Stefan Koldehoff/DLF kommentiert in der aktuellen Kriegslage gegen die Selbstbezogenheit und Überbewertung des Kulturbetriebes an. Nach meinem Endruck ist das ins eigene Haus hinein kommentiert, vor allem adressiert an die, die über den Kulturbetrieb berichten, schreiben, senden. Doch was ist mit denen, die Kultur produzieren? Viele Russ*inn*en darunter. Zusammengezählt sind es über 2 Millionen. In den politisch aufgeheizten deutschen Migrationsdebatten spielten sie trotz ihrer grossen Zahl nie eine Rolle. Ihre jugendlichen Teile waren zwar delinquenter als muslimische Jugendliche. Aber weiss. Sie machten den dominanten weissen Deutschen keine Angst.
Und nun? Der “böse Russe” wird jetzt doch gewittert und zu Bekenntnissen genötigt, sobald er sich als Russe zu erkennen gibt. Mandy Tröger, die mit ihrer zurecht aufsehenerregenden Arbeit über die Okkupation der ostdeutschen Medien durch westdeutsche Konzerne Furore machte, hat sich für einen “Open Source”-Text in der Berliner Zeitung unter Russ*inn*en in Deutschland umgehört. Und siehe, jetzt geht es ihnen so ähnlich wie all den Türk*inn*en, die seit Jahrzehnten zu Bekenntnissen für oder gegen Erdogan genötigt werden – oder Muslim*inn*e*n zu Terrorismus. Und sie alle reagieren darauf so verschieden, wie die Biodeutschen gegensätzlich und divers sind. Normale Menschen, die Angst vor Krieg und Tod haben, für sich selbst und ihre Angehörigen.
Ich hätte Trögers Text hier sehr gerne übernommen. Leider ist er nicht mit einer Creative-Commons-Lizenz versehen. Es gibt Autor*inn*en, die darauf verzichten, weil sie die Kontrolle über die Orte der Verbreitung behalten wollen. Verständlich, gerade bei diesem Thema. Ich hoffe nur, dass die Berliner Zeitung ihn nicht noch nachträglich digital einmauert.
Kurz nach Kriegsbeginn gab Kaminer ein Interview im ARD Morgenmagazin: https://www.ardmediathek.de/video/