Einigen Kommentaren schwante nach dem Schlusspfiff am Sonntag bereits, dass der FC Bayern mehr zerschossen hatte als den BVB. Wirtschaftsblätter proklamierten bereits Spanien als Vorbild. Ausgerechnet. Wo dort doch schon eine Fusion mit Portugal diskutiert wird. Wegen der Langeweile.
Ist es ein Zufall, dass die Bundesliga ausgerechnet in dem Moment sturmreif geschossen wurde, in dem der urdeutsche VW-Konzern dem Untergang geweiht wird? Der VW-Konzern, der sich nicht nur zwei Bundesligisten komplett (Wolfsburg, Ingolstadt) und ausgerechnet auch Anteile am FC Bayern und seinem Aufsichtsrat leistet? Und in dem die Intellektarmen hierzulande um ihr Deutschsein fürchten, weil immer mehr Fremde in unserer Modelleisenbahn Zuflucht suchen?
Dass VW so plötzlich in eine selbstanalysierte Existenznot geraten konnte, also keineswegs “too big to fail” ist, hängt mit der bräsigen Selbstzufriedenheit des erfolgsverwöhnten deutsche Großkapitals zusammen. Es hatte sich daran gewöhnt, dass die Politik auf Kommando spurt. Doch jetzt ist die Welt zu groß geworden. Ingenieure wachsen auch woanders jetzt auf den Bäumen – intelligentere Ingenieure, die sich nicht nur für Technik sondern auch für Menschen=Kunden interessieren. Und die die Mechanismen globaler Wirtschaftskriege bestens durchschauen. Bildung, Analysefähigkeit, politische Intelligenz sind heute in allen Kulturen und Weltregionen anzutreffen. Nicht nur in Wolfsburg und Berlin. Dort ist man überrumpelt und versteht den Weltlauf überhaupt nicht mehr.
Ausgerechnet jetzt wird das auf revolutionäre Art wirksam, während die Bundesliga um ihren neuen TV-Vertrag feilschen will. Unter den gegebenen Umständen wird es jedoch keine Bieterkonkurrenz zu Rupert Murdochs Sky geben. Welcher Investor wäre so blöd, jetzt eine Milliarde zu verbrennen? Murdoch hat mehrere davon, dem ist das egal.
Jetzt wird sich erweisen, über wieviel strategischen Weitblick der Westfale Rummenigge in München verfügt. Er präsidiert bereits im Zusammenschluss der geldfetten europäischen Großvereine. Immerhin gibt es 5-6 unter ihnen, bei deren direkten Vergleichen man noch nicht vorher ahnen kann, wer gewinnt. Sie brauchen unter sich noch ein an guten Tagen konkurrenzfähiges und umsatz- und fanstarkes Mittelfeld. Der Westfale Rummenigge müsste also den BVB/Reste der Ruhrindustrie und S04/Gazprom&Tierfabrikindustrie Tönnies mitnehmen. Da die Fifa und die Platini-geführte Uefa gerade ebenso implodieren wie die Deutschland-AG, gründen die Großvereine eine eigene Entertainment-Liga, die möglicherweise aus Gründen der Investitionssicherheit ohne sportlichen Ab- und Aufstieg auskommen muss, und das lieber durch eine ökonomische Prüfung ersetzt. Geschäft geht vor, wie sonst auch. Das ist zwar weniger sportlich, aber dafür lassen sich da mit Sicherheit fettere globale TV-Verträge aushandeln, als es sie jemals bisher gegeben hat.
Für diesen Super-Plan gibt es nur noch ein strategisches Problem: was ist mit den Arabern? Was mit den Chinesen? Sie haben sich bereits teuer eingekauft (ManCity, PSG, Infront). Ihr Geld darf man nicht verlieren, man muss sie also mitspielen lassen. Was fällt Dir dazu ein, Rummenigge? Frag’ mal den Netzer!

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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