Heute abend wird der NDR (“Panorama” 6.2. 21:15 Uhr) die Ergebnisse beunruhigender Studien über multiresistente Keime in Gewässern berichten. Danach sind noch wesentlich aggressivere Keime, als man sie von ihren bekannten multiresistenten Geschwistern in Krankenhäusern bereits kennt und gegen die nur noch wenige Notfallantibiotika helfen, längst in der Umwelt und vielen Gewässern zu finden. Ursache scheint der in Deutschland im Unterschied etwa zu den Niederlanden völlig unsinnige und exzessive Einsatz von Antibiotika und zwar nicht nur in der Medizin, sondern auch und gerade in der Massentierhaltung zu sein. Wenn es stimmt, was die NDR-Recherchen ergeben haben, dann bahnt sich langsam aber sicher eine gesundheitliche Krise erster Güte an, die unabsehbar viele Menschenleben mittelfristig gefährden kann. Und dies nur, weil die konventionelle Landwirtschaft und insbesondere die Massentierhaltung von Schweinen und Geflügel zu einem El Dorado einer gewissenlosen Argar-Chemie-Mafia geworden sind, die bedenkenlos um der Profite und billigen Fleisches willen Gesundheit und Leben der Bevölkerung aufs Spiel setzt.
Kumpanei von Staat und Profitinteresse
Wie kann es eigentlich sein, dass Colistin, eines der letzten Notfall-Antibiotika, das in Krankenhäusern in Stahlschränken verschlossen wird, weil es nur im äußersten Fall denjenigen Patienten verabreicht werden darf, bei denen keine anderen Medikamente mehr anschlagen, bereits großflächig in der Tiermast eingesetzt wird und damit über Gülle in die Umwelt gelangt? Wie skrupellos muss eigentlich eine Chemieindustrie sein, die Bauern ein solches Notantibiotikum massenhaft verkauft? Und wie dumm, blind oder wirkungslos sind die zuständigen Aufsichtsbehörden, dass sie einem solchen verbrecherischen Treiben zusehen, sich für unzuständig (BML) erklären oder Unwissenheit (BMU) zugeben müssen? Wie schon beim Dieselskandel, wo alle Aufsichtsbehörden versagt und den Kopf in den Sand gesteckt haben, bis – in diesem Fall amerikanische – Behörden von Drittländern und Nichtregierungsorganisationen die jahrelange Vertuschung aufgedeckt haben, scheint sich hier ein weiteres “schwarzes Loch” der Kumpanei von Staat und Profitinteresse zulasten der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger aufzutun.
Personifizierter Skandal: Landwirtschaftsminister Schmidt
Wer die Verantwortichen sind – wahrscheinlich handelt es sich am Ende wieder um das “individuelle Versagen von Einzeltätern” – muss schnellstens ans Licht gebracht und die unsägliche Praxis, Notfallantibiotika in der Tiermast einzusetzen, sofort eingestellt und nötigenfalls gesetzlich verboten werden. Denn das scheint bisher wohl völlig legal zu sein. Mit der Zustimmung zur Verlängerung der Genehmigung von Glyphosat bei der EU hat Landwirtschaftsminister Christian Schmidt schon einmal gezeigt, dass er nichts anderes ist, als eine willfährige Marionette der Chemieindustrie. Sollte dieser Mann dem nächsten Kabinett der GroKo angehören, wäre es ein Skandal an sich. Sollte er ausgewechselt werden, ist noch lange nicht gewährleistet, dass sich etwas ändert. Denn schon früher haben Politiker wie der ehemalige grüne Umweltminister Remmel in NRW auf die Gefahren des massiven Einsatzes von Antibiotika hingewiesen. Zu ihrer erfolgreichen Eindämmung unternommen wurde von der alten GroKo auf bundesebene: NICHTS.
Unsere Regierung schützt uns nicht
Das zuständige Umweltministerium schrieb dem NDR, das derzeitige Wissen zur Verbreitung von Resistenzen über die Umwelt sei “nicht ausreichend”. In Niedersachsen ist die Agrarlobby gerade wieder glücklich, dort einen engagierten und zäh gegen die Massentierhaltung kämpfenden grünen Umweltminister los geworden zu sein. Alarmierend ist, dass nach dem Dieselskandal ein weiteres mal deutlichen wird, dass ein von der GroKo regierter Staat seine Schutzfunktion gegenüber der Gesundheit der Menschen offenbar nicht mehr erfüllen kann oder erfüllen will.
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