkel drei AfD-Funktionäre, darunter ein gewähltes Ratsmitglied, angehörten. Grund genug – man stelle sich vor, vor 20 Jahren hätte sich herausgestellt, dass 3 SPD-Mitglieder der RAF angehören – der AfD vor jedem öffentlichen Auftritt eine Stellungnahme zu diesem Skandal abzuverlangen. Aber nichts geschah oder geschieht – Storch am gleichen Abend bei Maischberger, Chrupalla in folgenden Sendungen – die öffentlich-rechtlichen Medien behandeln die den rechten Terroristen nahestehende AfD wie eine völlig normale Partei. Aber der Bundeskanzler, der von seinen ganz normalen Befugnissen verfassungspolitischen Gebrauch macht, wird in übelster Weise in einer parallelen Kakophonie von CDU/CSU, AfD, BSW, FDP und Hauptstadt-Medienblase unter Feuer genommen.
Journalist*innen machen sich Lindners und Merz’ Erzählung zueigen
In den 70er und 80er Jahren hätten die Hauptstadtjournalist*innen gar keine Zeit und auch keine Lust gehabt, Stunden in den Politiksimulationen oder Talkshows zuzubringen. Sie machten lieber ihre Arbeit und recherchierten Fakten. Aber diese journalistische Kärrnerarbeit wird für heutige “Journalisten” wie Robin Alexander, Helene Bubrowski, Melanie Amman, die für eine Vielzahl von Journalist*innen stehen, die durch ihre eigenen eitlen Medienauftritte in gewisser Weise korrumpiert und selbst zu politischen Akteur*inn*en werden. Sie werden als Preis ihrer Eitelkeit zu Nebenpolitiker*inne*n, die zumeist disruptiv zugunsten z.B. der AfD wirken und auch zugunsten bestimmter politischer Positionen, z.B. in der Migrationspolitik oder in der Frage bestimmter Waffenlieferungen an die Ukraine Partei ergreifen, ohne letztlich politische Verantwortung übernehmen zu müssen. Kritische “Talkshow-Besucher” wissen, was damit gemeint ist.
Was spricht gegen eine Abkühlung der Hysterie und Wahl unter klaren Verhältnissen?
Der Vorwurf, der wegen des von Olaf Scholz genannten Termins für die Vertrauensfrage im Januar erhoben wird, ist ebenso parteipolitisch interessegeleitet, wie es ihm unterstellt wird. Natürlich will Friedrich Merz die Empörung über den Rauswurf der FDP für seine Zwecke nutzen – aber seine Popularität, und das ist ihm wohl bewusst – fußt allein auf dem Frust über die zerstrittene Ampel und könnte Risse bekommen, sobald sich die Bürger*innen inhaltlich näher damit befassen, was er als Kanzler anstrebt – Rückschritt in die 80er Jahre, Klimastillstand, Atomkraft-Wirrweg, rückwärtsgewandte Kultur und rassistische Asyl- und Einwanderungspolitik wie die AfD. Dies alles könnte den Bundesbürgern um so bewusster werden, je länger Ruhe nach dem öffentlichen Ampeltumult einkehrt.
Was ist der eigentliche Grund der Eile?
Alle Beteiligten mit ein bischen politischer Erfahrung wissen, dass sich die öffentliche Meinung im bevorstehenden Wahlkampf verändern kann. Denn bisher sind die Verdienste der Ampelkoalition durch den Dauertumult, den vor allem die FDP ausgelöst hat, untergegangen. Der Eintritt in eine Kriegssituation, die sie weder politisch zu verantworten hat, noch beeinflussen konnte, die schnelle, angemessene und zugleich besonnene Reaktion darauf, wurde bisher durch die Kakophonie aus den eigenen Reihen (Strack-Zimmermann, Roth, Hofreiter, alle drei Karriereverlierer) desavouiert. Das ideologisch verbohrte Festhalten Lindners an der für gute Zeiten erfundenen “Schuldenbremse” angesichts eines zu erwartenden wirtschaftlichen Zweifrontenkrieges um Zölle und Subventionen mit den USA und China, sowie angesichts dringender Investitionen in die Zukunft der maroden Infrastruktur ist in hohem Maße demokratiegefährdend.
Weihnachtliche Besinnlichkeit als Bedrohung der Oppositionskampagne?
