Alle Opfer: Luis Rubiales, Till Lindemann, Til Schweiger (nach Mallorca geflohen), Hubert Aiwanger, Donald Trump. Vergessen wir nicht: Harvey Weinstein, Kevin Spacey, Dieter Wedel oder Gebhard Henke, denen wir so viele tolle Filme verdanken (heute übrigens nach der Tagesschau: der letzte Marlon Brando auf ZDFneo, ohne Mediathek!). Alle grausam verfolgt darben sie im Kerker öffentlicher – und kaum strafrechtlicher – Verfolgung. Opfer des Geschlechterkrieges und kinderfressender hinterlistiger Feministinnen. Obwohl, wenn die Jungs ehrlich sind: am meisten empört sind sie über ihre alten Buddies, die nun das Weite vor ihnen suchen, um ihre eigene Herrschaft zu retten. Zu Rubiales hat es einer gut erklärt.

Florian Haupt ist ein kundiger Korrespondent des spanischen Profifussballs. In der Taz erklärt er – endlich! – schlüssig Das System Rubiales – Noch ist Luis Rubiales im Amt. An Widersachern im spanischen Fußball mangelt es nicht. Aber denen sind die Übergriffe gleichgültig. Die wollen bloß die Macht.” So weit so gut, saubere Arbeit.

Was mich aufregt, ist das Timing. Dieses System ist über viele Jahrzehnte gewachsen. Es war von Anfang an von Skandalen geschwängert, und für eine demokratische, an Grund- und Menschenrechten orientierte Gesellschaft unerträglich. Warum aber wurde das von der Medienökonomie nicht nur ignoriert, sondern mit beflissenem PR-Journalismus nicht nur begleitet, sondern gefördert und bezahlt? Merke: das gesamte Profifussball-System wird hier und überall auf der Welt von Medienkonzernen finanziert – die nun den saudi-arabischen Völkermörder MBS als Konkurrenten fürchten. Was werden sie tun? Widerstand leisten? Nein, sie werden versuchen ihn zu umarmen und mit ihm gemeinsam Kartelle zu bilden.

In einem lichten Moment beschreibt heute die FAS (natürlich hinter Paywall), dass sich weder die Uefa noch die deutschen Fussballorganisationen DFB und DFL vorteilhaft vom spanischen RFEF, der Organisationshülle des System Rubiales, unterscheiden. Noch nicht einmal die deutsche Spielergewerkschaft VDV, in der zwar auch Frauen Mitglied werden dürfen, aber nichts zu sagen haben. Entsprechend schweigt der VDV bis heute zu der ganzen Affäre.

Wäre die EU eine akzeptable Demokratieform, wäre jetzt der Moment, diese mafiösen menschenfeindlichen Strukturen zu zerschlagen, und den Leistungs- und Breitensport gesetzlich auf demokratische und menschenrechtliche Füsse zu stellen. Das würde zu Konflikten mit den aktuellen Machthabern führen. Aber es wäre an der Zeit. Darum wird es auch ganz gewiss nicht passieren. Die EU versucht in diesen Konflikten am besten gar nicht erst bemerkt zu werden. Flinten-Uschi hat andere Sorgen.

Abregung

Der Fotograf in Gelsenkirchen-Horst, bei dem meine ersten Kinderpassfotos entstanden, hiess Howahl. Es war ein bildschönes Haus, Altbau mit bunter Holzfassade, später nach Besitzerwechseln furchtbar verhunzt (in dem Stadtteil regiert als Grossgrundbesitzer die “MLPD”). Ob der Autor Georg Howahl aus dieser Familie stammt? Er schreibt diese Story, die mich heute erfrischte:

Resilienz und Schlafforschung: Ich bleib im Bett, schau zu! Bed Rotting Trend auf Tiktok – Tausende filmen sich, wie sie den ganzen Tag im Bett bleiben – und laden die Videos hoch: Bed Rotting ist das neue Hygge. Schlafforscher warnen.”

Meine Empfehlung: stellen Sie sich die am Beginn dieses Textes genannten Herren beim kalsarikännit … die finnische Kunst, sich zu Hause alleine in Unterhosen zu betrinken“ vor. Das hilft auch bei allen anderen Männern, denen Sie im öffentlichen Alltag begegnen.

Ich persönlich – und als heterosexuell orientierter Mann – bevorzuge das chinesische 躺平, “Tang Ping”, “sich flach hinlegen”, auch und sehr gerne tagsüber. Dazu eine olle Folge “Hubert und Staller” (oder “Hubert ohne Staller”) aus Wolfratshausen, der Heimat von Edmund Stoiber. Das ist da, wo Angela Merkel erfolgreich ihre 16 Jahre Kanzlerinnenschaft vorbereitet hat (“Wolfratshausener Frühstück”). Weil sie die Männer kannte und ausrechnen konnte. Is nich schwer.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net