Natürlich bringt mich, wie jeden Gladbach-Fan, das Werben des Steuerkriminellen Uli Hoeness um Max Eberl zur Weißglut. Und ich kann darum mit Eberls Interview am Samstag im Aktuellen Sportstudio nicht zufrieden sein. Trotzdem bleiben Restzweifel, ob Hoeness’ Störmanöver erfolgreich enden kann, denn Eberl ist ein kluger Kopf. Ich versuche mal, mich in ihn reinzuversetzen.

Es wäre unvernünftig von Eberl, die alte Geheimagentenweisheit, die exakt identisch im nicht weniger kriminellen Fußballbusiness gilt, “Sag’ niemals nie!” zu vergessen. Darum seine Einsilbigkeit auf entsprechende Fragen. Seinen Buddy Hoeness, in alten Jugendfußballertagen liebgewonnen, und Eberl war damals keine Supertalent, sondern lebte auch schon als aktiver Fußballer von seinen charakterlichen Stärken, wollte er nicht öffentlich desavouieren. Die Antworten auf alle anderen Fragen waren aber durchaus erhellend.

In seiner Managerkarriere hat er sowohl bei Borussia Mönchengladbach, aber auch im gesamten Business einen Gipfel an gutem Ansehen und an Machtbefugnissen erreicht. Da will jeder nächste Schritt gut überlegt sein, denn sehr leicht könnte er abwärts führen. Mehr Geld als in Mönchengladbach lässt sich fast überall verdienen, aber kaum mehr fußballerischen Einfluss gewinnen. Bereits der BVB, der finanziell längst in einer anderen Liga spielt als Gladbach, holt sich Beulen beim Stossen an seinen Businessgrenzen. Man stelle sich nur mal als Fantasie vor: könnte der Job von Michael Zorc Eberl locken? Unter Watzke? Nein, das wäre keine Option.

Genau dieses Problem deutet Eberl im Interview sehr diplomatisch beim FC Bayern an. In extrem höflicher Ausdrucksweise erwähnt er die Namen Sammer und Nerlinger. Was die beim FC Bayern gemacht haben und waren, wäre für Eberl ganz sicher keine Option, jedenfalls keine attraktive. Hinzu kommt, dass er, das lässt er im TV natürlich unerwähnt, beim FC-Bayern-internen Machtkampf zwischen Rummenigge und Hoeness wahrscheinlicher Teil der Hoenessschen Verliererpartei wäre. Sanft deutet er an, dass er für Rummenigges “Revolution” der Großklubs gegen Fifa und Uefa keine Sympathien entwickeln kann. Damit repräsentiert er vermutlich 16-17 der 18 Erstligisten.

Obwohl: wenn der FC Bayern in seinen globale Weltligahimmel geschossen würde, vielleicht wäre die Bundesliga dann wieder weniger langweilig. Aber Eberl ist kein Utopist sondern Realist. Der Job, der ihn zum FC Bayern locken könnte, müsste erst noch erfunden werden. Und dafür, hoffe ich, reicht Hoeness’ Macht nicht mehr aus. Wo sonst halten einem Manager Leute vom Format eines Rainer Bonhof und Hans Meyer so teamorientiert und uneitel den Rücken frei? Das hat Hoeness selbst in seinen besten Zeiten nicht vermocht. Das ist Lebensqualität, die mehr wert sein kann als Geld.

Helmut Grashoff, der Lübecker, hat den Verein als Manager überhaupt zu einem Erstligisten gemacht, in einer Stadt, die ausser Fußball eigentlich nichts hat; das Stadttheater wurde schon vor Jahren liquidiert. Rolf Rüssmann, der Schalker, hat den Bau des Borussiaparks vorangeschoben, weitgehend skandalfrei und damit anders als fast überall woanders; Rüssmann habe ich noch bei der Lobbyarbeit, der erfolgreichen, in der Landtagskantine gesehen. Und Eberl sichert in einer ökonomisch unfassbar turbulenten Phase an diesem strategisch eigentlich lächerlichen Standort die Erstligatauglichkeit. Welche größere Lebensleistung eines Fußballmanagers ist denn überhaupt denkbar?

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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