CDU und CSU müssen befürchten, dass die Wählerinnen und Wähler, während sie sich den Weihnachtsbraten, die Gans oder den Weihnachts-Tofu munden lassen, auf die Idee kommen könnten, dass die Politik Friedrich Merz’ nicht in die Zukunft führt, sondern in die Vergangenheit gerichtet ist, mit neuem Atomkraftabenteuer, angeblich “technikoffener” Antriebe und dem Abrücken von der sinnvollen Elektromobilität, Steuersenkungen für Unternehmen und Reiche, Rentenkürzungen, dem Zurückdrehen von neuen bürgerlichen Freiheiten von Minderheiten, Frauen und Kiffern. Kurz: dem Rücksturz in die 80er Jahre Helmut Kohls dient. Oder es könnte dem einen oder anderen beim besinnlichen Auftun des Rotkohls zum Weihnachtsbraten dämmern, dass Lindners Schuldenbremse gar keine “künftigen Generationen vor Schulden schützt”, sondern immer größere Infrastrukturruinen von vielfacher Größe der Autobahn-Rahmede-Brücke im Sauerlad oder der Leverkuserner Brücke der A1 in Form von Milliardenschulden der jungen Generation hinterlassen könnten.
Bratensoßen-Aufklärung?
Was, wenn die Politiksimulant*innen – von Maischberger bis Illner, Lanz bis Miosga und was sich darüber hinaus auf Privatsendern tummelt – über die Weihnachts- und Neujahrstage auf ihren Einfluss als Möchtegern-Politiker*innen verzichten müssten und das Wahlvolk mangels Bereitschaft, auch unterm Christbaum “Telegram” und “X” nebst “Facebook” zu konsumieren, ein Stück von Verschwörungstheoretikern abrücken? Das können Friedrich Merz und die AfD nicht zulassen. Was sie fürchten, wie der Teufel das Weihwasser, ist eine ganz einfache Beruhigung der aufgeputschten Diskussion über die “Ampel”, die eigentlich nur eine Diskussion über das verantwortungslose Querstehen der FDP in einer gefährlichen historischen Situation sein kann.
Prinzipienlose FDP und CDU auf Trump-Kurs
Warum, so könnte der eine oder die andere Wählerin erkennen, hat denn die FDP der Schuldenbremse eine höhere Priorität eingeräumt, als der verfassungsrechtliche Absicherung des Bundesverfassungsgerichts, wie es die Koalition mit der CDU/CSU verabredet hat? Wieso hetzt Friedrich Merz mit den gleichen Argumenten für die gleichen verfassungswidrigen Ziele in der Flüchtlingsplitik wie die AfD, nämlich die Entscheidung über Asylverfahren außerhalb der EU, mit denen die faschistische Regierung Meloni derzeit den italienischen Rechtsstaat gegen die Wand fährt? Was Friedrich Merz unternimmt, um die eigentlichen Ziele, seinen Wahlkampf gegen ethnische Minderheiten, Flüchtlinge, sexuelle oder gehandicapte Minderheiten und Einwander*innen zu erreichen, ist die Voreingenommenheit der Bevölkerung zu stärken. Gegen Migrantinnen und Migranten, Wanderarbeiter*innen innerhalb der EU und um das rassistische Märchen zu stärken, dass das “Elend der EU”, aus der Einwanderung resultiert.
Tumultpolitik von Merz und Lindner
Auch gegen diese im Kern rassisstische, ökonomisch falsche und menschenrechtlich verurteilenswerte Haltung zur Flüchtlingspolitik könnte sich eine gesellschaftliche Diskussion entwickeln, die nicht mehr der Krisendramatik von “Solinger Morden” oder anderen Kampagnen unter den Bedingungen eines “Belagerungszustandes der Demokratie” unterliegt. Die Normalisierung der politischen Diskussion fürchtet Friedrich Merz zutiefst. Dass seine Politik nicht mehr an den Fehlern der Ampel, sondern an ihrem eigenen Wert gemessen werden könnte und die Bürger*innen zum Schluss kommen, der so trivial wie aktuell ist. Merz und Lindner wollen nicht den Fortschritt des Landes, sondern ideologisch zurück in Vergangenheit und ökonomisch zur Umverteilung von unten nach oben. Sie handeln so wie Trump. In den USA wählten die dümmsten Kälber ihre Schlächter selber. Merz und Lindner wünschen sich, dass sich das bei der Bundestagswahl wiederholt. Das soll niemand merken, bevor die Wahl vorbei ist.
Nachtrag 17.30 Uhr: Nun isses der 23.Februar 2025, an dem gewählt werden soll – nach lautem Geschrei: Sieh an, ein Kompromiss! Geht doch.
Hallo Roland,
seit wann bist Du im Wahlkampfteam der SPD?
Aus Deinen letzten Beiträgen entnehme ich nur Parteipropaganda, Polemik gegen politische Gegner und Vorverurteilungen.
Man kann sich die Lektüre Deiner Beiträge dann bis nach der Wahl ersparen!
Freundliche Grüße
Klaus Richter