von Peter Wahl

Der Erfolg von La France Insoumise
ist auch deshalb von besonderem Interesse, weil er in einer Phase intensiver Debatten über Grundfragen linker Politik zustande kam. Er steht am Schnittpunkt von Diskussionssträngen, wie:
• dem Verhältnis von linker Klassenpolitik zu den Themen neuer sozialer Bewegungen wie der Umwelt-, der Frauen- oder der globalisierungskritischen Bewegung,
• dem Stellenwert identitätspolitischer Themen, wie sexuelle Minderheiten, Ethnizität, Nation oder Anti-Rassismus in linker Politik,
• dem Spannungsfeld Kosmopolitismus – Kommunitarismus (s. Nölke 2017: 77 ff),
• der Organisationsfrage und der nach dem Subjekt politischer Veränderung,
• der Debatte um den sog. „Linkspopulismus.“

LFI positioniert sich explizit oder implizit zu all diesen Fragen und versteht sich damit auch als Reaktion auf die Krise der Linken, wie sie sich im Niedergang der kommunistischen Bewegung seit den achtziger Jahren, dem Verfall der radikalen Linken und in jüngerer Zeit dem Absturz der PS manifestierte (Aguiton 2017: 7ff.).

LFI – ERGEBNIS EINES STRATEGISCHEN SUCHPROZESSES

Konzept und Strategie von LFI sind nicht mit einem Schlag entstanden, sondern das Ergebnis eines zehnjährigen Suchprozesses und Experimentierens mit unterschiedlichen Ansätzen. Begonnen hatte er mit der Gründung der Linkspartei (Parti de Gauche – PdG) im Februar 2009, also noch in der Ära Sarkozy. Entscheidendes Motiv war die Ablehnung der Annäherung der PS an die neoliberale Politik vom Typus New Labour. Solche Parteineugründungen sind keine französische Besonderheit. Auch die deutsche Linkspartei ist in dieser Zeit und aus ähnlichen Motiven entstanden.
Als nächster Schritt folgte dann im Hinblick auf die Wahlen zum Europaparlament 2009 die Bildung der Front de Gauche (Linksfront), deren Kern KP und Parti de Gauche bildeten. Außerdem wurden ein halbes Dutzend andere linke Strömungen einbezogen, darunter Abspaltungen der trotzkistischen NPA (Nouveau Parti Anticapitaliste), sowie linke Grüne und Linksalternative.

Der erste Test waren die Wahlen zum EU-Parlament 2009. Das Ergebnis war mit 6,1% enttäuschend. Da die KP bei den Europawahlen davor auch ohne Partner schon 5,9% erzielt hatte, konnte von einem neuen Impuls nicht die Rede sein. Mélenchon wurde damals Europa-Abgeordneter und die Parti de Gauche Mitglied der linken Fraktion GUE/NGL im EP.

Dennoch zog die Front de Gauche mit Mélenchon als gemeinsamem Kandidat in die Präsidentschaftswahlen 2012. Das Ergebnis von 11 Prozent – knapp vier Millionen Stimmen – war zwar respektabel, aber von einem Aufbruch konnte wieder nicht die Rede sein. Mélenchon und sein Team begannen nach einer neuen Strategie zu suchen. Gleichzeitig brachen immer mehr inhaltliche und strategische Differenzen zwischen den Partnern auf (s. Seite 25). Im Februar 2016 zog Mélenchon daraus die Konsequenz, gründete La France Insoumise und kündigte ohne Einbeziehung der Partner seine Präsidentschaftskandidatur an. Das war zugleich eine Absage an die klassische Bündnispolitik der Linken. „Die Front de Gauche ist gescheitert,“ so auch Eric Coquerel im Interview.

Hier gibt es eine deutliche Parallele zu PODEMOS oder auch zu Syriza in ihrer Anfangsphase. Beide trennten sich ebenfalls von den traditionellen Formen linker Parteien und linker Bündnispolitik. Mélenchon spitzt dies noch zu, indem er der Linken in ihrer gegenwärtigen Verfassung Harmlosigkeit vorwirft: „Das System hat keine Angst vor der Linken, sondern vor dem Volk!“ (Mélenchon 2014: 32).

THINK BIG!

An dieser Stelle wird ein entscheidender Impuls der Strategie Mélenchons sichtbar: Er gibt sich nicht mehr mit der traditionellen Politik der Einheit der Linken zufrieden, sondern will über das linke Potential hinaus neue Wählerschichten erschließen. Er will ganz vorne mitspielen und denkt in Kategorien eines großen Wurfs – think big! Und er will es jetzt.
Begründet wird dies zum einen mit dem Argument einer außergewöhnlichen historischen Konstellation: „Es gibt keine Krise. Es gibt eine fundamental neue Situation in der Menschheitsgeschichte. Eine wirkliche Weggabelung.“ (Mélenchon 2014: 11). Er greift mit dem Begriff „große Regression“ den Titel eines vielbeachteten Buches auf, mit dem Jacques Généreux, Professor an der Elite-Uni Scienes Pô16 den Charakter der Epoche beschreibt (Généreux 2010) und warnt: „Wir stehen alle mit dem Rücken zu Wand.“ (ibid. 12). Daraus ergäbe sich die Notwendigkeit nach neuen Wegen für eine emanzipatorische Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse zu suchen. Zum anderen wird die Erfolglosigkeit herkömmlicher linker Politik ins Feld geführt.

Allerdings ist es LFI nicht wirklich gelungen, über die Wählerschaft der Linken hinaus zu kommen, wenn man den subalternen Sektor der PS-Klientel in die Rechnung miteinbezieht. Addiert man das Ergebnis von Hamon und Mélenchon kommt man auf die gleiche Größenordnung, die das linke Lager unter der Hegemonie der PS hatte. Allerdings ist die Hegemonie im Lager jetzt an LFI übergegangen. Auf die deutsche Situation übertragen wäre das so, als ob die Linkspartei 20% holt und die SPD 8%.
Dennoch ist der Erfolg Mélenchons ein Aufbruch. Deshalb steht LFI gleichzeitig auch für einen Bruch mit dem Alten. Um das zu wagen, bedarf es auch der Bereitschaft zum Risiko und der entsprechenden Entschlusskraft. Mélenchon war bereit das Risiko einzugehen.

LFI, KOMMUNISTISCHE PARTEI UND BÜNDNISPOLITIK

Bruch mit dem Alten bedeutete auch Bruch mit einer Bündnispolitik, die als Parteienkartell definiert war. Darin spielte die Kommunistische Partei eine wichtige Rolle. Bruch mit diesem Typus Bündnispolitik bedeutet daher auch Bruch mit der KP. Eric Coquerel sagt im Interview auch klipp und klar: „Unsere Beziehungen zur Führung der Kommunistischen Partei sind sehr schlecht. Was anderes ist es mit der Basis der KP, wo viele Aktive bei La France Insoumise mitmachen,“ (Interview Coquerel 2017).

