Türkei / Pflegestreik in UK / Geldwäsche im Kapitalismus

Skandalurteil gegen den Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu. Eben wollte ich die FAZ noch loben. Aber jetzt hat sie den Bericht ihres fachkundigen Experten Rainer Hermann digital eingemauert. Sein Kommentar ist noch zugänglich. Im “Vorwärts” gibt es eine ausführlicheren Bericht von Kristina Karasu. Der Prozess reiht sich ein in massive Repression des Erdogan-Regimes gegen jegliche Opposition: die HDP-Führung sitzt schon im Knast, wie einst die KPD während der deutschen “Machtergreifung”. Erdogan führt Krieg in Syrien und droht mit einem Nato–internen Krieg gegen Griechenland. Auch vor einer Instrumentalisierung von mörderischen Attentaten wird – selbstverständlich – nicht zurückgeschreckt. Haben Sie dazu ausser “Dududu!” irgendwas von der EU oder Bundesregierung gehört?

Über Erdogan ist eine gefährliche und ungesunde Gewöhnung in unserer Gesellschaft eingetreten. Alle wissen, was das für einer ist. Aber ist eben nicht zu ändern. Dä. Gegen andere Ebenbilder wird Krieg geführt. Das Beispiel zeigt, dass Krieg keine Lösung ist. Stattdessen ist eine effiziente Kombination von konsistenter Strategie und Diplomatie erforderlich. An beidem wird aber weder gegen Putin noch gegen Erdogan – sichtbar – gearbeitet. Das ist schon deswegen hirnverbrannt ígnorant, weil Millionen Türk*inn*en nicht mehr hierher fliehen müssen, sondern schon seit Jahrzehnten Mitmenschen von uns sind. Das Schicksal ihrer Familien und Freund*inn*e*n kann uns nicht kaltlassen.

Es erweist sich als mglw. schlimmster Skandal der Ära Merkel, dass der Diktator Recep von der flüchtlingsverachtenden EU zum Gefängnischef für Millionen Syrien-Flüchtlinge ernannt wurde, deren kurdische Bestandteile er jederzeit zu killen bereit ist. Und das ist keine neue Erkenntnis.

Wenn Frau Merkel sich für was schämen muss, dann dafür.

Pflegekräfte im Arbeitskampf

Wie einst die Bergleute in den 80ern kämpfen derzeit die Pflegekräfte des berühmten National Health Service in UK gegen die real existierenden Ausgeburten des Neoliberalismus, dessen brutale Repräsentation die Tories sind. Hierzulande merkt keine*r was davon. Obwohl doch: Annabell Brokhues berichtete heute morgen im DLF (Audio 8 min). Und hier ein Bericht von Dieter Reinisch/Junge Welt.

Gelegentlich gibt es solche Kämpfe in kleinerem Ausmass auch in Deutschland, selten medial beachtet: hier ein Überblick meiner Gewerkschaft ver.di. Pflege ist keine Barmherzigkeit, sondern ein Menschenrecht. Wer diese Arbeit durch Privatisierung und Kommerzialisierung ruiniert, ist ein Feind unserer Verfassung, die einen “sozialen Bundesstaat” verlangt.

Wenn Sie also Weihnachten spenden wollen: spenden Sie doch mal für eine Streikkasse! Wir werden alle mal alt, krank und gebrechlich.

Geldwäsche – ein paar ergänzende Tipps für Fahndungen und Razzien

Die Danske Bank erklärt sich der Geldwäsche für schuldig und zahlt in den USA 2 Mrd. $ Buße. Clever ausgehandelt, u.a. durch einen dort tätigen deutschen Grossbanker, Martin Blessing. Denn das dürfte weit weniger als der Mehrwertsteuersatz dessen sein, was dort von Waschmaschine zu Waschmaschine transferiert wurde. Wenn der Begriff “Portokasse” mal stimmt, dann hier.

Der politische Sinn dieser Vereinbarung ist, dass das Aufsehen nicht zu gross werden soll. Denn was hier gewaschen wurde, ist Fluchtkapital aus Osteuropa, und zwar inklusive Russland, das sichere Häfen sucht, und nach dem Willen der Herrschenden im Kapitalismus auch finden soll. Es flieht ja vor dem “Bösen”, was in diesem Fall ernsthaft zu viel der Ehre für die so bezeichneten ist.

Der Chef einer angeblichen deutschen Anti-Geldwäscheeinheit FIU hat gerade aufgegeben. Mein Vorschlag: wenn jemand ernsthaft Geldwäsche bekämpfen will, sollte sie*er mal die Herren Scholz und Benko zum Verhör bestellen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net