mit zwei Updates 19.9., mit Update 23.9.
Der lärmende deutsche Fussballjournalismus kann auch stillschweigend, mann glaubt es kaum. In Spanien spitzt sich der Geschlechterkrieg zu, und zwar im Fussball. Die Weltmeisterinnen sind viel zu weltgewandt, intelligent und lebenserfahren, als sich mit der Opferung eines Sündenbocks Rubiales zufrieden zu geben. Sie streiken weiter. Und wie im Klassenkampf üblich, hat der verrottete Fussballverband RFEF mit einem “Ultimatum” geantwortet. Es soll heute Nacht um 0 Uhr abgelaufen sein.
Ich habe noch keine Nachricht vernommen, was jetzt passieren soll. Für die Weltmeisterinnen plus ein weiteres Aufgebot, das sie theoretisch sportlich ersetzen könnte, stellen sich neben den politischen jetzt sehr alltagspraktische Lebensfragen. Die Katalaninnen unter ihnen können damit rechnen, dass sie zuhause für ihren Mut gefeiert werden. Wer dagegen im postfaschistischen Madrid ihr Geld verdient, die könnte zur Migration gezwungen werden. Erwerbslosigkeit droht zumindest für alle, die noch unter 30 sind, nicht: alle internationalen Spitzenvereine würden sie mit Begeisterung in ihren Aufgeboten integrieren.
Weil also keine unmittelbare soziale Not drohen muss, macht das diese Spielerinnen – neben ihrer sozialen Intelligenz – so stark und gefährlich für die Männerherrschaft. Alina Schwermer/taz rät hiesigen Spielerinnen zu Recht, die Sache aufmerksam zu verfolgen: “Spanischer Boykott gegen Fußballverband: Feministische Weltmeisterinnen – Die besten Fußballerinnen Spaniens boykottieren weiter das Nationalteam – ein beispielloser Kampf. Spieler:innen anderswo sollten genau hinschauen.”
Wenn sie des Spanischen wie ich nicht mächtig sind, wird es ihnen schwerfallen. Denn deutsche Medien schweigen beredsam. Habe ich oben von “Journalismus” geschrieben? Das war natürlich höflich übertrieben. Suchen Sie mal den Kicker ab. Warum wohl? Es sind die Leichen im eigenen Keller: 3% aller deutschen Fussballfunktionär*inn*e*n sind Frauen (Video 11 min). Da ist das Gendern wirklich unnötig …
Update 19.9.
Nun haben es die Weltmeisterinnen doch in den deutschen Männer-Kicker geschafft. Das Geschehen deutet darauf hin, dass der spanische Männer-Fussballverband seine Strategie des kommunikativen gar-nicht-erst-Ignorierens seiner Weltklassespielerinnen auch ohne seinen Rädelsführer Rubiales bruchlos fortsetzt. Aus gutem Grund richtet sich der Streik darum ausdrücklich u.a. gegen die PR-Abteilung des Verbandes – die wiederum angesichts dieser politischen Bedrohung offensichtlich im Kriegszustand agiert.
Für die berichtenden Medien, auch deutschsprachige, heisst das: mit Haltungslosigkeit werden sie nicht durchkommen.
Update 19.9. mittags
Hier und hier gibt es neue Agenturmeldungen. Eigene Korrespondent*inn*en konnte auch die reiche FAZ noch nicht in Bewegung setzen (oder wollte – noch – nicht). Das durchzuhalten, wird nicht gelingen.
Die aktualisierten Meldungen zeigen, dass die spanische Regierung das schon erkannt hat. Bravo. Aber was ist mit der EU? Was ist mit den europäischen Fussballverbänden inkl. ihrer Mafiaköpfe, die in der Uefa-Exekutive zusammensitzen, und deren Bruder der Señor Rubiales bis eben noch war?
Will der DFB, will die BRD etwa einen Verband, der so autistisch und widerlich mit seinem Gesinde umgeht, zur EM im nächsten Jahr einladen? Gibt es keine (“wertegeleiteten”) Mindeststandards für Menschen- und Bürgerinnenrechte? Oder gucken sie alle wie gebannt, was sie sich heutzutage selbst alles noch erlauben dürfen, ohne sanktioniert zu werden? Feiges Pack!
Update 23.9.: Spaniens Weltmeisterinnen gewannen gestern Abend in Schweden 3:2, und es war sowohl sportlich als auch politisch eine Demonstration der Solidarität.
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