„2015 darf sich nicht wiederholen“, sagt der Kanzlerkandidat der Union. Und mit ihm Tho­mas Strobl, Julia Klöckner, Markus Söder, Alice Weidel und andere. Gemeint sind mögli­che Konsequenzen aus der misslichen Lage, in die die deutsche Politik ihre einheimischen Verbündeten in Afghanistan gebracht hat. Sie alle nehmen Bezug auf die Situation von 2015, als Deutschland und Österreich die Grenzen öffneten für hunderttausende von Flüchtlingen, vor allem aus Syrien, die das Mittelmeer überquert und Zäune und Stachel­draht überwunden hatten.

Doch die Lage ist überhaupt nicht vergleichbar. Die Afghanen kommen gar nicht aus ihrem Land heraus. Und die es vielleicht schaffen, sind nach tausenden zu zählen und nicht nach hunderttausenden. Über offene Grenzen werden sie gewiss nicht kommen, sondern per Flugzeug. Ansonsten müssten sie den Iran, die Türkei und den Balkan durchqueren. Dort aber hat Deutschland schon 2016 die Grenzen dicht gemacht, zur Abwendung von Flüchtlingen die Türkei für 6 Mrd. € als Grenzwächter eingesetzt und die Balkanroute schließen lassen. Kurz darauf begann schon die Diskussion um die Legitimität afghani­scher Asylanträge. Die Mehrheit der Angekommenen wurde als „Wirtschaftsmigranten“ (so Merkel) eingestuft und nicht als Personen, die konkreten Bedrohungen ausgesetzt sind. Seehofer begann unverzüglich mit den Abschiebungen.

Die Aussage „keine Wiederholung von 2015“ ist aber nicht nur falsch, sondern auch popu­listisch, rassistisch und menschenfeindlich. Die Flucht von Menschen in Angst und Not wird als unheilvolles Ereignis dargestellt. Es stellt sich auch die Frage, was sich nicht wie­derholen soll. Dass derart viele Menschen ihre Heimat verlassen müssen? Dass die deut­sche Regierung einen humanitären Kraftakt schafft (auf den sie 2015 stolz war)? Oder dass ungezählte Deutsche die Gäste willkommen heißen und sich solidarisch verhalten? Macron sagte damals, dass Deutschland Europas Ehre gerettet habe.
Deutsche Migrationsgeschichte
Vielleicht sollten sich Armin Laschet und Gleichgesinnte einmal kundig machen, welche Migranten Deutschland in der Vergangenheit aufgenommen hat und welche Erfahrungen dabei gewonnen wurden. Wie sich viele Migranten zielbewusst um Integration bemüht ha­ben. Wie sie die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft unterstützt haben. Dass sie Tätigkeiten übernehmen, die deutsche Arbeiter nicht machen wollen. Dass sie zunächst die Lücken im Bergbau und später im Gesundheitswesen gefüllt haben. Wie sie sich um Ausbildung und Sprachkenntnisse bemühen. Dass sie einen Job haben und Steuern zah­len. Dass sie bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Dass viele ein klares Bekenntnis zu ihrer neuen Heimat abgeben. Und dass rund 7,7 Mio. Wahlberechtigte einen Migrati­onshintergrund haben.

Bemerkenswert ist übrigens, dass die Zuwanderungen aus teilweise völlig unterschiedli­chen Gründen erfolgten: infolge von konkreten Einladungen, als willkommene Arbeitskräf­te, aufgrund spezieller Abkommen oder als Flüchtlinge (die nachfolgenden Angaben stam­men weitestgehend aus Wikipedia).

Blicken wir zunächst ins 17. Jahrhundert. Die Hugenotten (Bezeichnung für die französi­schen Kalvinisten) wurden ab 1665 unter Ludwig XIV verfolgt und bekämpft. Dies löste eine Fluchtwelle von etwa einer Viertelmillion Hugenotten in die protestantischen Gebiete in Europa und Übersee aus. Ungefähr 40.000 Hugenotten flohen in deutsche Territorien; Brandenburg-Preußen (mit damals 1,5 Mio. Einwohnern) nahm 20.000 von ihnen auf. Kurfürst Friedrich Wilhelm begründete die Aufnahme der Hugenotten mit Mitleid für seine bedrängten Glaubensbrüder. Daneben gab es aber auch wichtige wirtschaftliche Gründe. Brandenburg war im Dreißigjährigen Krieg durch durchziehende Truppen, Seuchen und Hungersnöte verwüstet worden. Die Bevölkerung war dramatisch reduziert. Städte und Dörfer lagen in Trümmern, die Wirtschaft war zerrüttet. Der Kurfürst sah in den Hugenotten wirtschaftlich leistungsfähige Neubürger.

