Ich liebe sie. Ich liebe die Tausend-Franken-Note der Schweizerischen Nationalbank. Mehr als alle andere Banknoten liebe ich diese. Warum? Weil auf ihr der gescheiteste Schweizer aller Zeiten abgebildet ist. Das ist der Basler Historiker Jacob Burckhardt. Von ihm stammt die epochale Erkenntnis, „dass die Macht an sich böse ist“.
Ist Jacob Burckhardt zu diesem Urteil bei seiner jahrzehntelangen Erforschung der Mächtigen in Antike und Renaissance gekommen? Wahrscheinlich nicht. Stärker beeindruckt hat ihn das eigene, unmittelbare, tägliche Erlebnis von Dummheit, Verlogenheit, Hinterlist und Niedertracht in der Basler Lokalpolitik.
Geht es uns Nachgeborenen besser? Nein. Statt bösem Streit im kleinen Basel müssen wir jetzt den fast ebenso bösen Streit im grossen world village ertragen. Und statt der längst verklungenen Unerträglichkeiten aus den Mäulern von Basler Lokalpolitikern müssen wir, täglich frisch und neu, hören, was Donald Trump und Elon Musk uns zu sagen haben.
Was tun? Manche versuchen es mit fact checking. Ich halte das für hoffnungslose Sisyphus-Arbeit. Lebte Jacob Burckhardt heute, er würde, was Donald Trump und Elon Musk alles sagen, gewiss nicht an der kümmerlichen Wirklichkeit messen, sondern an der mächtigen Person.
Alle Factcheckerei geht ja aus von der falschen Annahme, dass Trump und Musk lügen. Das ist aber nicht wahr. Beide sind zutiefst ehrlich. In gewissem Sinne sind sie sogar viel zu ehrlich. Weil sie viel zu mächtig sind.
Um gleich beim einfacheren Fall zu bleiben: Was ist mein armseliges Bündelchen von Eintausend-Franken-Scheinen verglichen mit den 450 Milliarden Dollars, die Elon Musk schon gar nicht mehr zu bündeln braucht. Sie bündeln sich längst elektronisch.
Darum ist Macht böse. Weil 450 Milliarden dem Mächtigen ein derart übersteigertes Selbstgefühl verleihen, dass er alles, was ihm – an sich ganz ähnlich wie dir und mir – den Tag lang so durch den Kopf fährt, teils Wahres, teils Falsches, sofort und gänzlich für wahr hält. Das muss auch ganz Australien, Südafrika, Amerika, ja neuerdings sogar Europa als wahr glauben.
Wohin uns derlei Wahrheit führen wird? „Wen Gott verderben will, den macht er vorher blind,“ sagten die Alten Griechen. Von „Cäsarenwahn“ sprachen die Alten Römer. Ich übersetze das gern ins Moderne: Wen Gott verderben will, dem schenkt er vorher 450 Milliarden.
Trotzdem muss ich euch enttäuschen: Ihr trefft mich nicht auf euren Lichterdemonstrationen in Berlin. Lieber bleibe ich daheim und zähle ganz für mich allein Eintausend-Franken-Banknoten. Die mit Jacob Burckhardt drauf. Wenn ich da immer weiter zähle, komme ich vielleicht auch noch eines Tages, so ganz von selber, auf 450 Milliarden. Dann brauche ich keinen Augenblick mehr an mir zu zweifeln. Keinen Satz brauche ich mehr endlos hin und her zu wenden. Keine facts brauche ich mehr zu checken. So mächtig werde ich sein.
Und alles, alles, was ich sage und schreibe wird ganz von selber wahr.
Dieser Beitrag ist eine Übernahme aus dem Blog des Autors, mit seiner überaus freundlichen Genehmigung.
Und hier eine elaborierte Bestätigung des Befundes:
https://www.mdr.de/altpapier/das-altpapier-4024.html
So weit zur “regelbasierten Ordnung”.
Ich muss immer an Dagobert Duck denken, wie er in seinem Geldspeicher in seinem Geld badet. Der arme Elon – worin badet der? Im blauen Papiermüllcontainer mit seinen alten Kontoauszügen?