Die regelmässige Lektüre der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) habe ich mir angewöhnt, als ich 15 war, und auf Klassenfahrt zur Bundeshauptstadt Bonn. Heute wird sowas modisch “Gegneranalyse” genannt. Die FAZ als Zeitung der Herrschenden, die es sich nicht leisten können, schlecht informiert zu werden. Ich als Beherrschter, der Herrschaft durch Demokratie ersetzen will, kann mir das auch nicht leisten. So wurde ich Leser, und das viel (und schnell). Über die Jahrzehnte bestätigte sich mein Verdacht, dass das grosse in Frankfurt ansässige Kapital sein Medium auch durch Krisen durchfüttern, und sich neben ideologisch verbohrten auch – nicht wenige – gute Journalist*inn*en leistet.

Darum lese ich sie heute immer noch. Im Zeitalter der Digitalisierung versuchen es die Eigentümer*innen der FAZ nun mit digitalen Bezahlmauern. Auf der Homepage wird ein Text mit Autor*in und Teasertext angeboten – und lesen darf das, wer seine Daten abliefert und mittel-/langfristig ein mehr oder weniger teures Abonnement abschliesst, und sich so mit seiner Vermarktung durch den Verlag abfindet. Es gibt Gegenmittel gegen diese Strategie. Und ich kenne Menschen, die diese Mittel kennen – Ärzt*inn*e*n und Apotheker*innen in Griffnähe sind immer von Vorteil.

So fand ich heute einen Text des hochqualifizierten Singapur-Korrespondenten Christoph Hein, der mal eben die 5.000 km nach Nepal gereist ist, um über den Klimawandel im Himalaya zu berichten. Dem Text nach hat ihn die hier um die Ecke ansässige Welthungerhilfe dorthin gelockt, auf deren Homepage ich die entsprechenden Informationen aber leider nicht fand. Fazit seines alarmierenden Textes: das grösste Süsswasser-Reservoir der Welt ist bedroht – und wird zur Bedrohung.

Klimawandel im FAZ-Wirtschaftsteil gibts auch ohne Paywall: Dürre im Winter : Landwirte in Südfrankreich beten für Regen – In Frankreich sind die Bauern schon im Winter verzweifelt wegen der Dürre. Die Landwirte in Perpignan rufen ihren Schutzpatron zu Hilfe. Er soll endlich Regen bringen.”, eine dpa-Meldung. Eine Biowinzerin, bei der ich Stammkunde bin, gehört zu den Betroffenen. Hier verzichtet die Zeitung, hinter der allzu oft kein kluger Kopf mehr steckt, auf die Verlinkung zur in dem Text erwähnten Studie der LMU München über die Dürre-Hotspots in Europa. Die bekommen Sie dafür hier von mir: die PM der Uni plus die Studie im englischsprachigen Original. Den FAZ-Verlag hätte das einen Menschen, der 2 Minuten arbeitet, gekostet.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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