Beueler-Extradienst

Meldungen und Meinungen aus Beuel und der Welt

Schlagwort: Mali (Seite 3 von 3)

Neues aus der SWP: USA, Mali

Die Arbeit der Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP) hatte ich hier bereits grundsätzlich gewürdigt. In der Hektik ständig neuer Säue, die der Berliner Medienbetrieb durchs Dorf jagt, lohnt es sich nachzuschauen, welchen analytischen Blick – oft mit einem gewissen zeitlichen Abstand – die SWP-Forscher*innen auf das Geschehen werfen.

Laura von Daniels schaut auf die USA im Vorfeld der dortigen Midterm-Elections. Dort ist die Parlamentswahl, Abgeordnetenhaus und Senat, zeitlich aufgeteilt. Zur Halbzeit der Präsidentenamtszeit wird der größere Teil der zwei Parlamentskammern gewählt. Wird den Demokraten eine oppositionelle Mobilisierung gelingen? Während die SWP-Autorin das vermutet, beklagen andere Freund*inn*e*n in den USA bei dieser Partei ein ähnliches Dilemma, wie wir es bei der SPD beobachten können: kein eigenes Agendasetting, keine grundsätzliche Alternative, sondern nur ein Abarbeiten am Herrschenden.
Muriel Asseburg kommentierte in der Hannoverschen Allgemeinen ausserdem Trumps jüngste Jerusalem-Volte; dumm oder kalkuliert, auf jeden Fall eine dramatische Konfliktverschärfung in Israel/Palästina.

Vor noch nicht so langer Zeit war Flinten-Uschi mit Berliner Pressetross in Mali. Pflichtgemäss wurde seinerzeit die segensreiche Friedenswirkung der Bundeswehr, die ständig auf gute PR angewiesen ist, besungen (Ausnahme: Charlotte Wiedemann). Der Tross ist abgezogen, die Lebensgefahren für die Menschen in Mali sind geblieben. Weil immer wieder der gleiche Fehler begangen wird, sehenden Auges: mit Militär sind die (gesellschafts-)politischen Probleme nicht zu lösen, wie SWP-Autor Denis M. Tull berichtet. Doch wer in Berlin will das lesen?

Bundestagswahl 2017 – War was?

von Bettina Gaus
Schon vor dem Wahlausgang steht fest: Völkische werden im Parlament sitzen und das rot-rot-grüne Lager ist eine Illusion.

Die gute Nachricht zuerst. Jetzt ist der Wahlkampf wirklich fast vorbei. Endlich. „Bedeutungslos“ ist noch die freundlichste Bezeichnung, die ihn charakterisiert. Für die vorhersehbaren Ergebnisse der Bundestagswahl gilt das jedoch nicht.
Sie läuten in mehrfacher Hinsicht eine Zeitenwende ein – so paradox das zu sein scheint angesichts dessen, dass alle Spekulationen über einen möglichen Wechsel im Kanzleramt bestenfalls albern genannt werden können.

Das erste folgenschwere Ergebnis der Wahlen, das den meisten sofort einfällt: Erstmals seit der Frühzeit der Bundesrepublik werden wieder Rechte im Bundestag sitzen. Wenn es ganz schlecht läuft, dann wird die völkisch-nationalistische AfD sogar stärker als Linke, Grüne und FDP.
Aber so deprimierend diese Entwicklung auch ist, es besteht – noch – kein Anlass zur Panik. Rechte, Populisten und Bauernfänger gibt es in nennenswerter Zahl in fast allen parlamentarischen Demokratien. Zehn Prozent, acht Prozent, sogar zwölf Prozent der Stimmen gefährden das System nicht. Sie bedeuten nämlich zugleich, dass etwa 90 Prozent der Wählerinnen und Wähler den Rechten ihre Stimme eben nicht gegeben haben. Und sie hatten dafür, wie anzunehmen ist, gute Gründe. Weiterlesen

Gedanken zur Flüchtlingspolitik 2017 (II)

