Und warum interessiert das nicht?
Wie durchleben derzeit alle den feuchten Traum mancher Forscher*innen: Laborversuch am lebenden Objekt, und zwar mit richtigen Menschen, im Normalzustand mit Recht verboten. Alle, Politik, Wissenschaft, Bürger*innen wissen zuwenig, was Panik und entsprechende Fehler und Gefahren begünstigt. Meine folgenden Überlegungen stehen ebenfalls alle unter dem Vorbehalt des Wissensmangels.
Am Wochenende vor Karneval sagte ich eine Verabredung mit einer sehr lieben Freundin ab. Mir war unleidlich, sie lästerte über “Männerschnupfen”. Schnupfen war es weniger. Halsschmerzen und trockener Husten (ohne Fieber), nicht wirklich schlimm, aber ein Signal, es könne schlimmer werden. Ich behandelte die Unleidlichkeit mit den Hausmitteln Salbeibonbons, Hühnersuppe mit Curry und Schlaf. Und siehe: in der folgenden Woche war ich wieder gesund. Arztbesuch unnötig. War es das? Es könnte sein, Zeitschiene, Symptome kommen hin – aber ich weiss es nicht,
Heute morgen lohnte sich erneut das Liegenbleiben im Bett, um den DLF-Kollegen Uli Blumenthal und Volkhart Wildermuth in ihrer preiswürdigen Sendung “Forschung aktuell” (“Corona-Update”, Audio, 4 Min.) zu lauschen. Genesene wurden zwar in China erfasst. Demzufolge haben das 90% geschafft. Hierzulande aber nicht. Halbstündlich werden wir mit Steigerungszahlen der Erkrankten bombardiert, die Genesenen aber nicht subtrahiert. Das könnte die Bevölkerung unnötig beruhigen?
Es ist sogar therapeutisch verantwortungslos. Es ist – wie alles – an diesem Virus noch nicht erforscht, sondern findet gerade erst statt, aber möglich, dass Genesene über Antikörper verfügen, die die Erkrankten jetzt lebensnotwendig gebrauchen könnten. Sie müssten also zum Blutspenden gebeten werden, um zu helfen. Nichts täte ich in dieser Situation lieber. Aber ich bin ja noch nicht mal getestet. Und wer bin ich, denen mit so einem Begehr auf den Zeiger zu gehen, die unter Lebensgefahr und Megastress im von der gleichen Regierung (unter Beratung der Bertelsmann-Stiftung u.a.) durchökonomisierten Gesundheitswesen die Grenzen ihrer Belastbarkeit täglich erleben.

Atemschutzmasken

Satireprogrammen können es kaum erfinden. Die europäischen Industrieländer, und besonders Deutschland, schaffen es nicht, quantitativ und qualitativ ausreichende Atemschutzmasken anzubieten. Ich wohne direkt neben 300 Altensozialwohnungen der Vebowag. Ich begegne diesen Nachbar*inne*n regelmässig im Edeka, selbstverständlich mit Abstand. So eine Maske, von mir getragen, würde nicht mich, sondern sie schützen. Das ist wohl der Grund, warum Asiat*inn*en fassungslos deutsche TV-Bilder betrachten. Sind die Deutschen alle Egoist*inn*en? Von Asien hat sich diese Einsicht nun in der EU ausgebreitet, wie ein Virus.
Würde derselbe Edeka (oder meine Apotheke um die Ecke) solche Masken anbieten – selbstverständlich würde ich sie kaufen und tragen. Fiktiv kalkuliert: 5 St. 10 Euro, wäre für mich kein Thema. Stünde dort eine Spendendose, um die gleichen Masken Hartz-IV-Empfänger*inne*n zu schenken, täte ich noch 5 Euro dazu. Das ist der Betrag, den ich derzeit jede Woche spare, weil ich mit meinen Freund*inn*en nicht Mittagessen gehen darf.
Wenn Herr Spahn und seine Freunde sich darum kümmern würden, statt darum, uns alle besser unter Kontrolle zu kriegen, dann würde er seiner Amtsbezeichnung gerechter, als so.
Auch wenn es angeblich nur 10% haben: das ist ein gefährliches Misstrauens-Virus, das sich ausbreiten wird. Jedenfalls, wenn es wieder Bürgerrechte gibt.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net