Zur Zeit des Deutschen Kaiserreichs kamen viele Polinnen und Polen nach Deutschland, um vor allem in der Landwirtschaft im Osten des Reiches zu arbeiten. Ihre dauerhafte Nie­derlassung war allerdings unerwünscht, sie blieben in der Regel nur während der Saison. Da der Staat Polen damals nicht existierte, waren es zumeist Staatsangehörige von Russ­land oder Österreich-Ungarn. Im Zuge der Industrialisierung wanderten bis 1914 350.000 bis 500.000 fremdsprachige Menschen ins Ruhrgebiet ein und ließen sich dort dauerhaft nieder. Vor allem kamen Bergarbeiter aus Oberschlesien, später auch Arbeiter aus Ost­preußen, Westpreußen und Posen. Die Bevölkerung im Ruhrgebiet wuchs von 1871 bis 1910 von 550.000 auf etwa 3 Millionen und bis 1925 auf 3,7 Millionen. Die Zahl der aus dem polnischen Volks- und Kulturkreis stammenden Einwanderer/innen erreichte 1910 mit einer halben Million den höchsten Wert.
Anwerbeabkommen
Aufgrund des Anwerbeabkommens zwischen Deutschland und der Türkei bekamen türki­sche Arbeitskräfte ab 1961 die Möglichkeit, bei deutschen Unternehmen tätig zu werden. Aufgrund des deutschen „Wirtschaftswunders“ wurden Arbeitnehmer gesucht, für den Bergbau und andere körperliche Tätigkeiten. Ein Hintergedanke auf deutscher Seite war wohl auch, die deutschen Löhne niedrig zu halten. Solche Verträge wurden auch mit ande­ren Staaten vereinbart, die Initiative dazu ging von den Entsendeländern aus. Das türki­sche Kontingent umfasste 820.000 Personen.
Insgesamt bewarben sich zwischen 1961 und 1973 über 2,6 Millionen Menschen aus der Türkei um einen Arbeitsplatz in Deutschland. Deutsche Behörden prüften die berufliche Eignung und Quali­fikation, machten einen Lese- und Schreibtest und führten eine um­fangreiche Gesund­heitsprüfung durch. Nach dem Anwer­bestopp von 1973 lag der Schwer­punkt der Zuwan­derung auf dem Familiennachzug. Bis dahin waren etwa 867.000 Arbeit­nehmer, fast aus­schließlich Männer, als „Gastarbeiter“ gekommen. 500.000 kehrten wie­der zurück. Die Ge­bliebenen holten ihre Familien nach. 2018 lebten hier 2,8 Mio. türkisch­stämmige Perso­nen, von denen rund 800.000 die deut­sche Staatsangehörigkeit erhalten hatten.
Kurd*inn*en
Eine erste Welle von kurdischen Zuwanderern begann 1961 mit dem Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und der Türkei. im Laufe der 1970er Jahre nahm der Anteil der Gastarbeiter aus dem mehrheitlich von Kurden bewohnten Teil der Türkei zu. Schätzungen besagen, dass ein Viertel der zugewanderten Türken kurdisch waren. Die meisten dieser Migranten betrachteten sich noch in erster Linie als Türken, die Wiederentdeckung der „kurdischen“ Identität entstand bei vielen erst ab den 80er Jahren durch kurdische Studen­ten und politische Flüchtlinge. Die zweite Welle kurdischer Migration setzte 1979 ein. An­lass waren die Islamische Revolution 1979 im Iran, der Militärputsch 1980 in der Türkei, der Libanonkrise 1982, der Türkei-PKK-Konflikt 1984 sowie die Übergriffe des Regimes im Irak. Diesmal ging es um politisches Asyl in Deutschland.
In den späten 1990er Jahren folgte die dritte Welle. Rund 80 Prozent aller statistisch der Türkei zugeordneten Asylbewerber/innen kamen aus den Kurdengebieten. Beim Irak war ein Drittel der Flüchtlingen kurdisch. Die vierte kurdische Migrationswelle (ab 2011) be­gann mit dem „Arabischen Frühling“ und dem syrischen Bürgerkrieg. Offiziellen Angaben zufolge wurden 266.250 Personen als Asylbewerber aus Syrien registriert, von denen 29 % kurdischstämmig waren. Die Zahl der hier lebenden Kurd/innen wird von der Kurdischen Gemeinde Deutschland auf über 1 Million geschätzt, von Regierungsseite auf 500.000 bis 1 Million.
Italiener*innen
Die Zahl italienischstämmiger Bürger in der Bundesrepublik Deutschland beträgt heute circa 780.000 Personen, von denen gut die Hälfte in Deutschland geboren ist. Nach der türkischen und polnischen ist dies die drittgrößte Gruppe mit Migrationshintergrund. Die Zuwanderung begann mit dem 1955 geschlossenen deutsch-italienischen Anwerbeabkom­mens, das aufgrund des steigenden Arbeitskräftebedarf in der Zeit des deutschen Wirt­schaftsbooms vereinbart wurde und viele Italiener zur Arbeit nach Deutschland brachte. Erleichtert wurde diese Wanderung durch die Gründung der Europäischen Wirtschaftsge­meinschaft (EWG), die die Freizügigkeit für Arbeitnehmer/innen vorsah. Allein zwischen 1956 und 1972 kamen laut Bundesagentur für Arbeit zwei Millionen Italiener als Arbeiter in die BRD, mit einem Höhepunkt im Jahre 1965 mit über 204.000 neu Angekommenen.
Portugies*inn*en
Auch mit Portugal wurde 1964 ein Anwerbeabkommen vereinbart, woraufhin zehntausen­de Portugiesen und Portugiesinnen als Gastarbeiter/innen nach Deutschland kamen. Nach der Demokratisierung in Portugal 1974 und seinem Beitritt zur Europäischen Union 1986 wuchs die portugiesische Wirtschaft und die Abwanderung ging zurück. Mit der Fi­nanzkrise nahm der Zuzug aus Portugal jedoch wieder zu. Anders als früher kamen vor al­lem Akademiker, Fachräfte und Studenten. 2017 lebten in Deutschland knapp 150.000 Portugiesinnen und Portugiesen.

