Die Fußballvereine Europas haben offensichtlich die Absicht, am Dienstag bei einer Krisensitzung der Uefa-Mafia eine Absage der diesjährigen Fußball-EM durchzusetzen. Das wurde heute Abend in der ARD-Sportschau durch Vertreter der Bayer AG kaum verklausuliert zum Ausdruck gebracht. Bemerkenswert: wenn die ARD-Sportschau nicht vertraglich zur Produktpräsentation gezwungen ist, ist selbst sie zu ein bisschen richtigem Sportjournalismus in der Lage.
Die Vereinskonzerne wollen die Saison zuende spielen, um ihre TV-Verträge erfüllen zu können, ihre fetteste Einnahmequelle. Die Bayer-Vertreter halten es u.U. für nötig (und machbar) dabei zur Not bis in den August hinein zu spielen. denn niemand glaubt, dass der normale Wettbewerbsalltag bereits Anfang April wieder aufgenommen werden kann.
Die Uefa wird diesem Druck nicht standhalten können. Sie wird versuchen, die EM ein Jahr später durchzuziehen, denn sie ist ihrerseits für die Uefa-Finanzierung das wichtigste Ereignis. Damit würde die Uefa ein weiteres, das bisher grösste Kriegsbeil mit dem Fußballweltverband, der Fifa-Mafia ausgraben. Denn die hat den Sommer nächsten Jahres für ihre neuerfundene Club-WM (mit 8 Vereinen aus Europa) im Kapitalgeberland China vorgesehen. Die Uefa muss also eine Streikfront der acht reichsten Vereine Europas sichern, um ihre EM noch realisieren zu können. Wie kann sie das diesen Vereinen schmackhaft machen? Indem sie ihr gemeinsames Spitzenprodukt Champions League weiter aufmotzen, u.U. die Profitverteilung nochmal neu zugunsten der Superreichen korrigieren – und gegen die Fifa verteidigen.
Wenn es für die Uefa am Diensttag gut läuft, kommt es ungefähr so. Wenn Sie die EM dagegen komplett aufgeben muss, ist sie der Pleite nah. In dem Fall müssten die Champions-League-Krösusse unter den Vereinen der Uefa verbesserte Provisionen zugestehen. Da will mann Dienstag nicht dazwischen sein, lieber Quarantäne.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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