Was wird aus der SPD? Den meisten Wählern stellt sich diese Frage nicht mehr. 100 Tage vor der Bundestagswahl steht die Partei in den Umfragen zwischen 14 und 17 Prozent. Ihre Aussicht, die Zehn-Prozent-Hürde zu unterlaufen, scheint größer als ihre Chance, die 20-Prozent-Hürde zu überspringen.
Arbeitnehmer arm gemacht
Die einstige Arbeiterpartei hat sich erfolgreich bemüht, ihre Perspektiven zu verschlechtern. Sie ließ nichts unversucht, ihren Spitzenkandidaten Scholz zu schwächen. Ihm hängt der Cum-Ex- und der Bafin-Skandal nach. Dass die SPD einen Kanzlerkandidaten anbietet, wird weithin als Jux empfunden. Sie ist viel zu schwach, um eine Regierungskoalition zu bilden oder gar zu führen.
Mit riesigem Aufwand stempelte sie Scholz als Politiker der Handelsklasse 2 ab. Nach einem halbjährigen Auswahlverfahren wies sie ihn als Vorsitzenden zurück. Sie zog ihm mit Esken und Walter-Borjans zwei Außenseiter vor, die als Kanzlerkandidaten nicht brauchbar sind. Beide haben sich oft lächerlich gemacht. Auch in ihrer eigenen Partei machen sie sich über die beiden lustig.
Scholz nähert sich allmählich ihrem Niveau. Er verspricht, Arbeitnehmern Respekt zu verschaffen. Viele werden sich erinnern, dass er zwischen 2002 und 2004 SPD-Generalsekretär war und Schröders Agendapolitik propagierte, über die viele Arbeitnehmer verarmten. Sie haben Scholz als Brandstifter erlebt und staunen, dass er nun Feuer löschen will.
Die Wähler irritiert
In seiner kurzen Amtszeit als Generalsekretär beschleunigte sich der Niedergang der SPD dramatisch. Zehntausende Mitglieder sahen die negativen Folgen der Agendapolitik vorher und verließen zornig die Partei. Viele, die wie Scholz blieben, haderten mit dieser Politik. Scholz eher nicht.
Ihm wie anderen Erfindern und Propagandisten der Agendapolitik gelang es, weiterhin den Ton in der SPD anzugeben. Steinmeier wurde Außenminister, Steinbrück Finanzminister. Beide wurden Kanzlerkandidaten. Beide scheiterten. Steinmeier ist heute Bundespräsident. Er will für eine zweite Amtszeit kandidieren.
Sogar der Agenda-Kanzler Schröder ist immer noch politisch präsent. Er steht seit Jahren im Dienst des russischen Diktators Putin, der es darauf anlegt, Europa und Deutschland zu destabilisieren. Solche Verwerfungen sorgen bei Wählern für Irritationen. Die SPD schafft es nicht, sie auszuräumen. Sie ist dem Argwohn hilflos ausgesetzt.
Missstände geschaffen
Auf der Suche nach Wählern erinnert sie sich an jene Menschen, die sie mehr als 15 Jahre lang mit der Agendapolitik in Not brachte. Die Partei behauptet, sie habe ihre Politik neu justiert. Ein Flügel der SPD sieht im Wahlprogramm die Abkehr von der Agendapolitik, der andere deren Optimierung.
Scholz will nun jene Missstände bekämpfen, zu deren Wucherung er kräftig beitrug. Einen Bruch mit ihrer Agendapolitik und den sie tragenden Politikern hat die Partei stets gescheut. Ihr halbherziges Verhalten zementiert den Verdacht, sie meine es mit dem Politikwechsel nicht ernst. Eingeklemmt zwischen CDU und Grünen, droht die SPD zerrieben zu werden.
Politisches Kapital ist flüchtig. Politiker können es mehren, wenn sie glaubwürdig sind, Parteien, wenn sie verlässlich erscheinen. Eine Partei, die nach wenigen Jahren von ihrer Politik absetzt, wirft die Frage auf, wie lange denn ihre neuen Positionen wohl Bestand haben werden. Vielen Wählern stellt sich diese Frage bei der SPD nicht mehr. Gut möglich, dass ihr Anteil bei der nächsten Wahl noch wächst.
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