Deutschland schloss noch weitere Anwerbeabkommen, die – mit Ausnahme von Marokko, Tunesien und der Türkei – einen zeitlich unbefristeten Aufenthalt gewährten. Viele Men­schen sind nach dem Anwerbestopp 1973 geblieben und haben ihre Familien nachgeholt oder welche gegründet. Aus Griechenland (Vertragsabschluss 1960) kamen bis 1973 rund 600.000 Arbeitskräfte, heute leben hier 450.000 Griechischstämmige. Für Spanien (Vertragsabschluss 1960) lauten die Zahlen 600.000 und 200.000. Der Vertrag mit Marok­ko datiert von 1963 und motivierte nur gut 20.000 Personen zum Umzug nach Deutsch­land. Der Vereinbarung mit Südkorea (1963) diente sowohl dem Arbeitskräftebedarf Deutschlands im Bergbau als auch der Fortbildung der südkoreanischen Bergleute. Es ka­men etwa 8000 Männer, die im Bergbau, und 10.000 Frauen, die im Gesundheitswesen arbeiteten. Aus Tunesien (Vertrag 1968, keine Zahlen von 1973, 23.000 Personen in 2010, 38.400 in 2020). Das letzte Abkommen wurde 1968 mit Jugoslawien vereinbart. Es kamen knapp 500.000 Arbeitskräfte. Heute leben hier 1,5 Mio. Menschen, die aus dem ehemaligen Jugoslawien stammen, davon 900.000 mit einem ausländischen Pass.
DDR-Verträge
In den 1950er Jahren kamen aufgrund eines Freundschaftsvertrag Studenten aus Nordvietnam an die Hochschulen und Universitäten der DDR, um dort ihr Studium fortzusetzen. Ein Daueraufenthalt war nicht vorgesehen. Anfang der 1970er Jahre schloss die DDR mit Vietnam, Polen, Ungarn und Mosambik Verträge zum Einsatz von Arbeits­kräften. Die zu­meist ungelernten Personen besuchten Deutschkurse und konnten sich als Facharbeiter ausbilden lassen. Nach der Wiedervereinigung Vietnams wurden Menschen aus ganz Vi­etnam in die DDR eingeladen. Bis 1989 hatten mehr als 100.000 Vietnamesen permanent oder zeitweise in der DDR studiert, gelebt oder gearbeitet. Die Zahl der dauer­haft in der DDR lebenden Vietnamesen/innen erreichte fast 60.000.

