USA: Alte-neue Migrationspolitik
Preisfrage: Was tat Joe Biden eher heimlich und Donald Trump obszön offen? Migrant*innen festnehmen und abschieben. Mehrere hundert jeden Tag. Trump inszeniert es als rassistisches Spektakel, wenn er von Gefangenenlagern in Guantánamo spricht und an der US-mexikanischen Grenze den Notstand ausrufen lässt. Doch das ist nicht nur Show. Ein Blick zurück und nach vorn.
Die Grenze zwischen den USA und Mexiko dominiert seit Jahrzehnten die US-Politik. Während der ersten Amtszeit von Donald Trump (2017-2021) kam dem Thema eine noch nie dagewesene Aufmerksamkeit zu. Trump erklärte Einwanderung und Grenzsicherheit zur Chefsache und verschärfte die Politik. Er ergriff Maßnahmen zur Eindämmung der illegalen Migration und verstärkte die Grenzkontrollen. Die Unterschiede zu den Vorgängerregierungen waren deutlich: Trump ließ eine Mauer bauen, der Umgang mit Asylsuchenden und Migrant*innen ohne gültige Papiere verschärfte sich. Das hatte erhebliche Folgen, sowohl für die betroffenen Menschen als auch für die Beziehungen zwischen den USA und Mexiko. Auch wurde die Polarisierung innerhalb der USA vorangetrieben. Weltweit wurde harsche Kritik geübt.
Die Regierung Trump investierte viel in die Grenzsicherung: Das Personal wurde aufgestockt und die Infrastruktur ausgebaut. Seitdem werden Drohnen und Sensoren eingesetzt, um illegale Grenzübertritte in abgelegenen Regionen zu erfassen. Begründet werden diese Maßnahmen mit der Eindämmung illegaler Einwanderung und der besseren Kontrolle beziehungsweise der Verhinderung des Drogenschmuggels sowie anderer krimineller Aktivitäten. Jedoch wurde die illegale Migration nicht in dem Maße eingedämmt, wie Trump es versprochen hatte. Viele Migrant*innen überquerten die Grenze weiterhin, nur auf weitaus gefährlicheren Routen.
International heftige Kritik löste die Trennung von Familien an der Grenze als Maßnahme der sogenannten „Null-Toleranz-Politik“ aus. Tausende Kinder wurden gewaltsam von ihren Eltern getrennt. Die Kritik ließ nicht nach, zahlreiche Menschenrechtsorganisationen monierten, diese Praxis verletze die Grundrechte von Menschen in Bewegung. Zusätzlich sorgte das „Migrant Protection Protocol“ (MPP), mit dem Asylsuchende dazu verpflichtet wurden, ihre Verfahren in Mexiko abzuwarten, für prekäre und bedrohliche Lebensbedingungen. Tausende Menschen, mehrheitlich aus Zentralamerika, sind seitdem in den mexikanischen Städten entlang der Grenze Gewalt und der organisierten Kriminalität ausgesetzt.
„Ich dulde Ihren Aufenthalt hier nicht“
Trotz vier Jahren ohne Trumpismus im Weißen Haus hat sich die negative Stimmung gegen Migrant*innen radikalisiert. Einige Bundesstaaten wie Texas und Florida wurden zu Brutstätten für Fremdenfeindlichkeit. Busse wurden angemietet, um Migrant*innen ohne gültige Papiere in Lager für Geflüchtete oder in von den Demokraten regierte Städte zu bringen. Der texanische Gouverneur Gregg Abbott rief die Operation „Lone Star“ ins Leben, um illegale Grenzübertritte und den Schmuggel von Fentanyl aufzudecken. Es sei seine Pflicht gewesen, da es die Regierung Biden versäumt habe zu handeln. Aktuell fordert die texanische Regierung die Erstattung der Kosten für die Verteidigung des US-Territoriums in Höhe von 11 Milliarden US-Dollar.
Inzwischen gibt es Suchaktionen nach Migrant*innen ohne gültige Papiere, Abschiebeflüge und die Verfrachtung von Migrant*innen nach Guantánamo. Auf der mexikanischen Seite hat die Regierung von Claudia Sheinbaum die Nationalgarde zur Überwachung der Grenze mobilisiert. In Ciudad Juárez, der mexikanischen Grenzstadt zu El Paso, Texas, wurde eine riesige Zeltstadt errichtet, die noch nach Wochen leer steht. Wie in Mexiko scheinen die Regierungen weltweit dazu bereit, mit Trump zu verhandeln – und wollen ihm gar gefallen.
Die Opposition wirkt hingegen zersplittert und unorganisiert. Bemerkenswert ist aber der Mut der Bischöfin Mariann Budde, die Trump von der Kanzel herab um Barmherzigkeit für die Menschen bat, die in Angst leben. Dazu zählen explizit diejenigen, die von Abschiebung bedroht sind. Auch im Kleinen gibt es Widerstand, wie im Fall von Oscar’s Barbershop in El Paso, Texas. Da konfrontierte ein Friseur aus der Nachbarschaft einen Agenten der US-amerikanischen Migrations- und Zollbehörde ICE. Der Agent und andere Kontrolleur*innen hatten eine mutmaßliche Kontrolle der Betriebsgenehmigung zum Anlass genommen, den Barbershop zu betreten. Ein in den sozialen Medien geteiltes Video zeigt, wie der Friseur den Agenten mehrfach auffordert, seinen Laden zu verlassen: „Sir, ich muss Sie bitten, zu gehen. Ich dulde Ihren Aufenthalt hier nicht.“
Willivaldo Delgadillo ist Autor, Aktivist und Hochschuldozent an der Grenze Ciudad Juárez/El Paso. Übersetzung: Simon Hirzel. Dieser Beitrag ist eine Übernahme aus ila 483 März 2025, hrsg. und mit freundlicher Genehmigung der Informationsstelle Lateinamerika in Bonn.
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