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Der Grundwiderspruch zwischen Kapitalismus und Kleinfamilie

Für Christdemokraten, die auf diese Bezeichnung noch wert legen, ist es dumm gelaufen. Während Ehe und Familie sogar vom Grundrechtekatalog des Grundgesetzes als “geschützt” bezeichnet werden, der Kapitalismus dagegen nicht (im Gegenteil, s. Art. 14 und Art. 15), ist es in der deutschen Wirklichkeit umgekehrt gelaufen. Den Kapitalismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf. Die 2-Generationen-Kleinfamilie dagegen wird von den gesellschaftliche Umständen dieser Art des Wirtschaftens und Arbeitens aufgerieben.

Ich habe das ja schon als pubertierender Jugendlicher so gesehen. Nicht wenige dieser Altersgruppe haben ähnliche Einsichten. Bei den meisten wächst die sich aber wieder raus, wenn mann nach dem Einstieg ins Berufsleben Zonen für Sicherheit und Rückzug sucht. Und wenn man dann merkt, dass die Kleinfamilie das nicht ist, ist es meistens zu spät – weil sie schon da ist, und ein Entkommen nur zu hohen materiellen und emotionalen Kosten möglich ist.

Die SZ interviewte gestern eine österreichische Politologin, die das praxisnah und verständlich zu erklären weiss. Der afrikanische Spruch von dem “Dorf”, das für das Großziehens von Kindern erforderlich ist, erinnert an eine aktuelle Erkenntnis unserer Stadtplaner*innen: die meisten Menschen suchen heute ein “Dorf in der Stadt“, natürlich von beiden nur die angenehmen Seiten. Stabile soziale Beziehungen, aber keine Kontrolle der Lebensweise; ausgebaute Infrastruktur, aber Ruhe; Kinder draussen spielen lassen, aber guten Autobahnanschluss; Bahnverbindung aber keinen Bahnlärm usw.

Beuel kommt dem nahe. An der Bahn kommt mit dem Bau der S13 endlich Lärmschutz. Das Pantheon ist gekommen. Leider hat der Herrenklamottenladen Simons in der Herrmannstrasse geschlossen, Schuhe gibts nur hinterm Bahnhof, Elektro- und Haushaltswarenversorger sind schon fast alle weg. Der Flugplatz Hangelar sollte stillgelegt werden, Köln-Wahn ist nur eine Stunde entfernt, und zwar mit dem Fahrrad! In Hangelar wäre dann viel Platz für viele preiswerte Wohnungen, die dringend gebaut werden müssten. Insgesamt gibts zuwenig Wohnungen, die normale Menschen bezahlen können und zuviele werden gebaut, die Leute wie ich sich nicht mehr leisten können (zu meinem Glück habe ich schon eine). Dieses Jammmern ist aber eins auf sehr hohem Niveau. Beueler*innen und Bonner*innen, die das nicht einsehen wollen, sollten öfter mal andere Städte und Regionen besuchen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

2 Kommentare

  1. Roland Appel

    Auch auf dem ehemaligen Degussa-Gelände könnte man zumindest ein Studentenwohnheim oder Gernerationenwohnprojekt mit Schaffschutzgrundrissen bauen. Aber die Stadt Bonn ist zu doof, um mal klar zu sagen, wieviel Raum eine Kreisel, den sie da statt der Ampelkreuzung bauen will, benötigen würde. Der Stillstand geht schon seit 2001, vermutlich bis in alle Ewigkeit. Die Stadtverwaltung Bonn ist eine Katastrophe, besetzt mit Stümpern, Ignoranten und Prinzipienreitern. Menschen sind offensichtlich egal.

  2. Martin Böttger

    Lieber Roland, die Verwaltungsbeschimpfung möchte ich in der von Dir getätigten Verallgemeinerung zurückweisen. Es gibt in allen Ämtern kompetente und engagierte Mitarbeiter*innen, wie natürlich auch das Gegenteil; so, wie es gut und schlecht geführte Ämter in der Bonner Stadtverwaltung gibt; und gut und schwach geführte Ratsfraktionen und dortselbst gute und schwache Leute. Namen nenne ich im Guten wie im Schlechten gerne auf Anfrage.
    Du solltest Kommentare nicht zu solchen Uhrzeiten verfassen, dann würdest Du da auch selbst drauf kommen 😉

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