Größere Gruppen vietnamesischer Zuwanderer kamen auch in die BRD, als diese sich 1979 nach der Indochina-Flüchtlingskonferenz der UN bereit erklärte, vietnamesische Flüchtlinge (darunter viele Boatpeople) aufzunehmen. Das Flüchtlingskontingent betrug rund 40.000 Personen, so dass bis 1989 zwischen 30.000 und 40.000 Vietnamesen/in­nen eingewandert waren. 2009 lebten knapp 85.000 vietnamesische Staatsbürger/innen in Deutschland. Hinzu kommen etwa 40.000, die die deutsche Staatsbürgerschaft angenom­men haben, und diejenigen, die sich illegal in Deutschland aufhalten. Insgesamt wird von etwa 190.000 Menschen vietnamesischer Abstammung in Deutschland ausgegangen.
Afghan*inn*en
Vor 1979 lebten in Deutschland weniger als 2.000 Afghanen und Afghaninnen, die meis­ten von ihnen Geschäftsleute oder Studierende. Die Ankunft größerer Gruppen fand weit­gehend in Wel­len statt, die mit bestimmten politischen Regimen und Konfliktphasen in Afghanistan zu­sammenfielen. Nach der sowjetischen Invasion in Afghanistan im Jahr 1979 stieg die Zahl der Afghan/innen, die in Deutschland Zuflucht und Asyl suchten, stark an. 1985 setzte eine weitere Einwanderungsphase ein, mit der insbesondere Anhänger/in­nen kommunistischer Gruppierungen kamen, die dort verfolgt wurden. Ab 1989 stieg die Zahl der Migrant/innen infolge des Bürgerkriegs wieder stark an. In den 1990er Jahren er­höhte sich die Zuwande­rung mit dem Aufstieg der Taliban und der Errichtung eines funda­mentalistischen Re­gimes. Eine erneute Zunahme war 2010 aufgrund anhaltender Konflikte und Unsicherheit zu verzeichnen.