Die KP war in der Nachkriegszeit für vier Jahrzehnte das Gravitationszentrum der französischen Linken und besaß darüber hinaus eine enorme Ausstrahlung in die gesamte Gesellschaft. Seit Mitte der 80er Jahre begann jedoch ein dramatischer Abstieg. Heute ist die Partei trotz eines halben Dutzends Versuche zum Neustart, zur Neugründung, zum Relaunch nur noch ein Schatten ihrer selbst (Bernier 2014: 166 ff). Die Frage stellt sich, ob sich das Potential der Partei nicht historisch
erschöpft hat: „Die KP hat keine Perspektive mehr. Sie will nur noch überleben. Sie hat keine Strategie mehr für die Zukunft,“ (Interview Aguiton 2017). Dennoch spielt die KP auch heute noch eine Rolle, die über ihr rein zahlenmäßiges Gewicht bei Wahlen hinausgeht. So sind eine relativ große Mitgliederzahl – der Parteivorsitzende nennt die Zahl von „fast 110.000“ (Laurent 2017) – sowie deren hohe Einsatzbereitschaft eine Ressource, die ihr noch immer beträchtliche Mobilisierungsfähigkeit auf außerparlamentarischem Terrain verleiht. Dazu verfügt sie über einige Hochburgen, vor allem in staatlichen Unternehmen und auf kommunaler Ebene. Das ermöglichte es ihr bisher, durch geschickte Bündnispolitik mit der PS auch immer wieder mit einer Fraktion in die Nationalversammlung einzuziehen.

Die KP hat die Präsidentschaftskandidatur Mélenchons unterstützt. Allerdings war dem eine längere interne Auseinandersetzung vorausgegangen. Ein erster Vorstoß des Parteivorsitzenden zur Unterstützung Mélenchons wurde zunächst abgelehnt. Aus Sicht der KP erhob Mélenchon mit der Erklärung seiner Kandidatur einen illegitimen Führungsanspruch. Nach heftigen internen Debatten entschied sich eine Mehrheit von 53,6% dann doch noch seine Kandidatur zu unterstützen.

Neben programmatischen Unvereinbarkeiten (s. Kapitel 3) entzündete sich der tiefste Widerspruch am Verhältnis zur PS. Mélenchon tritt für eine klare Abgrenzung von der PS ein. Mit ihrem neoliberalen Kurs habe die PS die Seiten gewechselt. Die Linke müsse daher einen klaren Gegensatz zur neoliberalen Sozialdemokratie markieren und sich vom Image befreien, selbst Teil des politischen Establishments zu sein.

Die KP war dagegen nicht bereit, die Brücken zur PS abzubrechen. Sie ist während der Legislatur Hollandes bei Kommunal- und Regionalwahlen in mehreren Städten und Regionen nicht mit der Front de Gauche angetreten, sondern ging Bündnisse mit der PS ein. Die Folge war, dass die Front de Gauche bei mehreren Kommunal- und Regionalwahlen ein gespaltenes Bild abgab.
Mancherorts war die KP Teil des Bündnisses, in anderen Fällen, u.a. bei den Kommunalwahlen 2014 in Paris, trat sie im Bündnis mit der PS an.

Dabei spielten nicht nur inhaltliche Differenzen eine Rolle. Die KP braucht vor allem auf kommunaler Ebene die Zusammenarbeit mit der PS aus ganz trivialen Gründen. Wie bereits erwähnt, verzerrt das französische Wahlsystem oft das Votum der Wähler. Zwar ist ihr Rückhalt in der Fläche sehr gering geworden (s. Tabelle), aber in ihren verbliebenen Hochburgen gibt es zwischen erstem und zweitem Wahlgang Verhandlungen zwischen den Parteien darüber, wer bei der Stichwahl auf die Kandidatur verzichtet bzw. wer für das ganze Lager ins Rennen geht. Auf diese Weise gelingt es der KP, in ihren Hochburgen Kommunisten als Kandidaten der gesamten Linken zum Bürgermeisteramt oder zu einem Sitz in der Nationalversammlung zu verhelfen.

Gleichzeitig bedeutet dies, dass die Partei auch Zugriff auf Ressourcen erhält, die mit den Ämtern verbunden sind. Nach eigenen Angaben verfügt sie über 7.000 lokale und regionale Mandatsträger (Laurent 2017). Damit sichert die KP auch zu einem großen Teil ihren Apparat und ihre materielle Existenz ab. Es geht bei dem Konflikt also weniger um persönliche Animositäten oder unilaterale Führungsansprüche – das mag wie meist in solchen Fällen auch eine Rolle spielen – vielmehr prallen hier in erster Linie existentielle Probleme der KP auf die grundlegend andere strategische Orientierung von LFI. Dadurch wird die Sache zum harten Interessensgegensatz, der sich weder durch einseitige Schuldzuweisungen noch durch gutgemeinte Appelle an die Einheit der Linken aus der Welt schaffen lässt. Allerdings wird die Krise der PS die Bündnisoptionen der KP zukünftig einschränken.

Das Problem schwelt auch nach der Präsidentschaftswahl weiter. Bei der Nationalratswahl traten trotz Druck von der Basis beide in fast allen Wahlkreisen getrennt an. Die Bündnisfrage ist daher auch für LFI immer wieder eine Belastung. So tritt bei den Regionalwahlen in Korsika, im Dezember 2017 eine gemeinsame Liste von LFI, KP und unabhängigen Linken gegen den Willen Mélenchons an. Zwar findet Zusammenarbeit in konkreten Fällen immer wieder statt, aber an der Tatsache, dass beide bei Wahlen politische Konkurrenten sind, wird sich auf absehbare Zeit nichts ändern. Die nächste Zuspitzung wird sich bei den Wahlen zum EU-Parlament 2019 ergeben.

BEWEGUNG STATT PARTEI

Ein anderes wichtiges Terrain, auf dem LFI einen Bruch vollzogen hat, war die Aufgabe der parteiförmigen Organisation und deren Ersetzung durch die einer Bewegung.19 Außergewöhnlich sind Bewegungen in Frankreich nicht. Im Zuge der Krise des politischen Systems ist die Akzeptanz der Parteien drastisch gesunken. Deshalb wurde auch schon früher der Bewegungsgedanke bemüht, allerdings nur im rechten Spektrum. Dort gibt es schon immer einen autoritären Affekt gegen Parteien. Diese rechts-konservativen Bewegungen waren immer fassadenhafte Veranstaltungen, die es dem jeweiligen Spitzenpersonal erlaubten, ohne allzu großen Aufwand an internen demokratischen Prozeduren vorbei eine autoritäre Politik zu praktizieren. Das jüngste Beispiel für diesen Typus von Bewegung ist La République en marche, mit der Emmanuel Macron seinen Wahlerfolg erzielte. Die Mitglieder sind dabei nur Manövriermasse für die Person oder die Gruppe an der Spitze.

Warum gibt es aber jetzt eine linke Bewegung? Und ist sie mehr als die Manövriermasse des Mannes an der Spitze? Als Ausgangspunkt für die Bewegungsstrategie verweist Manuel Bompard im Interview auf folgende Faktoren:
• das klassische Parteienkonzept sei Ausdruck einer gesellschaftlichen Situation, in der es klar umrissene Klassenstrukturen und gesellschaftliche Milieus gegeben habe. Heute dagegen haben sich diese sozialen Kategorien durch den Strukturwandel des Kapitalismus, durch Individualisierung und Urbanisierung stark verändert, die alten Milieus haben sich aufgelöst;
• stattdessen bildeten sich in den urbanen Zentren neue Milieus, mit neuen Kulturen und Kommunikationsformen;
• die herkömmlichen Praktiken des Parteiensystems haben sich zunehmend von der Gesellschaft abgekoppelt. Es gäbe immer weniger Durchlässigkeit („porosité“) zwischen Parteien und Bürgern. Die innerparteiliche Demokratie sei ritualhaft entleert, bürokratisch erstarrt und immer weniger in der Lage, die Interessen aus der Gesellschaft und hier insbesondere die der subalternen Klassen zu artikulieren. Zu viel Energie würde in innerparteilichen Verfahren und Machtkämpfen absorbiert und fehle dann für die Aktion nach außen.

Um an Wahlen teilzunehmen, musste LFI sich allerdings formell als Partei registrieren lassen und unterliegt insofern auch dem französischen Parteiengesetz. Dazu gehört auch, dass LFI wie alle anderen Parteien, eine staatliche Finanzierung erhält, die sich nach der Anzahl der erreichten Stimmen richtet.

Seit langem ist zu beobachten, dass immer weniger Menschen – und vor allem kaum noch Jüngere – bereit sind, sich dauerhaft in festen Organisationsstrukturen zu engagieren. In der Tat betrifft das die Parteien aller Couleur, ebenso wie Gewerkschaften, Kirchen und Verbände. Dies ist nicht nur ein französisches Phänomen, sondern findet sich in allen Industrieländern. Die Bewegungsstrategie versucht darauf eine Antwort zu finden. Sie soll als niedrigschwelliges Angebot wieder mehr politisches Engagement ermöglichen, ohne das Ausmaß an Verbindlichkeit, ohne den organisatorischen Aufwand, die formalen Prozeduren und demokratischen Defizite traditioneller Parteien.

Völlig neu sind solche Überlegungen nicht. Schon in den siebziger Jahren haben die deutschen Grünen im Gefolge der 68er Bewegung mit basisdemokratischen Verfahren wie Trennung von Amt und Mandat, Rotation u.a. experimentiert. Auch die etablierten Parteien suchen nach Mitteln, der Parteienverdrossenheit etwas entgegenzusetzen, z.B. durch parteiinterne Urwahlen oder durch öffentliche Vorwahlen wie 2017.

Vieles vom Bewegungskonzept bei LFI ist inspiriert von sozialen Bewegungen wie der Globalisierungskritik oder Occupy. Bompard bezieht sich auch ausdrücklich auf die Bewegung „Nuit debout,“ die 2016 mit nächtlichen Platzbesetzungen in zahlreichen Städten vor allem junge Leute mobilisierte und dabei mit alternativen Entscheidungsverfahren experimentierte. So wurden z.B. Abstimmungen mit der Begründung abgelehnt, dass sie die Bewegung in Mehrheiten und Minderheiten spalteten. Stattdessen wurden Konsensverfahren praktiziert.

Die Beispiele zeigen, dass es durchaus eine emanzipatorische Kritik an den Defiziten der klassischen Parteiorganisation gibt, die sich von jenen der politischen Rechten unterscheidet. Rechte Bewegungen wollen Demokratie minimieren, linke wollen mehr Demokratie. Letzteres ist der Anspruch von LFI. Um zu sehen, wie weit er eingelöst wird, werfen wir einen Blick auf die Organisationsstruktur von LFI.

ORGANISATIONSSTRUKTUR

Die Grundform der Organisationsstruktur ist die einfache Mitgliedschaft, die durch einen Mausclick zustande kommt. Man musste dazu nur auf der Homepage von LFI seine Unterstützung für die Kandidatur Mélenchons und die Unterstützung der Programmatik bestätigen. Das haben ca. 500.000 Unterstützer getan. Ein Mitgliedsbeitrag wird nicht verlangt und es wird kein Mitgliedsausweis ausgegeben. Bei strategischen Entscheidungen wird eine Online-Abstimmung vorgenommen. Das geschah z.B. bei der Verabschiedung des Programms, der Entscheidung über die Wahlempfehlung für die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen oder im Vorfeld des ersten Konvents im November 2017, wo über zukünftige Kampagnen und Organisationsprinzipien entschieden wurde.

Die zweite Komponente bilden die sog. Aktionsgruppen (groupes d’action). Sie sind das Rückgrat der Handlungsfähigkeit der Bewegung nach außen. Im Wahlkampf gab es 5.000 solcher Gruppen. Jeder der sich LFI zugehörig fühlt, kann eine solche Gruppe gründen, wenn er das Programm und einige wenige Regeln akzeptiert. Auch Mitglieder von Parteien, politischen Netzwerken und NGOs sind willkommen. Die Gruppe kann autonom entscheiden, welche Themen sie aufgreift (im Rahmen der Gesamtprogrammatik, versteht sich) und mit welchen Aktionsformen sie das tut. Auf dieser Ebene ist viel Einzelinitiative möglich und das Ganze ähnelt sehr einer Bürgerinitiative oder einer Lokalgruppe von Attac.

Intermediäre Strukturen auf städtischer, DépARTEments- und regionaler Ebene, also Orts- und Landesverbände und die dazu gehörigen Parteiapparate gibt es nicht, sondern die nächste Ebene ist die nationale. Dort ist die dritte Komponente angesiedelt, die sog. „Räume“ (espaces). Das sind derzeit fünf Komitees oder Arbeitsgruppen, die funktional definiert sind:
• die Programmgruppe, zuständig für das inhaltliche Profil von LFI,
• die operative Equipe, zuständig für technische und organisatorische Fragen,
• die Parlamentariergruppe, d.h. die Fraktion in der Nationalversammlung,
• der „espace politique,“ ein Beratungsgremium für die Parteien und
Organisationen, die LFI, unterstützen,
• der „espace des luttes“ für den Austausch und die Koordination bei
Aktionen und Aktionsformen.

Diese Räume sind sehr unterschiedlich entwickelt und man sieht ihnen an, dass sie unter dem Druck eines Wahlkampfes entstanden sind. So ist z.B. die operative Equipe ihrerseits wieder sehr professionell in zehn Untergruppen differenziert, darunter Management nationaler Großveranstaltungen, Sicherheit, Logistik, Videoproduktionen, Internet-Plattform und soziale Medien. Auch die Programmgruppe unter Leitung des o.g. Jacques Généreux ist sehr ausdifferenziert. Demgegenüber existieren espace politique und espace des luttes bisher nur als Ankündigung auf der Homepage, mit dem Verweis, dass demnächst ein Konzept dafür veröffentlicht würde.

Eine wichtige Frage ist, wie die Verknüpfung zwischen den ersten beiden Elementen der Organisationsstruktur und der nationalen Ebene zustande kommt. Denn ein formelles Verfahren der Delegation von unten nach oben existiert nicht (ausgenommen die Kandidatenkür bei den Wahlen). Auch die Räume sind offen für jeden, der mitarbeiten will. Allerdings wurden Schlüsselpositionen zu Beginn der Konstituierung von Mitgliedern der Parti de Gauche besetzt. Sie bildeten quasi einen Kristallisationskern, um den herum sich dann die Gruppe für die Start-up- Phase bildete.

Unter Demokratiegesichtspunkten besteht hier ein Legitimationsdefizit. Für die kurze Zeit eines Wahlkampfes und für das sehr klar definierte Ziel, maximale Wahlergebnisse zu erzielen, also eine Art Ein-Punkt-Bewegung, mag das funktionieren.
Ob das aber auf Dauer möglich ist, steht auf einem anderen Blatt. Schon jetzt wurde an der Basis Unzufriedenheit artikuliert, und gefordert, dass die Probleme in Angriff genommen werden (Jardinaud 2017). Auch aus der Strömung Ensemble in der Front de Gauche, die LFI mit kritischer Solidarität unterstützt, heißt es: „Hier liegt ein ungelöstes Problem. Wenn es nicht gelöst wird, besteht das Risiko von Konflikten und des Zerfalls der Bewegung.“ (Interview Cukier 2017).

Aus den Interviews mit den Vertretern von LFI geht hervor, dass man sich der Probleme bewusst ist. Die bisherigen Strukturen und Verfahren gelten nicht als definitiv. Coquerel sagt, dass man sich dabei „vortastet“ („nous tâtons“). Struktur und Verfahren sollen im Lichte der bisherigen Erfahrungen weiter entwickelt werden – quasi als Work in Progress. Eine nächste Etappe soll die erste große Zusammenkunft nach den Wahlen, ein Konvent (convention) Ende November 2017 sein.

Bei der Auswahl der Kandidaten für die Wahlen zur Nationalversammlung gab es allerdings ein Verfahren, das die lokale Ebene mit der nationalen verknüpfte: wer kandidieren wollte, musste sich einer Versammlung von LFI-Mitgliedern eines Wahlkreises vorstellen. Gab es mehrere Kandidaten, wurde nicht abgestimmt, sondern ein Konsens für einen gemeinsamen Vorschlag gesucht. Der daraus entstandene Vorschlag wurde dann an eine nationale Wahlkommission weitergeleitet, die die endgültige Entscheidung traf. Dabei wurde ein Proporzsystem mit Kriterien wie Geschlecht, Alter, soziale Herkunft und politisches Profil herangezogen, um eine möglichst repräsentative Kandidatenliste zustande zu bringen. Aber auch das ist im Endeffekt ein Top-Down-Verfahren, von dem zweifelhaft ist, ob es sich auf Dauer gegen die demokratischen Ansprüche der Mitglieder halten kann.

SPITZENREITER BEI DER NUTZUNG VON INTERNET UND SOZIALEN MEDIEN

Eine Darstellung der Strukturen von LFI wäre unvollständig, ohne einen Blick auf den Stellenwert des Internet und der sozialen Medien zu werfen. Mélenchon war von Anfang an klar, dass es sein Projekt in den großen Medien schwer haben würde. Das gilt auch und gerade für die linksliberalen Meinungsführer, wie Le Monde und Libération, die sich vor allem in den letzten Wochen des Wahlkampfes massiv für Macron einsetzten. LFI hat sich in der Kommunikationsstrategie daher auf die Schaffung einer parallelen Öffentlichkeit im Internet und in den sozialen Medien konzentriert. Manuel Bompard betonte im Interview, dass das Internet nicht einfach nur neue Formen der Kommunikation bietet, sondern dass „der Cyberspace selbst zu einem Terrain geworden ist, in dem sich die gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen entfalten.“ (Interview Bompard 2017).

Da die Einzelmitglieder von LFI von Anfang an zum größten Teil über das Netz erreicht worden waren, konnten sie wiederum leicht als Multiplikatoren im Netz fungieren. Auch die Aktionsgruppen haben intensiv mit dem Web gearbeitet. Das hat zu beträchtlichen Mobilisierungen bei mehreren Großkundgebungen geführt. So konnte man im März 120.000 Menschen auf der Pariser Place de la République und im April 60.000 in Marseille versammeln. Kein anderer Kandidat, auch nicht Macron, hat diese Zahlen erreicht. Mit der Übertragung der Großveranstaltungen über YouTube wurde deren Reichweite noch einmal vervielfacht. Sie erhielten jeweils zwischen 400.000 und 600.000 Clicks.

Ein besonderer Gag war der Auftritt Mélenchons, bei dem er sich mit Hilfe einer holographischen Übertragungstechnik gleichzeitig in mehrere Städte beamen ließ. Eine Kostprobe dieser Kombination aus Politik und Science Fiction findet sich unter: www.youtube.com/watch?v=XlnQ801wWf4 (ab Min. 20). Das Video ist auch insofern interessant, als es einen guten Eindruck von der Atmosphäre auf den Wahlveranstaltungen vermittelt. Darüber hinaus betrieb LFI einen YouTube-Kanal, über den fast täglich kürzere und längere Beiträge von Mélenchon oder über ihn gesendet wurden (www.youtube. com/user/PlaceauPeuple). Nach Angaben seines Kampagnenchefs hatten die Clips im Schnitt 200.000 Aufrufe. Das entspricht der Reichweite, die solche Sendungen in den elektronischen Massenmedien erzielen.
Eine Studie des Meinungsforschungsinstituts IFOP bescheinigt daher Mélenchon auch prompt „der größte 2.0 Kandidat der jüngsten Präsidentschaftswahlen“ gewesen zu sein (IFOP 2017c: 1)

VERHÄLTNIS VON LFI ZUR PARTI DE GAUCHE

Wie erwähnt, wurden bei Gründung der Bewegung einige Schlüsselstellungen in LFI von Mitgliedern der Parti de Gauche (PdG) besetzt. Das wirft die Frage nach dem Verhältnis von PdG und LFI auf. Offenbar ist das noch im Fluss. So geht Eric Coquerel von der Fortexistenz der PdG aus, zumindest vorläufig. Allerdings habe sie nicht mehr den Ehrgeiz Massenorganisation zu werden. Er schreibt beiden Organisationsformen komplementäre Funktionen zur jeweils anderen zu und begründet dies u.a. damit, dass das Mandat und das programmatische Profil von LFI schmaler sei als das der PdG. Die Bewegung könne daher nicht zu allen Themen intervenieren. Als Beispiel führt er das Thema Katalonien an. In einem solchen Fall springt die PdG ein.

Im Grunde ähnelt das sehr der funktionalen Teilung zwischen klassischer Parteiform und Massenorganisation im Rahmen einer gemeinsamen Strategie. Allerdings betont Coquerel ausdrücklich den Vorrang von LFI gegenüber der Partei. D.h. er dreht das Verhältnis, das man aus der kommunistischen Organisationstheorie kennt, um: nicht die „Massenorganisationen“ folge der Führung der Partei, sondern die Partei sei der Bewegung nach- und untergeordnet. Das bestätigt auch Alexis Cukier von Ensemble und verweist als Beweis darauf, dass das nicht nur Worte sind, denn die Einnahmen aus dem Wahlkampf – staatliche Parteienfinanzierung und Spenden – gehen an LFI.

Außerdem spielt für die Fortführung der PdG auch die Überlegung eine Rolle, dass die Zukunft der Bewegung einige Unwägbarkeiten enthält. Angesichts der generellen Instabilität des politischen Systems ist daher die PdG auch eine Reserve und ein Rückzugsgebiet, falls LFI scheitern sollte (Cukier 2017).

DER ÜBERGANG ZU DEN MÜHEN DER EBENE

Die Bewegungsstrukturen von LFI waren für die Mobilisierung im Wahlkampf ein effizientes Instrument und haben in beträchtlichem Maße zum Erfolg Mélenchons beigetragen. Aber ihre Vagheit und Unverbindlichkeit – Mélenchon bezeichnet sie selbst als „weder vertikal noch horizontal, sondern fluid“22 – wirft auch Probleme auf, wenn es darum geht, das Projekt auf Dauer zu stabilisieren.

Bisher hat jede soziale Bewegung sich entweder institutionalisiert, oder sie ist zerbröselt und verschwunden. Denn spätestens wenn Krisen und Konflikte auftreten ist die Widerstandsfähigkeit solcher Strukturen gering. Und selbst ohne Krisen und Konflikte schafft die geringe Regelungsdichte und Institutionalisierung ein Vakuum, in dem sich leicht informelle Machtstrukturen einnisten können. Die gibt es zwar auch in herkömmlichen Organisationen, aber dort bildet das Formale immerhin ein gewisses Gegengewicht.

Vor allem ist damit zu rechnen, dass sich die Fraktion in der Nationalversammlung, zum strategischen Zentrum entwickelt. Dort konzentriert sich die Medienaufmerksamkeit, dort sind finanzielle und personelle Ressourcen, dort sind Kontinuität und Stabilität quasi staatlich garantiert. Selbst in Parteien mit starkem Parteiapparat steht die Partei meist im Schatten der Parlamentsfraktion. Daher wird sich erst zukünftig zeigen, ob LFI der Übergang vom Wahlkampfmodus zum politischen Alltag gelingt.

DIE ROLLE MÉLENCHONS

Jean-Luc Mélenchon bildet als Person das Zentrum von LFI. Ohne ihn wäre die Bewegung nicht denkbar. Geboren 1951, begann er sein politisches Leben in der 58er Bewegung. Nach der ersten Organisierung in einer trotzkistischen Gruppierung tritt er 1976 in die PS ein, wo er sich der Strömung Mitterands anschließt. 1986 wird er Senator und wendet sich als linker Kritiker gegen Mitterands Kurswechsel zu ersten neoliberalen Reformen. 2000 wird er unter Premierminister Jospin Minister für Berufsbildung. Nach Jospins Sturz 2002 wird er zu einem der prominentesten Vertreter des linken Flügels der PS, die er 2008 endgültig verlässt.

Auch wenn er praktisch sein ganzes Leben in der Politik verbracht hat, ist Mélenchon kein Apparatschik. Er ist ein glänzender Redner und ein gesellschaftstheoretischer Kopf. Er hat eine breite Allgemeinbildung und strahlt Vertrauen und Führungsfähigkeit aus. Seine Auftritte bei den Fernsehduellen mit den anderen Kandidaten haben sehr zu seinem Wahlerfolg beigetragen. Ähnlich wie Bernie Sanders in den USA und Jeremy Corbyn in Großbritannien gelingt es ihm gerade auch die Jugend anzusprechen.

Sein YouTube-Kanal hat 370.000 Abonnenten. Seine Stellung in LFI ist überragend und es gibt niemanden in der Bewegung, der auch nur annähernd seine Popularität erreicht. Natürlich wirft die starke Stellung einer Person immer zwei Probleme auf:
• die Abhängigkeit des Erfolgs der Gesamtorganisation vom Chef, d.h. was geschieht wenn dieser, aus welchen Gründen immer, ausfällt?
• das Risiko der autoritären Versuchung.

Dazu im Interview befragt, verweisen sowohl Bompard als auch Coquerel auf drei Problemkomplexe: zum Einen die generelle Tendenz zur Personalisierung in der Politik. Auch früher, in den „gloriosen“ Zeiten der Arbeiterbewegung gab es herausragende Führungspersönlichkeiten, etwa Jean Jaurès, später Maurice Thorez und Georges Marchais.
Zweitens: mit dem Siegeszug des Fernsehens wird dies noch einmal zusätzlich gefördert. Eine Person lässt sich in der Tagesschau nun einmal leichter vermitteln als inhaltliche Aussagen. Das ist kein spezielles Problem der Linken, sondern betrifft alle politischen Lager, auch wenn es vor allem die Linke ist, die damit Probleme hat.
Drittens aber kommt eine Besonderheit des politischen Systems der Fünften Republik hinzu: die enorme Machtstellung des Präsidenten. Seine Vollmachten gehen noch über die Kompetenzen eines US-Präsidenten hinaus. Nicht nur LFI spricht von einer Präsidialmonarchie. Wer sich an den Präsidentschaftswahlen beteiligt muss daher das Spiel mitspielen, wenn er ernsthaft Erfolgsaussichten haben will.

Im Übrigen stellt sich auch dieses Problem nicht nur für die Linke. Die Art und Weise, wie gerade die linksliberalen Medien Emmanuel Macron zum Heiland und Retter Frankreichs hochstilisiert haben, der Einsatz all der Spin-Doktoren und PR-Agenturen, und die dazu nötigen Finanzen, haben sich inzwischen zu einem ernsten Demokratieproblem ausgewachsen.

PROGRAMMATIK

Das Programm von LFI unterscheidet sich über weite Passagen wenig von dem anderer linker Organisationen, wie sie z.B. im Zusammenschluss der europäischen Linksparteien zusammenarbeiten. Vor allem in den Bereichen der Wirtschafts- und Sozialpolitik, aber auch in der Kritik am Finanzkapitalismus und dem Widerstand gegen Privatisierungen und Freihandelsabkommen konvergiert das Programm mit dem, was dort im Großen und Ganzen Konsens ist. Coquerel – selbst von Hause aus Ökonom – spricht bezüglich der Passagen zu Wirtschaft und Sozialem von einem (öko-) keynesianischen Programm.
Es ist auch explizit ein Regierungsprogramm, d.h. es geht um Vorschläge, die im Falle eines Wahlsieges umgesetzt werden sollen, und nicht darum eine bestimmte Interpretation der Welt, z.B. die marxistische, propagieren zu wollen.

Leitmotiv im außenpolitischen Teil ist die Stärkung der Unabhängigkeit Frankreichs, sowie die Orientierung auf internationale Zusammenarbeit und politische Konfliktlösung. Wichtige Einzelforderungen sind die Beendigung der französischen Militärabenteuer in Afrika, oder eine neue Entspannungspolitik gegenüber Russland, sowie die Auflösung der NATO. Man tritt für internationale Abrüstung ein, die einseitige Abschaffung der französischen Atomwaffen wird jedoch abgelehnt. Für das Thema Flucht und Migration gelten folgende Essentials:
• Bekämpfung von Fluchtursachen,
• keine Einschränkung der Genfer Flüchtlingskonvention,
• Regulierung der Migration aus wirtschaftlichen Gründen, (Frankreich betrachtet sich, anders als Deutschland, seit langem offiziell als Einwanderungsland.)
• internationale Kooperation im Rahmen der UNO.

Ein besonders prominenter Vorschlag schließlich ist der für eine neue Verfassung, für die Sechste Republik. Zentrale Ideen dabei sind die Abschaffung der „präsidentiellen Monarchie,“ die Etablierung eines um das Parlament zentrierten Systems und die Einführung des Verhältniswahlrechts (LAEC 2017: 25).

ÖKOSOZIALISMUS

Inhaltlich nicht, aber in Ausmaß und Insistenz doch neu ist der Stellenwert der Klima- und Umweltkrise. Bompard sagt im Interview: „Im Programm von 2012 war die ökologische Frage präsent, im Programm von 2017 war sie zentral,“ und Coquerel spricht von „Ökosozialismus.“ Ein Beispiel: Im Programm der Front de Gauche für die Wahlen 2012 wurde zum Thema AKWs als Kompromiss mit der KP lediglich ein Referendum in Aussicht gestellt. Jetzt sieht die Energiewende den Übergang zu 100% erneuerbarer Energie und den kompletten Ausstieg aus der Atomenergie bis 2050 vor. (LAEC 2016: 66)

Die KP ist hier moderater. Zwar spricht auch sie in ihrem Programm allgemein von der Energiewende, aber bei den konkreten Maßnahmen ist nur die Rede von der Erhöhung der Reaktorsicherheit, CO2-Speicherung und dem Förderverbot für Schiefergas (PCF 2017: 64). Dazu muss man als Hintergrund wissen: Frankreich deckt seinen Energiebedarf zu 70% aus Atomstrom, und die Gewerkschaften, insb. die CGT, haben im staatlichen Energiekonzern EDF eine ihrer Hochburgen.

SPEERSPITZE DER EU-KRITISCHEN LINKEN

Noch größer sind die Differenzen beim Thema EU. Die KP vertritt hier das, was gemeinhin als „pro-europäisch“ gilt und sich in der Parole „Mehr Europa, aber anders“ zusammenfassen lässt. Auch im Interview mit Roubaud-Quashie wird die Europapolitik als die wichtigste inhaltliche Kontroverse zwischen KP und LFI bezeichnet.

LFI steht dagegen in der Tradition EU-kritischer Positionen, die in der französischen Linken ungleich stärker sind als in Deutschland. Spektakulären Ausdruck fand dies z.B. in der Ablehnung der EU-Verfassung durch das Referendum 2005. Wichtige linke Medien, wie Le Monde Diplomatique oder Marianne geben der Grundsatzkritik an der EU regelmäßig Raum (s. Lordon 2017).

LFI schlägt freilich nicht einfach einen unilateralen Austritt aus der EU, dem Euro, oder die Auflösung der EU vor. Sowohl die praktische Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit als auch die Werte des linken Internationalismus werden nie in Frage gestellt. Gleichzeitig wird allerdings die These vom neoliberalen Konstitutionalismus vertreten, d.h. die Auffassung, dass der Neoliberalismus durch die Verträge und deren rechtliche Absicherung durch den EuGH quasi verfassungsmäßig verankert ist: „Wir können unsere Wirtschaftspolitik nicht im Rahmen der europäischen Verträge verwirklichen.“ (Interview Coqerel 2017). Ein Politikwechsel ist demnach nur durch entsprechende Änderung der Verträge möglich. Da dies jedoch Einstimmigkeit aller Mitgliedsländer voraussetzt, sei das unrealistisch.Daraus leitet LFI dann unter dem Namen Plan A – Plan B folgende Strategie ab:
• Plan A sieht Verhandlungen mit wichtigen Partnerländern der Eurozone vor, um die Beendigung neoliberaler Politiken, wie z.B. den Stabilitätspakt, den Status der EZB oder Veränderungen am Währungsregime des Euro zu erreichen;
• Um in solchen Verhandlungen nicht wie Griechenland am Ende doch wieder auf die Knie gehen zu müssen, wird von Anfang an deutlich gemacht, dass ein unilaterales Ausscheren Frankreichs aus bestimmten Verträgen oder dem Euro als Plan B in Erwägung gezogen wird;
• Angesichts des ökonomischen und politischen Gewichts Frankeichs und dem deutschen Interesse an einem Fortbestand des Euros wäre Berlin zu Zugeständnissen gezwungen, die es sonst nie machen würde.

Zum Thema EU versucht Mélenchon auch EU-kritische Kräfte außerhalb Frankreichs zu organisieren. Unter dem Namen „Plan B“ haben seit 2016 mehrere Konferenzen, u.a. in Paris, Kopenhagen und Lissabon stattgefunden.

POPULISMUS?

Das Narrativ vom Populismus hat sich in den letzten Jahren geradezu explosionsartig ausgebreitet. Es hat das akademische Milieu verlassen und den politischen und medialen Raum erobert, vorwiegend um die neue Rechte damit zu bezeichnen. Aber auch erfolgreiche Projekte der Linken werden mit dem Label Linkspopulismus gekennzeichnet, namentlich Syriza, PODEMOS, Bernie Sanders in den USA, Corbyn und natürlich La France Insoumise.

In seiner politischen und journalistischen Version ist Populismus pejorativ gemeint und wendet sich in der Logik der Totalitarismustheorie gleichermaßen gegen links und rechts. Das Narrativ konstruiert eine politische Mitte als Ort der Vernunft und Demokratie und versucht so, die als „populistisch“ markierten Akteure aus den zulässigen Diskursen auszugrenzen. Prototypisch dafür ist die quasi staatstragende Definition der Bundeszentrale für politische Bildung.

Demnach zeichnet sich Populismus aus durch „Anti-Elitarismus, Anti-Intellektualismus, Antipolitik, Institutionenfeindlichkeit sowie Moralisierung, Polarisierung und Personalisierung der Politik“ (Priester 2012). In einer lesenswerten Monographie zum Thema schreibt Bernd Stegemann zu diesem Weltbild: „Der Liberalismus hat sich das Paradox der Demokratie so ausgelegt, dass er darin selbst nicht als Partei, sondern als Stimme der Vernunft auftritt, die berechtigt ist, jede Opposition moralisch zu kritisieren “ (Stegemann 2017: 34). Zugleich wird damit die Verantwortung der politischen Mitte für den Aufstieg der neuen Rechten, insbesondere die neoliberale Wirtschafts- und Sozialpolitik verschleiert.

Paradoxerweise wird die Sache dadurch verkompliziert, dass es auch eine Strömung in der Linken gibt, die einen positiven Begriff von Populismus für sich reklamiert. Die Sozialwissenschaftler Ernesto Laclau und Chantal Mouffe haben eine differenzierte Theorie dazu entwickelt (Laclau 2005, Mouffe 2007). Laclau und Mouffe haben auch PODEMOS beraten. Manuel Bompard bezieht sich ebenfalls positiv auf sie und auf die spanische Bewegung, aber lediglich „als eine Inspirationsquelle“ – unter anderen (Interview Bompard 2017).

Wie immer bei solchen politischen Großbegriffen, ist die Definition umkämpft, und im politischen Alltag wird er gern als Container genutzt, in den jeder das hineindeutet, was ihm passt. Bereits 2003, also lange vor dem gegenwärtigen Boom, hatte Ralf Dahrendorf daher bemerkt: „Der Populismus−Vorwurf kann selbst populistisch sein, ein demagogischer Ersatz für Argumente.“ (Dahrendorf 2003:1).

Als politischer Kampfbegriff wird Populismus auch von Teilen der Linken benutzt. So hält Roubaud-Quashie die Theorie von Mouffe und Laclau für einen Versuch „der Erneuerung sozialdemokratischen Denkens,“ für eine Variante des Dritten Wegs, bei der „die Klassenfrage sich vollkommen verflüchtigt hat.“ (Roubaud-Quashie 2017).

Hier ist nicht der Raum, das Thema Populismus ausführlich abzuhandeln. Allerdings dürfte an den wenigen Stichpunkten deutlich geworden sein, dass es gute Gründe für eine ideologiekritische Distanz gegenüber dem herrschenden Populismusdiskurs gibt. In diesem Sinne wollen wir einen Blick auf einige zentrale Kategorien von LFI werfen, die mit dem Populismusvorwurf in Verbindung gebracht werden.

VOLK

Für ein deutsches Publikum ist es an dieser Stelle unumgänglich darauf hinzuweisen, dass der Begriff le peuple = das Volk im Französischen generell nicht und in der französische Linken schon garnicht im völkischen Sinne als Blutsgemeinschaft verstanden wird. Nicht nur LFI, sondern die französische Linke insgesamt identifiziert sich schon immer mit dem Volk als jenem Akteur, der für liberté, égalité, fraternité die Bastille stürmt. Le Front Populaire, die Volksfront von 1936, gehört bis heute zum Stolz geschichtsbewusster Linker.

Volk meint im französischen Kontext etwas sehr ähnliches wie das, was bei Gramsci subalterne gesellschaftliche Gruppen heißt. Die Subalternen sind bei Gramsci weiter gefasst als das klassische Proletariat (Liguori 2016: 11 ff.). Auch wenn LFI keine spezielle Klassenanalyse präsentiert, so geht aus der ökonomischen und sozialen Programmatik eindeutig hervor, dass das Volk mehr oder weniger identisch ist mit jenen „die den Reichtum produzieren.“ (Interview Coquerel 2017).

Allerdings ist Mélenchon der Auffassung, dass dieses Volk als politischer Akteur nicht essentialistisch oder „objektiv“ schon vorhanden ist, sondern sich erst im Akt politischer Selbstermächtigung zum Akteur konstituiert: „Das Volk entsteht, wenn sich die die Multitude bildenden so unterschiedlichen Individuen die Macht über ihre Lebensbedingungen erkämpfen, wenn sie dadurch Bürger (Citoyens) werden und das Volk ein politischer Akteur.“ (Mélenchon 2014: 13). Dem liegt auch die Überlegung zugrunde, durch die Konstituierung des Akteurs Volk die Vielzahl von unabhängig voneinander agierenden sozialen Bewegungen, Protesten und Initiativen aus der Zivilgesellschaft zu bündeln und deren thematisch und politisch zersplitterte Kräfte zu einer gemeinsam handlungsfähigen Gegenmacht zu machen: „Es geht darum, einen kollektiven Willen zu schaffen, der in der Lage ist Synergien zwischen den vielen sozialen Bewegungen und den im politischen System handelnden politischen Kräften herzustellen, um die Demokratie zu vertiefen.“ (Mouffe 2016).

DER HERRSCHENDE BLOCK

Wer gehört nicht zum Volk? Das ist „die kleine Oligarchie der Reichen, die vergoldete Kaste von Politikern, die deren Interessen dient und die Mediakraten, die den Verstand der Leute vernebeln.“ (Mélenchon 2014: 14). Auch das ist keine Formulierung aus einer gesellschaftstheoretisch lupenreinen Herrschaftssoziologie, sondern eine populäre Fassung dessen, was in linker Tradition einmal unter Bourgeoisie, Kapitalisten, herrschende Klasse, die Herrschenden u.ä. lief. Die vielen Namen verweisen auf das generelle Problem der Linken, einen konsensfähigen und populären Begriff für das Oben in der Gesellschaft zu formulieren.

Was die quantitativen Dimensionen der Oligarchie und ihr politisches und mediales Glacis angeht, würde Coquerel nicht so weit gehen, vom 1% gegen 99% zu sprechen, wie Occupy das tut. Aber als grobe Richtgröße nennt er ein Verhältnis von 10% zu 90%.

Im Populismusdiskurs des Mainstreams wird für diese zehn Prozent der Begriff „Eliten“ verwendet. Das ist kein Zufall. Elite hat eine positive Aura und wird auch gern im Sport oder in den Wissenschaften benutzt, wo sie für Höchstleistungen steht. Zudem fehlt ihr die Konnotation von Herrschaft, die natürlich sofort die Assoziation an Beherrschte und damit ein kritisches Gesellschaftsbild evoziert. Deshalb ist verständlich, warum der herrschende Populismusdiskurs umso lieber zum Elitenbegriff greift. Könnte doch so durch Imagetransfer etwas auf den herrschenden Block aus Kapital, Politik, Militär und ideologischen Apparaten abfärben und ihn in ein freundliches Licht tauchen. Daher gehört bei allen staatstragenden Populismusdefinitionen die Abwertung des „Anti-Elitarismus“ zum harten Kern.

ANTAGONISMUS UND AGONISMUS

Das Verhältnis zwischen Volk und herrschendem Block ist nach Auffassung von LFI durch harte Interessensgegensätze gekennzeichnet. Auch das steht durchaus in der linken Traditionslinie, in der seit Marx das Verhältnis zwischen Lohnarbeit und Kapital, und deren sozialer Verkörperung – Bourgeoisie und Arbeiterklasse, herrschende und beherrschte Klasse – als antagonistisch bezeichnet werden.

D.h. als unaufhebbarer scharfer Gegensatz, der nach dem hegelianischen Modell des Verhältnisses von Herr und Knecht letztlich nur durch das Verschwinden von Lohnarbeit und Kapital aufzulösen ist. LFI ist mit Mouffe u.a. nun der Meinung, dass Bourgeoisie und Arbeiterklasse im Lauf der Geschichte Veränderungen durchlaufen haben und der sog. „Grundwiderspruch“ seine Monopolstellung als einziger gesellschaftlicher Konflikt verloren hat. Andere Problemlagen, z.B. Geschlechterverhältnisse und Umwelt sind Teil emanzipatorischer Politik geworden. Verschwunden aber ist der Grundwiderspruch nicht und damit auch nicht der Gegensatz zwischen links und rechts.

Um seine politische Bewegungsform im demokratischen Kapitalismus zu beschreiben führt Chantal Mouffe den Begriff Agonismus ein. Das bedeutet, dass unter Bedingungen einer pluralistischen Demokratie der (Klassen)kampf zwischen oben und unten im politischen Raum „in Form einer politischen Grenze innerhalb der Gesellschaft verläuft, der sie in zwei Lager teilt“ (Mouffe 2016). Dieser Konflikt soll sich allerdings nach demokratischen Spielregeln und gewaltlos abspielen. (Mouffe 2007: 29). Versuche, ihn in einem liberalen Konsens der Mitte stillzulegen, wie durch das Einschwenken der Sozialdemokratie auf den Neoliberalismus, durch Große Koalitionen etc., werden scharf kritisiert. Der Agonismus zwischen links und rechts müsse stattdessen klar markiert werden. Auf Deutsch: „klare Kante zeigen.“

Genau das versucht LFI. Hier liegt auch die theoretische Begründung für die scharfe Abgrenzung von der PS und die damit verbundene Absage an die Bündnispolitik der KP. In der Alltagspraxis von LFI schlägt sich das in einer radikalen, polarisierenden und oft emotionalen Rhetorik nieder. Die Polarisierung, die die Populismusdefinition der Bundeszentrale für politische Bildung beklagt, ist aber gewollter und integraler Bestandteil der Strategie von LFI, Agonismus eben.

SOUVERÄNITÄT

Ein häufig verwendeter Begriff im Diskurs von LFI ist der der Souveränität. Ähnlich wie beim Begriff Volk führt dies bei deutschen Linken oft zu Missverständnissen. Entweder versteht sie Souveränität in der reaktionären Variante von Carl Schmitt, wonach souverän ist, wer über den Ausnahmezustand verfügt, oder nur in ihrer außenpolitischen Dimension, als völkerrechtliche Souveränität.

Das Insistieren auf Souveränität wird dann gern in einen Topf mit Nationalismus geworfen. In die politische Theorie wurde der Begriff im 17. Jahrhundert durch den Staatstheoretiker Jean Bodin eingeführt, um die absolutistische Monarchie zu legitimieren. In bewusstem Gegensatz dazu hat Rousseau aber den Begriff der Volkssouveränität als demokratische Selbstbestimmung formuliert.

Dieser Souveränitätsbegriff gehört also in das theoretische Arsenal der französischen Revolution. In seiner außenpolitischen Dimension ist er nicht nur eine zentrale Kategorie des Völkerrechts, sondern richtet sich zugleich gegen den Einfluss multilateraler Organisationen wie der NATO oder einer deutschen Dominanz in der EU.
Auch in der Linken anderer europäischer Länder spielt demokratische Souveränität eine Rolle, z.B. in Griechenland bei der Abwehr des Austeritätsdiktats. Viele Linke außerhalb Deutschlands beziehen sich auf diesen demokratischen Souveränitätsbegriff (Mitchell/Fazi 2017).

EMOTION UND SYMBOLIK

Tief im Rationalismus der Aufklärung verhaftet, gibt es in der Linken ein sehr distanziertes Verhältnis zu Emotionalität und Irrationalem in Politik und Alltag. Jan Phillip Reemtsma hat kürzlich wieder daran erinnert, dass darin eine Täuschung der Linken sowohl über sich selbst, über die Adressaten ihrer Politik als auch generell über die Verfasstheit des Homo Sapiens liegt. Die Unterscheidung zwischen Emotion und Ratio ist höchst relativ und beide sind oft ununterscheidbar miteinander amalgamiert (Reemtsma 2015: 15 ff). Die Unzulänglichkeiten der gesellschaftlichen Verhältnisse schlagen sich auch im Individuum nieder. Das gilt auch für linke Individuen. Wenn man den materialistischen Begriff vom Menschen, wie er in der sechsten Feuerbachthese formuliert ist, ernst nimmt – das Wesen des Menschen ist das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse – kann es auch gar nicht anders sein. Dass damit für die Politik auch Risiken verbunden sein können, versteht sich.

LFI versucht dem Rechnung zu tragen. Die Dramaturgie der Großveranstaltungen und insbesondere die Reden von Mélenchon enthalten zwar auch jede Menge sachlicher Argumente, sprechen aber auch reichlich Emotionen an. Es werden das Gefühl kollektiver Stärke und Optimismus verbreitet. Das wirkt nach innen und nach außen.

Dem dient auch die Symbolik. So argumentiert Coquerel im Interview, dass beim Absingen der Internationale und dem Schwenken roter Fahnen heute nicht mehr allzu vielen Franzosen ein heiliger Schauder über den Rücken läuft. Deshalb wird bei LFI auch die Trikolore geschwungen und am Ende die Marseillaise gesungen, Symbole, die eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung haben und so der Strategie entgegenkommen, über die Linke hinaus ausstrahlen zu können. Auch früher hat die französische Linke, vorneweg die KP, sich dieser Symbole bedient und in der linken Kultur genutzt, vor allem im Zusammenhang mit der Résistance. Insofern wäre eine essentialistische und ahistorische Bewertung, wie sie die deutsche Linke aufgrund ihrer gänzlich anderen Geschichte bei diesem Thema gern vornimmt, eine ausgesprochen germanozentristische Sichtweise.

Auf einem anderen Blatt steht allerdings die Frage, warum die Linke nicht in der Lage ist, eine eigene zeitgemäße Symbolsprache zu schaffen und stattdessen meint auf die von 1789 zurückgreifen zu müssen.

UND WAS HEISST DAS FÜR DIE DEUTSCHE LINKE?

La France Insoumise ist ein innovatives Projekt, das einen beträchtlichen Erfolg erzielt hat. Auch wenn noch nicht absehbar ist, wie es sich in den nächsten Jahren entwickeln wird, sollte die deutsche Linke es sich ohne vorgefasste Urteile ansehen. Sie sollte auch Kontakt, Austausch, Dialog und Kooperation mit der LFI suchen. Frankreich ist Deutschlands wichtigster Nachbar und die deutschfranzösischen Beziehungen haben einen prägenden Einfluss auf den gesamten Kontinent. Sollte sich der Erfolg von LFI konsolidieren, wird das nicht nur die innenpolitischen Kräfteverhältnisse in Frankreich verändern, sondern sich auch auf die Linke international auswirken. LFI könnte zum bedeutendsten Akteur der europäischen Linken werden. Klug wäre es auch, sich nicht in den innerfranzösischen Konflikt zwischen KP und LFI hineinziehen zu lassen.

Auch stellen sich viele grundlegende Probleme für die deutsche Linke in gleicher Weise wie für die französische. Die Diskussion dazu hinkt hierzulande zwar hinterher, aber begonnen hat sie hier auch. So plädiert z.B. Andres Nölke in bewusster Abgrenzung vom herrschenden Populismusdiskurs in seinem jüngsten Buch für eine linkspopuläre Politik (Nölke 2017).

Das heißt nicht, in den immer wieder beliebten Fehler zu verfallen, sich an den Erfolgen außerhalb der deutschen Grenzen zu berauschen, oder gar zu meinen, „von Frankreich lernen, heißt siegen lernen.“ Man kann es nur noch einmal unterstreichen: Politischer Erfolg ist das Resultat einer komplexen Dialektik zwischen „objektiven“ Rahmenbedingungen und der „subjektiven“ Fähigkeit, darauf adäquat reagieren zu können. Trotz Globalisierung und trotz des Integrationsprozesses in der EU gilt für beides, dass sie in Deutschland und Frankreich viel zu verschieden sind, als dass sie zu mehr als zur „Inspirationsquelle“ taugten. Um die Entwicklung einer eigenen, auf die deutsche Situation zugeschnittenen Strategie kommt die deutsche Linke nicht herum. