Die Branche des deutschen Profifussballs (der Herren) bietet – das ist der einzige Punkt, in dem ich Freddie Röckenhaus (SZ-Paywall), dem inoffiziellen Pressesprecher von Hans-Joachim Watzke, zustimme – ein ähnlich populäres öffentliches Bild wie die Berliner Koalitionsbildung. Da freut sich der Fussballfan über einen Lichtblick aus Essen-Karnap/Stadtgrenze Bottrop.

Beim Fussballkonzern im süddeutschen Raum hat sich der ständige Vertreter Markus Söders im deutschen Fussball, der verrentete Wurstfabrikant, wie immer auffällig, zu Wort gemeldet. Müller runter von der Gehaltsliste, und keineswegs Wirtz drauf. Da freut sich der einstmals hochgeschätzte und nun heimgekehrte Max Eberl, wie “konstruktiv” ihm in seine Arbeit öffentlich reingeredet wird. Überrascht kann er nicht sein. Die Gockel kennen sich lebenslänglich.

Nicht anders beim Fussballkonzern im westfälischen Raum. Alles Versager, ausser Watzke. Röckenhaus ist so verzweifelt, und der zum Oligarchen herangewachsene Watzke sowieso, der auf den Bildern von der Oligarchentribüne im Westfalenstadion schon exakt das gleiche Gesicht zieht, wie die in Süddeutschland, dass er in der SZ-Paywall nun eine Amtsverlängerung von Watzke – wer hätte mit so einer Idee gerechnet? – im Gespann mit einem heimzuholenden Mats Hummels in die Diskussion wirft. Das wird dem Teamgeist heute Abend im Auswärtsspiel gewiss den entscheidenden Kick geben. Wer solche Chefs hat, sollte sich neue suchen …

Lichtblick an der B 224

Willi “Ente” Lippens hat es als Herkunftsholländer fertig gebracht, sowohl für RWE als auch den BVB zu spielen, und sich dabei nirgends im Ruhrpott Feinde zu machen. Alle lieben ihn. Mit vielen Mitspielern blieb er freundschaftlich verbunden. Nie ist er als superreicher Ex-Profi abgehoben. Wenn er an diesem Standort mit seiner Familie seit nun 20 Jahren einen bodenständigen Gasthof betreibt, hatte er offenbar auch nie die Absicht.

1969-76 habe ich mit dem Fahrrad auf dem Weg zur Schule nicht nur täglich die NRW-interne Demarkationslinie zwischen Rheinland und Westfalen überfahren und mir auf diese Weise multikulturelle Kompetenz erarbeitet, sondern bin auch täglich an Lippens’ späterem Anwesen vorbeigefahren. Es war und ist eine merkwürdige Idylle in der autostauumtosten maroden Ruhrpottinfrastruktur. Die angrenzende autobahnähnliche B224 ist eine der berüchtigsten Staufallen des Ruhrpotts an deren Rand zu “meiner” Zeit ein Radweg vegetierte, der nie in irgendeiner Weise repariert oder erneuert wurde, und der heute auch nicht mehr bis zu meiner Schule in Gladbeck passierbar ist, weil ein Autonbahnkreuzausbau ihn plattgemacht hat. In jahrzehntelangen Planungen versuchen die Ruhrpottstädte heute neue Radwege auf stillgelegten Bahntrassen zu rekonstruieren. Der alte Bestand ist zerstört und vergessen.

Und inmitten dieser Wüstenei steht der ehemalige Bauernhof, in dem die Familie Lippens heute Gäste empfängt und verwöhnt. Leider bin ich dort viel zu selten Gast. Aber ich freue mich, dass es sowas noch gibt und wünsche alles erdenkliche Gute.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net