Beueler-Extradienst

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Besondere Ehrung für ADFC

Vor einigen Tagen lag die Flugschrift einer Oppositionsgruppe aus dem Bonner Stadtrat bei mir im Briefkasten, deren Namen ich schon wieder vergessen habe. Aber so viel Fairness muss sein: weniger rechts als die CDU ist sie nicht (rücksichtslose Obdachlose, gequälte Autofahrer etc.). Das Ding mutet optisch an, wie die Schülerzeitungen, die ich in den 70er Jahren gemacht habe. Ist aber inhaltlich viel origineller.

Was liest der gelangweilte Leser (also ich) zuerst? Natürlich den Personaltratsch. Dort findet nicht nur Extradienst-Autor Reiner Bohnet besondere Erwähnung – “langjähriger SPD-Ortsvereinsvorsitzender” – sondern auch Gerd Billen und Bernhard Meier. Grüne meines Alters werden sich an sie erinnern, und sich auf die Schenkel klopfen. Die waren nämlich angeblich solche, “die in den achtziger Jahren zu den Fundamentalisten in der damals extrem linken Grünen-Fraktion gehörten”. Immerhin: die Vokabel “damals” verrät ein überraschendes Minimum an Respekt vor der Gegenwart ;-).

Speziell mit Bernhard Meier verbinden mich zahlreiche Jugenderinnerungen. Am verdienstvollsten fand ich seine langjährige Redaktionstätigkeit für die Schnüss, die zu jener Zeit, als das Lokalblatt zurecht “General-Verschweiger” genannt wurde, eine wichtige Rolle in der Stadtgesellschaft spielte. Im Landtag NRW war er mein Arbeitskollege – ich bei MdL Roland Appel, er bei MdL Beate Scheffler. Damals versuchte er, Roland den Bonner Direktwahlkreis zur Landtagswahl abzuknöpfen, und scheiterte nur sehr knapp. Wenn Bernhard “Fundamentalist” in einer “extrem linken” Fraktion war, dann muss Roland wohl so eine Art RAF-Terrorist gewesen sein.

Als ich 98/99 mit meiner WG in der Dunantstrasse wohnte, war Bernhard Immobilienbesitzer um die Ecke in der Rathausstrasse und beherbergte den Untermieter Klaus Müller, damals MdB, heute Chef der Bundesnetzagentur. Es war eine nette Nachbarschaft im Combahnviertel, das zuletzt 46% grün gewählt hat. Bernhard musste damals beruflich in meine Geburtsstadt Gelsenkirchen pendeln, damals schon eine Strafe, weil er als Pressesprecher von Strassen.NRW fungierte.

Aber seine eigentliche Spitzenleistung in meiner Erinnerung, die geschah schon 1978, als er sich im “Sozialistischen Büro” engagierte. Es war am Schulzentrum Pennenfeld, der Kongress gegen die militärisch-atomare Zusammenarbeit BRD-Südafrika, 10./11.11.1978. Bernhard war Türsteher, und Rudi Dutschke wollte rein, ohne Eintrittskarte … Ich war nicht dabei, sass drinnen in der Kongressleitung, und hörte nur davon.

Wenn die Herren Billen und Meier sich heute für den Radverkehr einsetzen, machen sie sich jedenfalls unbestritten nützlich. Ich gestehe: mir als Radfahrer und ADFC-Mitglied ist es schon zu viel. Früher hatte mann die Radwege für sich, heute wird mann links und rechts überholt, alle behelmt und mit Kampfkleidung – als wenn Porschefahrer aufs Rad umgestiegen sind. Der kapitalistische Konkurrenzkampf verschärft und beschleunigt sich. Wenn sich Herren meines Alters da um Regulierung kümmern, kann es nur besser werden.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

3 Kommentare

  1. Annette Hauschild

    Lieber Martin, ich meine mich zu erinnern, dass der Kongress gegen die militärisch-nukleare Zusammenarbeit BRD-Südafrika 1884 stattgefunden haben muss.

    • Martin Böttger

      Liebe Annette, Du hast da nicht nur einen Tipp-, sondern auch einen Erinnerungsfehler. Von Oktober 1976 bis Frühjahr 1978 (18 Monate) war mein Zivildienst. Im Anschluss hatte ich mit der Anti-Apartheid-Bewegung (AAB) einen halbjährigen Werkvertrag, um für diesen Kongress zu arbeiten. Der war an exakt diesen Tagen, während derer AAB-Vorstandsmitglied Wolff Geisler seinen Geburtstag feierte. Der ist heute noch am Wieverfastelovend. Und es hiess militärisch-“atomare” Zusammenarbeit – ich habe genaue Erinnerung an die politische Debatte über diese Vokabel. Wie ich hier
      https://extradienst.net/2018/07/18/mandela-100/
      bereits geschildert hatte, war dieser politische Vorgang für meine persönliche politische Sozialisation ein Schlüsselerlebnis, von dem ich – bislang – nichts vergessen habe.

  2. Helmut Lorscheid

    Ich empfinde den ADFC keinesfalls mehr durch gehend nützlich – seit er sich für Fahrradschnellstraßen in Parks einsetzt. Ich möchte ungestört und vor allem ungefährdet von den Parks an´s Rheinufer gehen können, ohne auf Radraser achten zu müssen.

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