Ist Karneval Religion oder Religion Karneval?
Es steht im Rheinland kurz bevor, auch wenn es dieses Jahr wieder spät dran ist. Wird aber in Indien weit übertroffen. Von “Kumbh Mela” hatte ich mit meinen fast 68 Lebensjahren noch nie was gehört. Bis nun Ende des Januars ’25 mehrere Dutzend Menschen dort zwangsweise ihr Leben beenden mussten. Die Archivmörder von Heise-Verlag heben den gesellschaftlichen Zusammenhang dieses Massenereignisses in ihre “Missing Link”-Kolumne, und ich hoffe, die hat einige Zeit vor den “Qualitätsmassstäben” der Textelöscher Bestand.
Pratima Harigunani, Daniel AJ Sokolov: “Missing Link: Beim Kumbh Mela strapazieren 400 Millionen Religiöse die Technik – Alle 144 Jahre steigt ein besonderes Hindu-Fest, in Nordindien dieses Mal mit Unterwasserdrohnen, KI und Gesichtserkennung. Eine Massenpanik gab es dennoch.”
Wussten Sie, woher der Begriff “Artificial Intelligence” (AI, deutsch: KI) kommt? Das lesen Sie hier.
Das religiöse Fest Kumbh Mela ist ein noch grösseres Fest für das hindufaschistische Modi-Regime und die dienstleistenden IT-, KI- und Überwachungskonzerne aus aller Welt. Da werden die Polizeibehörden unseres Rheinlandes gewiss ganz blass vor Neid.
Und auch die hiesige Karnevalsindustrie bekommt glasige Augen, wenn sie die in dem lesenswerten Text genannten Zahlen zur Kenntnis nimmt. Aber dafür ist jetzt sicher keine Zeit. Die drogenumsatzstärksten Tage des Jahres stehen unmittelbar bevor.
Und wo machen Sie dieses Jahr Karnevalsurlaub? Norddeutsche Küsten oder die Kanaren müssen Sie gut ein Jahr im voraus reservieren. Sonst sind andere Rheinländer*innen schneller.
Ist der verlinkte Text über die Kumbh Mela von einem Roboter geschrieben?
Die Maha Kumbh Mela war das langweiligste und am meisten durchorganisierte Großereignis, dass ich jemals in Südasien besucht habe. Die Modi-Regierung lagerte die technische Organisation des heiligsten aller hinduistischen Feste an Ernst und Young aus. Modis Motto ist ja eigentlich: Made in India.
Jedem mit minimalen Verstand war das Ziel klar: Bilder von bunten-Menschen-Massen die am Morgen des 29.1 in den Ganges springen. Das Problem: Die Menschen auf dem riesigen Gelände mussten dazu wie durch einen Trichter an wenige Badestellen geleitet werden, doch schon am letzten wichtigen Badetag, dem 14. Januar kam es zu Stauungen von drei Stunden.
Wie die Tiere waren Millionen Menschen in einer Masse eingequetscht. Dieses Mal verließen die ersten Pilger schon um 20.00 Uhr mein Camp. Die Masse gegen 23.00 Uhr, aber erst gegen 5.00 Uhr ging das Baden los. Viele Gläubige hatten nicht mal Zeit sich zu entkleiden oder drei Mal den Kopf in das schwarze Wasser zu tauchen, wie Rituell vorgegeben – sie wurden einfach von der Masse weiter gedrängt.
Auf dem Mela Gelände war es Shanti: außerhalb auf den Zufahrtswegen staute es sich auch, wie an der Badestelle. Wie ich später sah, stauten sich Autos und Busse quasi 125 Km von Allahabad bis nach Varanasi. So soll es aus allen Himmels-Richtigen ausgesehen haben. 75 oder 100 Millionen wollen ja irgendwie an einem Tag in einen Trichter gequetscht werden.
Aber Menschen (Gläubige) ohne Zeit hatten keine Wahl. Sie wurden wie von Ernst & Young geplant, in die Trichter geleitet … . Der größte Teil des Ufers war für die Badenden gesperrt. Es wäre ein leichtes gewesen, die Menschen auf die beiden gesamten Ufer zu verteilen. Die Regierung hätte nur kommunizieren müssen, dass auch dort das heilige Ritual zufriedenstellend ausgeführt werden kann. Aber Modi und die Medien wollten diese Bilder eines Massenbades.
In drei Tagen auf der Mela kaum beeindruckende Babas gesehen, denn die gab es nicht für die Masse, sondern für gutzahlende Touristen, Bilder geile Fotografen, V.I.Ps und Politiker. Auf dem Mela Gelände waren kaum Journalisten (auch nur ein paar Indische). Erst nach dem Desaster kamen sie… .
Ich hatte Mitleid mit der gläubigen Masse, ich lief ja quasi die ganze Zeit neben der Masse und verabschiedete mich immer, bevor sie in einen der Trichter gequetscht wurden. Ich glaube ja nicht daran, also hatte ich die Wahl herum zu schlendern. Das war der eigentliche Skandal, (die Toten waren tragisch, aber vermeidbar) wie Millionen Menschen leiden mussten, damit Modi und die Medien die Badebilder bekommen konnten.
Im Grunde genommen war die Mela ein Beispiel für das Leben im Kapitalismus: Die Masse glaubt keine Wahl zu haben und läuft freiwillig in die engen Trichter – ohne Waffengewalt, ohne offizielle Drohungen.
Das Mela-Chaos zog sich übrigens weiter über ganz Nord-Indien: Die Züge überfüllt, wie die Tiere stürmen die Menschen die Waggon. Dann 22 Stunden mit 30 Menschen in einem 8er Abteil.
P.S Auf Rötzers Telepolis zu veröffentlichen, das konnte ich meistens gut mit mir vereinbaren. Auf einem einem Magazin wie Overton: Ne, da ist dann halt Schluss.
P.S Es wird jetzt noch ein wenig Pakistan und Indien von mir auf Jungle World geben, dann werde ich mich leise verabschieden. Auch Menschen wie ich profitieren davon, in einem demokratischen System zu leben, da ist es selbstverständlich, dass ich versucht habe, schriftlich meinen Mini-Beitrag zu leisten (dass es nicht noch unperfekter wird). Viele Menschen leisten weit mehr. Aber: Jeder nach seinen Möglichkeiten. Wenn Mensch mit Gewalt zu viel “Gutes” erreichen will, hat es oft den gegenteiligen Effekt (meine bescheidene Erfahrung).
Mit respektvollen Grüßen aus Kolkata
Gilbert Kolonko
Ganz herzlichen Dank für diese gründliche Information. Und gerne wieder, auch als redaktioneller Autorenbeitrag.