Der verstorbene CSU-Bundestagsabgeordnete Richard Jaeger trat 1960 für die Abschaffung des Artikel 102 Grundgesetz und die Wiedereinführung der Todesstrafe für Mord und andere schwere Straftaten ein. Dies brachte ihm den Spitznamen “Kopf-ab-Jaeger” ein. Mit seiner jüngsten Entscheidung, gerade jetzt kurzfristig zehn abgelehnte afghanische Flüchtlinge nach Kabul abzuschieben, hat Ralf Jäger, obwohl nicht verwandt und nicht verschwägert, seine Chancen signifikant erhöht, diesen zweifelhaften Ehrentitel von seinem Namensvetter zu übernehmen.
Angesichts einer militärisch immer schwierigeren Lage in Afghanistan, in der die Anschläge der Taliban und anderer religiöser Fanatiker täglich weiter zunehmen und die korrupte Regierung die Lage nicht unter Kontrolle hat, sind Abschiebungen dorthin mehr als problematisch. Bundesinnenminister de Maiziere räumt ein, dass zwei Drittel der Abgeschobenen sich haben nichts zu Schulden kommen lassen. Während ihnen zu Hause mit großer Wahrscheinlichkeit Gefahr für Leib und Leben drohen, wurden sie nicht abgeschoben, weil es dort jetzt sicher war, sondern, “um unser Asylsystem funktionsfähig zu halten”. Es ging also nicht um Menschen, sondern um ein politisches Zeichen. Toll, dass sich der Innenminister des rot-grün regierten Nordrhein-Westfalen mit zehn Flüchtlingen an dieser ruhmreichen politischen Aktion beteiligt hat!
Flüchtlinge wurden zu Geiseln der Abschiebepolitik, um der Fremdenfeindlichkeit und Hetze gegen Flüchtlinge nachzugeben. Ein barmherziges Geschenk der Nächstenliebe, das de Maizière und Jäger da der AfD, PeGiDa und NPD gemacht haben. Wer heute manchen Kommentar auf Tagesschau.de zur Aktion liest, kann feststellen, dass ihr viel Beifall aus der rechten Ecke sicher sein kann. Die Teilnahme des Innenministers von NRW ist mehr als ein koalitionspolitischer Affront gegen die Grünen, deren Flüchtlingspolitikerin Monika Düker aus Protest gegen diese Politik zurücktrat. Wer Düker kennt, die seit Jahrzehnten für eine humane Flüchtlingspolitik streitet und dem Innenministerium viele Kompromisse abgerungen hat, aber auch durchaus den Sozialdemokraten Zugeständnisse machen musste, der muss vor ihrer Entscheidung nicht nur Respekt haben. Sie muss alle, die in diesem Land noch einigermaßen human denken, wie es einmal für Nordrhein-Westfalen unter einem SPD-Innenminister Schnoor selbstverständlich war, wachrütteln. Dieser Innenminister ist eine politische Belastung – auch für die SPD.
Offensichtlich versucht Ralf Jäger ohne jedes Fingerspitzengefühl schon seit einiger Zeit, von seiner Mitverantwortung für die Kölner Silvesterkrawalle abzulenken, wie er es ja auch in Sachen Duisburger Loveparade getan hat. Indem er jede Chance nutzt, um sich als Abschiebeminister zu profilieren, aber auch durch andere Symbolik. Dabei geht es zumeist, wie bei der Einweihung der zweiten Maschinenpistole in allen Polizeifahrzeugen, wöchentlicher Kriminalstatistik oder “Wohnungseinbruchs-Monitor” nur um Show, Placebos und Effekthascherei. Ideen in der Migrationspolitik oder bei der Kriminalitätsbekämpfung sind seit Jahren bei ihm Fehlanzeige. Jetzt hat er sich auf Kosten von Flüchtlingen profiliert, die partout in ein vom Krieg gezeichnetes Land abgeschoben werden mussten, um Symbolpolitik im beginnenden Wahlkampf zu machen. Vielleicht sollte Jäger den nächsten Flug bereits für den 24.12. planen und jedem Abschübling zum Fest eine Tüte Aachener Printen mitgeben. Frauke Petry, Björn Höcke und ihre Mithetzer wird er so in Hochstimmung versetzen. Fröhliche Weihnachten, du christliches Abendland!
Dieser Text erscheint auch bei rheinische-allgemeine.de.
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