Die wenigsten wissen das: Kommunalpolitiker*innen, soweit sie von uns selbst gewählt wurden, sind, mit Ausnahme des Oberbürgermeisters, Amateure. Mitglieder des NRW-Landtages und des Bundestages bekommen nicht nur eine “Diät”, von der es sich gut leben liesse, sondern sogar mehr (Bundestag) oder weniger (Landtag) bezahlte Angestellte, die sie für sich arbeiten lassen können; kein Vergleich zu den staatlichen Verwaltungen mit Beamtenheerscharen, die sie kontrollieren sollen, aber immerhin.

Kommunalpolitiker*innen dagegen haben zwar auch Angestellte, sofern sie einer Fraktion angehören. Ich war selbst so einer. Sie selbst kriegen jetzt auch bescheiden mehr Geld, wie ihnen im Juli durch ein Schreiben des Ratsbüros der Bonner Stadtverwaltung übermittelt wurde:

“Betreff: Dritte Verordnung zur Änderung der Entschädigungsverordnung

Sehr geehrte Damen und Herren,

aufgrund der Dritten Verordnung zur Änderung der Entschädigungsverordnung, veröffentlicht im Gesetz- und Verordnungsblatt NRW Nr. 23 vom 05.07.2017, verändern sich zum 01.08.2017 die Aufwandsentschädigungen sowie die Sitzungsgelder wie folgt:

Stadtverordnete: Aufwandsentschädigung erhöht von 382,30 € auf 395,30 €
Sitzungsgeld erhöht sich von 19,60 € auf 20,30 €

Bezirksverordnete:
BV Hardtberg Aufwandsentschädigung erhöht sich von 201,40 € auf 208,40 €

BV Beuel und
BV Bad Godesberg Aufwandsentschädigung erhöht sich von 230,20 € auf 238,00 €

BV Bonn Aufwandsentschädigung erhöht sich von 259,20 € auf 268,00 €

Ausschussmitglieder: Sitzungsgeld erhöht sich von 34,50 € auf 35,70 €

Diese Beträge machen deutlich: ganz schön, nicht schlecht als Bonus, aber leben lässt sich davon nicht. Zu was das politisch geführt hat, habe ich hier vor knapp 10 Jahren schon analysiert. Die Qualität unseres politischen Personals ist parteiübergreifend so schlecht geworden, dass diese Beträge vervielfacht, und, um das finanzierbar zu machen, die Zahl der gewählten Mandatsträger*innen verringert werden müsste. Nur dann bewerben sich vielleicht wieder engagiertere und qualifiziertere Menschen für ein demokratisches Wahlamt. Eine Bestenauslese ist eine Wahl heute jedenfalls nicht (mehr).
Trickreiche Mandatsträger*innen werden heute gerne Multifunktionär*innen, also Stadtratsmitglied und Bezirksvertretungsmitglied, oder Fraktionsvorsitzende*r und Bezirksbürgermeister*in, letztere erhalten erhöhte Sätze, ebenso die den OB vertretenden ehrenamtlichen Bürgermeister*innen. Richtiges Geld gibt es aber erst in Aufsichtsräten (Sparkasse, Stadtwerke, Wohnungsbaugesellschaft etc.), hiervon “müssen” aber die meisten Einnahmen (an die eigene Partei) gespendet werden. Letzteres zu erzwingen wäre verfassungswidrig, darum geschieht das selbstverständlich “freiwillig”. Nur Mitglieder, die keine Wiederwahl und keine Wiederaufstellung durch ihre Partei mehr anstreben, verzichten bisweilen gerne auf diese Spendierfreude. Richtig reich werden in einer Stadt jedoch nur die Geschäftsführer/Intendanten etc. städtischer Unternehmen. Bestbezahlter städtischer Angestellter in Bonn war z.B. der langjährige Geschäftsführer des Städtischen Gebeäudemanagements Friedhelm Naujoks, in dessen Zuständigkeit seinerzeit auch das skandalumwitterte WCCB fiel.

Zwar sind die nächsten Kommunalwahlen in Bonn erst 2020. Sie können aber auch selbst jederzeit Ausschussmitglied (s.o.) werden, wenn ein gewähltes Mitglied, was immer mal vorkommt, zurücktritt, und die betreffende Fraktion sich von Ihnen überzeugen lässt, Sie dafür vorzuschlagen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net