Realistischer als alles, was die direkten Protagonist*inn*en mit ihrer aktiven PR-Interviewpolitik rausgehauen haben, ist, was Thomas Knüwer aktuell in seinem Blog indiskretionehrensache.de schreibt. Hat er die Investorenmotive von KKR etwa besser verstanden, als Frau Springer und Herr Döpfner? Nein, ich glaube, die beiden wissen es selbst, und meinten sich öffentlich wider besseres Wissen äussern zu müssen. Denn das Kapital, das scheue Reh, darf nicht nervös gemacht werden. Und die Belegschaft, die weiter Leistung bringen soll (human ressources) auch nicht. Bei manchem, was Herr Reichelt und seine Spiessgesellen so an Schmutz raushauen,ermöglicht das zumindest ein sadistisches Schmunzeln, dass “es” nicht die Falschen treffen wird …

Sachdienlich an Knüwers Spekulation finde ich die Europa-Rangliste der Medienunternehmen, von denen viele in Deutschland wenig bekannt sind, als auch den Hinweis auf die Südafrikaner. Für alle, insbesondere auch den Murdoch-Clan, gilt, dass weitgehend unberechenbar ist, was die Erb*inn*engemeinschaften von despotischen Patriarchen strategisch vorhaben. Werden sie überhaupt einen gemeinsamen Willen finden? Und oft ist es einer, der alles “anders” als der Alte machen will. Dito bei der Alten – bei Bertelsmann/Familie Mohn und Springer selbst. Die Matriarchinnen haben als zweite bzw. fünfte Ehefrau in Clan und Konzern eingeheiratet. Die zahlreichen Kinder wiederum werden recht unterschiedliche Blicke auf das Geschehen haben.

Von den Verlegerclans Brost (WAZ Essen)), Neven DuMont (Köln) oder den vier ausgeschiedenen SZ-Besitzerfamilien ist aktenkundig, dass sie mit dem Verlagsgeschäft der Eltern lieber gar nichts mehr zu tun haben wollten. Es wurde (und wird) verkauft, um das Erbe besser aufteilbar zu machen.

Vom alten von Knüwer favorisierten bzw. eher gefürchteten Murdoch ist zum Glück keine Kaufsucht überliefert. Er hat zuletzt mehr verkauft, vermutlich ebenfalls, um die diversen Erb*inn*en besser befrieden zu können. Sollte ich mich dagegen irren und Knüwer richtig liegen, bekämen wir ein rabiates (Medien-)Demokratieproblem, das sich gewaschen hat, und im United Kingdom in seiner ganzen Hässlichkeit zu bewundern ist. Oder mögen Sie Donald Trump? Medienpolitik wäre gefordert. Aber wo gibts die?

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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