Eine Replik auf Dirk Reder

Ich teile die Ansicht Dirk Reders, es sei ein kapitaler Fehler der im Bundestag vertretenen Parteien, die Flüchtlings- und vor allem Fluchtursachenpolitik und damit die Außenhandelspolitik des Westens aus dem Wahlkampf auszuklammern. Weil es auf die aktuellen und brennenden Fragen vieler Menschen vor allem dumme und faschistoide Antworten der AfD gibt, wird nicht nur verhindert, dass die Gesellschaft die wirklichen Ursachen von Flucht und Migration erörtert. So verhindern Merkel und die SPD auch, dass intelligente und komplexe Antworten gegeben werden, die zumeist alte Stamm-SPD-Wähler, denen der Name Erhard Eppler noch etwas sagt, ihre Partei wählen können. Und sie lassen zu, dass die Scheinlösung der Abschottung immer breiter an Boden gewinnt und den Diskurs weiter nach rechts verschiebt. Die jüngste Diskussion bei “Plasberg”, wo es scheinbar nur noch darum ging, wer am schnellsten und umfassendsten abschiebt und ein “BILD” Redakteur neben Cem Özdemir zu den beiden gemäßigten Stimmen zählte, spricht dafür Bände.
In Österreich lässt sich gerade beobachten, wie eine mittlerweile rechtsextreme FPÖ und eine ihr nach rechts nachgerückte, populistische ÖVP mit dieser Politik Punkte machen und die SPÖ marginalisiert wird. Das könnten Merkel und die SPD hier auch erreichen, wenn sie weiter so argumentieren, dass jede Analyse von Fluchtursachen unterbleibt. Es ist zu befürchten, dass es auf es auf lange Zeit immer schwerer werden wird, dass Maßnahmen, die politisch notwendig wären, überhaupt eine Chance haben, gehört zu werden. Ich halte das für einen schweren strategischen Fehler und eine Mitverantwortung von SPD, CDU/CSU, aber auch von Grünen und Linken, und ich befürchte, dass nur deshalb die AfD zweistellige Ergebnisse erzielen kann – sonst hat sie politisch nichts zu bieten.

Abschottung kann und wird nicht funktionieren

Ich glaube nicht, dass Europa sich abschotten muss, schon gar nicht kann. Weiterlesen

Bannon – NSU – Terrorzucht: das eigene Böse

Hier die schlechten Nachrichten:
der Rücktritt/Rausschmiss Steve Bannons ist nur vordergründig eine gute Nachricht. Möglicherweise hat er den Vorgang mit seinem Ausplaudern des US-Wirtschaftskriegs-Strategie selbst provoziert. Dorothea Hahn/taz und Tomasz Konicz/TP analysieren ausführlich.

Die rot-rot-grüne Landesregierung Thüringens hat etwas getan, was dringend erforderlich war: erstmals einen Demokraten an die Spitze des Landesamtes für “Verfassungsschutz” bestellt. Das Innenministerium wurde allerdings der SPD überlassen, die dort ein der FDP vergleichbares Sektenausmass darstellt. Und das kommt dann dabei raus (Thomas Moser/TP).

Ganz Europa trauert nach dem Terror in Barcelona. In Ouagadougou, bei der Bundeswehr in Mali um die Ecke, im Nachbarland ist das Gleiche passiert. Dort und im Irak und Syrien bekämpfen unsere Interventionäre und die unserer politischen Freund*inn*e*n weiterhin keine Fluchtursachen, sondern schaffen sie mit Terrorismuszucht.

Und hier die guten Nachrichten:
Der “Sachverständigenrat” der Bundesregierung soll mit 4:1 Stimmen der Meinung sein, der eine habe keine Ahnung von Ökonomie, ein Argumentationsniveau wie auf dem Facebook-Schulhof. Nichts wissen wollen sie davon, wie China mit der Finanzkrise umgegangen ist: völlig unseriös und (bisher) erfolgreich. Der Grund, warum das geklappt hat, ist nicht wissenschaftlich ableitbar, sondern politisch: wenn Vertrauen in Deine Macht fortbesteht, musst Du den (kapitalistischen) “Markt” nicht fragen, was Du für richtig hältst.

Bundesliga hat angefangen und alle reden über die Ultras. Aber interessieren sie sich auch für sie? Ronny Blaschke/FR tut es.
Update 23.8.: die Ultras in BILD, erster Teil, zweiter Teil, Kotztüte bereithalten.

Information Warfare

Angebot und Nachfrage nach Information sind in jüngerer Zeit weltweit quantitativ exponentiell gewachsen. Naturgemäss ist der Anteil an Lügen und Müll dabei nicht geringer geworden. Mit dem Modebegriff “Fake News” wird das nur unzureichend erfasst. Leider trifft es das böse alte Wort “Informationskrieg” nicht schlechter, denn der Kampf um die Marktmacht auf diesem Gebiet hat leider stark an Militanz zugelegt und an Sachlichkeit verloren. Ein paar Beispiele nur von gestern, die das gut analysieren.

