Der GA stellt heute kurz die 20-jährige Abigail Odoom vor, die an einem Casting-Wettbewerb des niedergehenden TV-Senders Pro7 teilnimmt. Als Jugendliche hat sie es wohl schon mal mit guten Ergebnissen in der Leichtathletik versucht, eine schöne, aber auch unter abnehmender Beachtung leidende Sportart.
Dass Frau Odoom ihr Business mit Freund und Schwester betreibt, erhöht die Wahrscheinlichkeit eskalierender Konfliktquellen. In dem Wettbewerb, in den sie geht, ist die Wahrscheinlichkeit von Essstörungen besonders hoch. Das ist so schrecklich, dass es keiner der Damen zu wünschen ist. Dem Sender und den Businessfirmen drumherum ist das so lange egal, so lange die Damen äusserlich funktionieren. The show must go on, egal, wer wie dabei auf der Strecke bleibt. Verantwortung für die träumenden jugendlichen Zuschauer*innen: exakt 0. Wir können nur hoffen, dass die teilnehmenden Ladies soviel Selbst- und Strategiebewusstein besitzen, dass sie sich danach von den Gierhälsen um sie herum nicht zu Wurst verarbeiten lassen.
Ein apodiktisches Negativurteil liegt mir allerdings ebenfalls fern. Extradienst-Gastautor Bernd Gäbler hatte in früheren Studien schon mal hervorgehoben, dass die Castingshows als Teil des gesamten Entertainments, ebenso wie z.B. Leistungssport, vor allem Fußball, Optionen für junge Menschen mit äusserlich erkennbarem Migrationshintergrund sind, einen gesellschaftlichen Aufstieg und öffentlich sichtbare Repräsentanz zu erreichen, die ihnen in den meisten anderen Sektoren verwehrt oder mindestens viel stärker erschwert wird. Die Aussichten, dass sich daran was bessert, sind aktuell besonders schlecht.
Dass Frau Odoom sich auf so alte Medien wie TV und gedruckte Lokalzeitung orientiert, kann ausserdem ein Symptom für eine Mainstreaming-Strategie sein; sie will auch ihren Eltern und Grosseltern gefallen.
Im Zweifel besser nicht nachmachen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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