Zum Glück weiss ich, z.B. von unserer Oberbürgermeisterin, dass er zu den “stillen Stars” gehört. Er war und ist sich seiner Rolle bewusst: Haushaltspolitiker*innen sind in jedem Parlament ein Machtzentrum. Wenn so einer mit 39 aufhört, stellt er unter Beweis, dass er (immer noch) nicht süchtig ist. Sven-Christian Kindler gab der taz/Tobias Schulze dieses Interview, das mein Aufsehen erregt hat:
“Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug: ‘Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem’ – Sven-Christian Kindler hört auf, um ein besserer Vater zu sein. Nach 15 Jahren Bundestag klagt er aber auch: Social Media hat den Diskurs zerstört.”
Unfaires Nachtreten kann ich von aussen betrachtet nicht entdecken. Wenn welches drin ist, ist es gut verborgen. Der Kerl hört 20 Jahre früher auf, als ich – dafür meine Hochachtung.
Was-mit-Medien-Aufregung
Der vier Jahre ältere Thilo Mischke ist bei weitem noch nicht so weit, wie Kindler. Seine Berufsbiografie sieht bemerkenswert unbeständig aus – höflich formuliert. Als Privat-TV noch nicht gebührenpflichtig war (heute: 70€/Jahr über DVB-T2), habe ich mal was von ihm auf Pro7 gesehen. Das war, glaube ich, auch irgendwas mit Sex mit Frauen, zweifellos ein interessantes Thema 😉 Ich war nicht gelangweilt, aber es war auch nicht interessant genug, dass ich heute noch irgendwas davon wiedergeben könnte.
Andere haben sich das offenbar genauer gemerkt. Z.B. Rebekka Endler/uebermedien: “Ein Bro für die Kultur: Die Berufung von Thilo Mischke zu ‘ttt’ ist ein schlimmes Signal – Die Nachricht, dass der Autor und Reporter Thilo Mischke neuer Moderator von ‘Titel Thesen Temperamente’ werden soll, hat eine Reihe Kultuschaffender empört. Sie haben sich darüber nicht nur beschwert, sondern auch Argumente und Belege gesammelt und in einem Podcast veröffentlicht. Die Autorin Rebekka Endler ist eine von ihnen.”
Meine persönliche Aufregung hält sich in engeren Grenzen. Die fragliche ARD-Sendung “ttt” habe ich seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen – seit sie in der Nacht von Sonntag auf Montag programmverklappt wird. Ich sehe sonntags Zeigler, und gehe dann schlafen. Den ZDF-Krimi zeichne ich mir gleichzeitig auf.
Schlimmer als die Personalie Mischke ist in meinen Augen die Programmpolitik der ARD. Die Rettung für kulturinteressiertes Publikum ist die – darum weit relevantere – werktägliche 3sat-Kulturzeit. U70-Kulturpublikum hat sich von der Anleitung durch ARD und ZDF seit Jahrhunderten emanzipiert. Ich empfehle ergänzend Fazit/DLF-Kultur im Radio vor dem Einschlafen – täglich, auch an Feiertagen!
Die etwas aufgeblasene Aufregung in den asozialen Medien ist zweifellos ein kleines Fortschrittssymptom. #metoo (9 Trefferseiten in diesem Blog) ist vielleicht an den Personalchefs der ARD vorüber gegangen, an der Gesellschaft hier draussen dagegen nicht. Gut so. Mitmoderatorin Siham El-Maimouni wird, mutmasse ich (ich kenne sie nicht, kenne aber Leute, die sie kennen), nicht amüsiert sein. Die im obigen Text von Endler gezogene Parallele zum Fall Nemi El-Hassan wird ihr als WDR-Moderatorin von “Westpol” nicht entgangen sein.
Moderator*inn*en sind zwar für das Publikum “das Gesicht” des gesendeten Programms, aber nur noch in Ausnahmefällen die Chefinnen oder Chefs (wie bei “Monitor” z.B.). Die Hierarchen der Anstalten bevorzugen formbare Gestalten – bei den Damen gerne aus dem Model-Katalog. Und wenn die Männer auch irgendwas-mit-Sex mitbringen, dann meinen die in den oberen Etagen, dass es doch gut aussieht. Von gesellschaftlichem Wandel merken die da nichts.
VW weiss, wo du bist
Und Amazon auch. Würden sie staatlichen Behörden den Einblick verweigern? Ich glaube nicht. Und viele Andere konnten auch mal nachgucken: Martin Holland/heise: “In der Cloud abgelegt: Terabyte an Bewegungsdaten von VW-Elektroautos gefunden – Die für die Softwareentwicklung von VW zuständige Tochterfirma hat Bewegungsdaten hunderttausender Elektroautos so gespeichert, dass ein Zugriff leicht war.”
Künstlerpech. Die Marktanteilsverluste im chinesischen Markt liegen nämlich auch an der Überlegenheit der (Entertainment-)Software in den chinesischen Modellen. Die kontrollieren zwar eher noch mehr, als die Deutschen, aber sind dabei nicht so doof, sich bei jeder Panne erwischen zu lassen.
“Ich ‘abe gar kein Auto”
Mit italienischem Akzent gesprochen war das mal eine geniale TV-Reklame für Kaffee, ich habe aber vergessen für welchen. Bei mir stimmt das seit 1978. Seit 1999 fahre ich auch keins mehr. Wenn sie mir wegen besoffenen Fahrradfahrens den Führerschein wegnehmen wollen – ich wüsste gar nicht mehr, wo der ist. Und digitalisieren lassen habe ich ihn sowieso nicht. Selbst mit meinem Smartphone führe ich die Datendealer und Controllettis hinters Licht: die müssen glauben, dass ich mein Sofa nicht mehr verlasse. Dort auf der Lehne liegt es, ungeladen.
Ein Tipp, wie sie mich kriegen können: wenn die E-Autos komplett selbstfahren. Bis es so weit (und auch erlaubt) ist, bin ich so alt, dass mir meine Daten egal sein können.
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