Telepolis-Chef Florian Rötzer referiert mit angemessen kritischer Distanz, was die Chefredakteurin von “Russia Today” (RT) dazu bei 3. russisch-chinesischen Medienforum unter Anwesenheit der Staatsführungen zu sagen hatte.
German-Foreign-Policy beschreibt am Beispiel Mali wie die Bundesregierung uns mit ihrer expansiven globalen Interventionspolitik an der Nase herumführt (dieser Beitrag verschwindet in einigen Tagen in einem Paywall-Archiv).
Osman Okkan, langjähriger WDR-Mitarbeiter, fehlt es an demagogischen Fähigkeiten, dafür personifiziert er für mich, ich durfte ihn persönlich kennenlernen, journalistische Seriosität und politische Unabhängigkeit. Er erklärt im Telepolis-Interview die Sackgasse, in die sich Erdogan bewegt, dass es also noch Chancen gibt, ihn wirksam zu bekämpfen.
Stefan Niggemeier (uebermedien.de, dieses Mal ohne Paywall) zeichnet nach, wie die Pro7Sat1 AG gegen öffentlich-rechtliche Konkurrenz kämpft und trickst, und wie mal wieder fast alle darauf reingefallen sind. Ich hatte das bisher hier absichtlich nicht kommentiert.
Wolfgang Pomrehn, und das ist nicht zufällig schon das dritte Telepolis-Beispiel, verhilft uns zu klarerer Sicht auf den Krieg um den Energiemarkt.

Krieg ist nicht die Lösung – auch nicht in Mali

Mali war mal gut im Fußball. In Mal war mal ein Weltsozialforum, in seiner Hauptstadt Bamako. Mali war zuletzt in deutschen Medien, weil es den Bundeswehrfahrzeugen dort “zu heiss” gewesen sein soll. Haben wir gelacht. Unsere Bundeswehr: zu doof einen Nagel in die Wand zu kloppen. Diese Pannenmeldungen, die die Bundeswehr-PR beherrschen, vermitteln – offensichtlich beabsichtigt – ein Zerrbild von Harmlosigkeit, hinter dem sich die Bundesregierung in Wahrheit einen gleichberechtigten Platz unter den Groß- und Atommächten erobern will. Weil sie weiss, wie wenig Gefallen die meisten von uns daran finden würden, sollen wir nicht weiter mit Informationen darüber belästigt werden.
Das scheint im Kern die Definition deutscher “Pressefreiheit” zu sein. Wie sonst soll man sich erklären, dass es einer – zugegeben ausserordentlich intelligenten und lernbegierigen – “freien” (d.h. ohne fette Verlage oder Sender im Rücken) Journalistin Charlotte Wiedemann gelingt, uns so adäquat über die dramatisch wachsenden politischen Probleme im Bundeswehr-Interventionsland Mali zu informieren, wie es sonst keinem deutschen “Qualitätsmedium” gelingt. Wie blamabel ist das denn?
Und was hat die global ambitionierte deutsche Militärpolitik eigentlich aus den Krisen in Afghanistan, Irak, Syrien, Libyen gelernt? Ist es politische Absicht, solche Staaten zu vernichten? Der djihadistische Terrorismus wird gefördert, als wenn er “gebraucht” wird. Wofür?

Der faustische Flüchtlingsdeal

Wer syrische und afghanische Kriegsopfer mehr fürchtet als Recep Tavyip Erdogan, der darf sich nicht wundern, wenn er von diesem am Nasenring durch die politische Arena gezogen wird. Die Bundesregierung fürchtet die Flüchtlinge, und damit den deutschen rechtsradikalen Widerstand gegen sie, mehr, als einen paranoiden Diktator in heftiger Wirtschaftskrise. Sie dreht ihm vielleicht den einen oder anderen Hallenlautsprechersaft ab, bzw. lässt das von Bürgermeistern erledigen, aber keineswegs den ökonomischen Saft. Er, dieser “Nato-Partner”, ist ja auch ein attraktiver Kunde der Spitzenleistungen deutscher Rüstungsindustrie. Peinlicher gehts kaum. Doch es wird noch schlimmer kommen.

Derzeit wird spekuliert, Erdogan könne sein Ermächtigungsreferendum verlieren. Was würde dann passieren? FAZ-Kolumnist Mumay erwartet, belegt mit Zitaten von AKP-Politikern, dann den “Bürgerkrieg”. Kann gut sein, ich fürchte sogar: wahrscheinlich. Dieser Bürgerkrieg wird sich aber nicht mehr auf die Türkei begrenzen, Weiterlesen

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