Katalonien hat gewählt. Eine oktroyierte Wahl zwar. Und Spitzenkandidaten einzelner Parteien sitzen im Knast oder im ausländischen Exil. Was an das Ende der Weimarer Republik erinnert (wo es der KPD ähnlich erging), oder an Demokratiezustände ähnlich der Türkei (HDP), wird in der EU und in Deutschland als für Spanien “verfassungsgemäss” angesehen. Und es lässt sich festhalten: die Katalan*inn*en scheint das in ihrer Wahlentscheidung nicht wesentlich beeinflusst, oder sie sogar zusätzlich demokratisch mobilisiert zu haben. Deutschen Beobachter*inne*n sollte das in erster Linie Respekt abnötigen.
Unsere Leit- und Qualitätsmedien scheinen nun aber Probleme zu haben, eine handwerkliche saubere Wahlberichterstattung abzuliefern. Dazu würde für mich gehören: Auflistung aller kandidierenden Parteien, ihrer absoluten Stimmenzahl, ihrer Prozentanteile an den abgegebenen Stimmen, ihre errungenen Parlamentssitze, und an allen genannten Stellen der Vergleich zum Ergebnis der Wahl zuvor. Daran scheinen die meisten zu scheitern.
Spurenelemente solcher Angaben habe ich heute immerhin in der Jungen Welt und bei Telepolis (durch Chefredakteur Rötzer persönlich) gefunden. Während die Berichterstattung hierzulande grosses Gewicht auf die Ciudadanos als stärkste Einzelpartei legt, wird kaum auf die Skurrilität hingewiesen, dass die Partei des spanischen Regierungschefs Rajoy, die postfranquistische PP in Katalonien nurmehr den Status einer Sekte errang. Lernen daraus will er offensichtlich, wie bei Sekten üblich, absolut nichts. Auch zu diesem Phänomen berichtet die Junge Welt aus aktueller Forschung, u.a. In Israel. Und aufgrund solcher Erkenntnisse lassen moderne Herrschende, ohne uns damit übermäßig intellektuell zu belästigen, an „Nudging“ forschen; im Kanzleramt ist das „State of The Art“. Und wenn die EU angesichts spanisch-katalanischen Situation, gemäss dem Bonmot unserer Kanzlerin, nicht erkennen kann, was sie ändern sollte, wird das in Kürze zu ähnlichen Desastern führen, wie Rajoy es in Katalonien jetzt beschert bekam.
Die Junge Welt war heute insgesamt eine interessante Quelle. In Berlin gabs eine Konferenz für eine linke Wohnungspolitik. Im Zentrum der praktischen Politik, so erfuhr ich es bereits im November bei einem Berlin-Aufenthalt, scheint der Grüne Kreuzberger Baustadtrat Florian Schmidt zu stehen. Nach meinem aktuellen Eindruck ein Mann, den wir uns merken sollten.
Auch interessant, aber gleichzeitig dramatisch unwichtig, wie sich Teile der Linkspartei, darunter nicht wenige politische Freund*inn*e*n von Sahra Wagenknecht – laut Spiegel-online “Die mächtigste Frau Deutschlands – in Talkshows” – und Oskar Lafontaine, also des laut Jungle World “rechten Flügels der Linken”, von einem Streit um die Medienfigur Ken Jebsen binden lassen. Ein Fall für die Paranoia-Forschung.
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