… ist die Selbstreferentialität
Dass der Journalismus speziell in Deutschland, aber nicht nur hier, ein Problem mit seiner sozialen Homogenität hat, ist hinreichend erforscht. Konsequenzen daraus sind mir nicht bekannt. Was-mit-Medien-Leute sollten grundsätzlich kein Problem damit haben, sowas bekannt zu machen. Wenn es das überhaupt gibt. Die Was-mit-Medien-Menschen sind viel zu sehr mit ihrem Hamsterrad beschäftigt. Ich musste z.B. hierüber mehrmals lachen, obwohl es gar nicht lustig ist:
Christian Bartels/MDR-Altpapier: “Wir sollten den Anspruch haben – Auf einmal werden die EU-Digitalgesetze aus Deutschland heftig kritisiert. Will NRW-Medienminister Liminski fast schon das Providerprivileg abschaffen?”
Ob sich im EU-Brüssel irgendjemand am Kopf kratzt, weil sich deutsche Medienanstalten und Politfunktionäre um sich selbst drehen, und dabei Geräusche machen? Medienpolitik in Deutschland ist verfassungsrechtlich “Ländersache”. Entsprechend schwer ist sie für Landesunkundige aufzufinden. In der Grünen-Regierungsfraktion NRW 1995-00 gab es dafür keine*n wissenschaftliche*n Mitarbeiter*in, also habe ich das im MdL-Büro Appel gemacht. Heute ist die Grüne Landtagsfraktion mehr als doppelt so gross, und tatsächlich gibt es eine Stelle, die dafür zuständig ist, neben den Kleinigkeiten Kultur und Sport, die die Kollegin sicherlich nebenbei miterledigt. Das freut in erster Linie o.g. Herrn Liminski (CDU), der also mit dem Koalitionspartner prächtig Schlittenfahren kann. Was dabei unten rauskommt, s..o. beim Kollegen Bartels.
Für einiges Geräusch in der selbstreferentiellen Branche sorgt der Text von Michael Kraske/uebermedien (mal ohne Paywall): “Hört auf, die AfD in Talkshows einzuladen! – Die neue WDR-Intendantin Katrin Vernau hat Anfang Januar in einem ‘Spiegel’-Interview mehr Mut im Umgang mit der AfD gefordert. Das könnte Hoffnung machen, denn eine Kurskorrektur der Medien ist bitter nötig. Nur leider ganz anders als es der neuen starken Frau in der ARD vorschwebt.”
Tadellos seine Argumentationsführung, wenn er sie nicht mit seinem eigenen Arsch, bzw. seiner Selbstgewissheit zum Ukrainekrieg, wieder einreissen würde. Denn offenbar ist ihm entgangen, obwohl er in Leipzig lebt, dass gut der Hälfte oder sogar der Mehrheit der Bevölkerung hierzulande seine Gewissheit zur Gut-und-Böse-Zuordnung fehlt.
Doch es gibt auch Positivbeispiele
Ich gehöre zu denen, die “konstruktiven Journalismus” grundsätzlich für eine gute Idee halten. Darum zum Schluss hier zwei Beispiele für politische und journalistische Konstruktivität. Und wenn Sie die gelesen haben, verraten Sie mir bitte Ort und Zeit, wann und wo die im gegenwärtigen Bundestagswahlkampf überhaupt mal erwähnt werden.
Rolf Hoffrogge/Jacobin: “Mehr Miete, mehr Rechtsruck – Eine neue Studie zeigt, dass die AfD bei Geringverdienern um bis zu 4 Prozent beliebter wird, wenn die Miete um 1 Euro pro Quadratmeter steigt. Bisher punktet die AfD vor allem abseits der Großstädte. Doch der Mietenwahnsinn droht zum urbanen Einfallstor für die Rechten zu werden.”
und
Michael Kohler/Junge Welt: “H5N1: Profit vor Sicherheit – USA: Vogelgrippe gefährdet Wahlkampfversprechen und Weltgesundheit”.
Der erstgenannte Text benennt die soziale Frage der Gegenwart. Und ihre Nichtbehandlung durch die PR-Nasen der Parteien ist direkter Dünger für Politik- und Parteienhass. Der letztgenannte Text benennt den strategischen Grund für Trumps/USA-Austritt aus der WHO: Verbergen und Vertuschen einer möglichen nächsten Pandemiekatastrophe, Vermeidung prophylaktischer Strategien zugunsten kurzfristiger Kapitalrenditen.
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