Ein besonders starker Anstieg erfolgte 2015 im “langen Sommer der Migration” (siehe oben). 800.000 Asylanträge wurden in Deutschland gestellt, vor allem von syrischen Flüchtlingen, aber auch von großen Gruppen aus Afghanistan, Pakistan und dem Irak. Die Entwicklung setzte sich 2016 fort, als in Deutschland eine Rekordzahl von 253.485 af­ghanischen Staatsangehörigen registriert wurde. Zunehmend kamen unbegleitete afghani­sche Minderjährige nach Deutschland. Mit einem Durchschnittsalter von 23,7 Jahren ist die afghanische Bevölkerung in Deutschland ziemlich jung. Ende 2020 lebten 270.000 Af­ghan/innen in Deutschland.
Iraner*innen
Die Zahl der Iraner/innen in der BRD und der DDR stieg nach 1945 deutlich an. Bis in die 1960er Jahre kamen neben Studenten vor allem Unternehmer und Ärzte. So gründete sich 1989 ein Verband Iranischer Hochschullehrer und Akademiker in Deutschland, der sich die Förderung der wissenschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und dem Iran zum Ziel setzte. 2010 entstand der Verein „Iranische Gemeinde in Deutschland“, der die Förderung der Interessen aller in Deutschland lebenden Iraner betrieb. Die irani­sche Revolution 1979 und der Erste Golfkrieg (1980–1988) zwischen dem Irak und dem Iran veranlassten Einwanderungswellen, die sich stark auf die demographische Struktur der in Deutschland lebenden Iraner/innen auswirkte. Die Zahl der eingewanderten Perso­nen betrug Ende 2019 rund 190.000. Zudem gibt es 125.000 Iraner/innen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Damit liegt die iranische Diaspora in Deutschland im europäischen Vergleich an der Spitze..
Libanes*inn*en
Während des libanesischen Bürgerkrieg 1975 bis 1990 und des israelischen Einmarschs 1982 flüchteten etwa 800.000 Libanesen/innen ins Ausland. Nach Deutschland kamen rund 200.000, von denen grob geschätzt je ein Drittel Personen mit libanesischem Pass, Palästinenser/innen und Kurden/innen waren. Die letzten beiden Gruppen verfügen nur über libanesische Ersatzpapier, und gelten zumeist als staatenlos. Gut 50 % sind inzwi­schen eingebürgert. Flüchtlinge aus dem Libanon sind wenig integriert; sie weisen beson­ders niedrige Bildungsabschlüsse und hohe Quoten an Arbeitslosigkeit und Kriminalität auf (Clans).
Syrer*innen
Bis 2010 waren syrische Migranten in Deutschland eine recht kleine Gruppe (etwa 30.000 Personen), die sich vor allem über Bildungsmigration, aber auch über Fluchtmigration und Familiennachzug gebildet hatte. Die Zahlen änderten sich ab 2011 mit dem Bürgerkrieg. Seither haben laut Angaben des UN-Flüchtlingswerks bis Ende 1918 rund 6,7 Millionen Menschen das Land verlassen. Die meisten von ihnen befinden sich in den angrenzenden Staaten: Türkei (3,7 Millionen), Libanon (916.000) und Jordanien (655.000). Mehr als eine Million syrischer Kriegsflüchtlinge ist nach Europa gekommen – 800.00 von ihnen leben in Deutschland. Syrer/innen stellten die größte Flüchtlingsgruppe dar, zeitweise machten sie mehr als ein Drittel aller Asylsuchenden aus. Da die Schutzbedürftigkeit bei ihnen auf der Hand lag, wurden ihre Asylverfahren in schriftlichen Verfahren entschieden, und die Betrof­fenen bekamen in der Regel einen Flüchtlingsstatus mit der Möglichkeit zum Familien­nachzug.
Russland-Aussiedler*innen
Eine besondere Rolle nehmen die rund 2,4 Mio. Aussiedler/innen bzw. Spätaussiedler/in­nen ein, die in den vergangenen Jahrzehnten aus Osteuropa nach Deutschland gelangt sind. Dazu kamen noch mehr als 200.000 sogenannte jüdische Kontingentflüchtlinge. Während Anfang der 1990er Jahre jährlich bis zu 400.000 Aussiedler/innen in Deutschland eintrafen, beläuft sich die Zahl seit 2005 nur noch auf einige Tausend pro Jahr. Aussiedler und Spätaussiedler werden die Zuwanderer deutscher Abstammung genannt, die aus ei­nem Staat des ehemaligen Ostblocks nach Deutschland auswanderten. Bis Ende der 1980er Jahre kamen die meisten aus Polen (1,44 Mio.) und Rumänien (0,43 Mio.), seit 1990 meist aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion (2,33 Mio.). Voraussetzung für die Einwanderung sind die Abstammung von einem/r deutschen Volkszugehörigen, ein Be­kenntnis zum deutschen Volkstum und Grundkenntnisse der deutschen Sprache.

Aufgrund der Anwerbeabkommen sind im Laufe der Jahre 14 Mio. Menschen nach Deutschland gekommen. Elf Mio. gingen wieder zurück. Zum Zeitpunkt des Anwerbestopps hielten sich noch 2,6 Mio. „Gastarbeiter/innen“ in Deutschland auf. Heute beträgt die Zahl der Angehörigen dieser Staaten mehr als 7,2 Mio. Insgesamt lebten Ende 2020 11.430.000 Ausländer in Deutschland (also ohne deutsche Staatsangehörigkeit), nicht mit­gezählt die Eingebürgerten und die hier Geborenen mit Migrationshintergrund.

Über Heiner Jüttner:

Der Autor war von 1972 bis 1982 FDP-Mitglied, 1980 Bundestagskandidat, 1981-1982 Vorsitzender in Aachen, 1982-1983 Landesvorsitzender der Liberalen Demokraten NRW, 1984 bis 1991 Ratsmitglied der Grünen in Aachen, 1991-98 Beigeordneter der Stadt Aachen. 1999–2007 kaufmännischer Geschäftsführer der Wassergewinnungs- und -aufbereitungsgesellschaft Nordeifel, die die Stadt Aachen und den Kreis Aachen mit Trinkwasser beliefert.