Wieder ist eine sehr Gute gegangen. In den 70ern habe ich sie als Retterin der Zeitschrift Konkret wahrgenommen. Das versprach 0 Profit, war aber zur damaligen Zeit politisch aussergewöhnlich geradeaus. Frau Feltrinelli trat seinerzeit in diversen Talkshow-Vorläufern des deutschen Fernsehens auf, und sprach dort politische Dinge (Berufsverbote u.a.) aus, die im Mainstream schon verboten waren. Von einer italienischen Multimillionärin fand ich das ausserordentlich verehrungswürdig. Konkret war zu dieser Zeit ein fraktionsübergreifend bedeutendes linkes Debattenorgan, weit ernster zu nehmen als sog. “Sturmgeschütze der Demokratie” oder andere Werke des halblinken Hamburger Medien-Liberalismus. Lesen Sie nur hier bei der verehrten Silke Burmester/taz, wie der Stern in Melancholie und Bewusstlosigkeit versunken ist.
Erst nach ihrem Eintritt bei Konkret erfuhr ich mehr über Frau Feltrinellis turbulentes Vorleben. Wenn wir es mal mit Ulrike Meinhof vergleichen, einer ebenfalls klugen Frau, deren beste Lebensentscheidung es vermutlich war, ihren Gatten Klaus-Rainer Röhl zu verlassen, dann sind doch so eklatante Unterschiede im weiteren Lebensweg zu erkennen, die die verrückte deutsche Italienliebe schon wieder schlüssig und vernünftig erscheinen lassen- obwohl: Frau Schönthal war Essenerin, wie ich. Letztendlich hat sich Frau Feltrinelli sogar als politisch-klüger und vor allem viel lebenszugewandter erwiesen, als der seinerzeit von ihr betriebswirtschaftlich gerettete Hermann L. Gremliza, von dessen analytischer Weisheit als Spiegel-Dissident ich vor 35-45 Jahren sehr überzeugt war, und heute, nachdem er mehrere militärische Interventionen in antideutsch und eliminatorisch motiviertem Missionarismus unterstützt und noch einige mehr gefordert hat, genauso kuriert bin.
Vielleicht war Frau Feltrinelli als junge Frau ein verrücktes Mädchen, da existierte ich noch nicht. Aber sie ist in ihrem Leben immer weiter gereift. Kompliment, und danke, dass Sie diese Welt beehrt haben!
Update 22.9.: Lesen Sie ergänzend auch den Nachruf von Andreas Rossmann/FAZ, der sie persönlich kennenlernen durfte, und ihre Arbeit als Verlegerin – mit mehr Wissen als ich – angemessen würdigt.
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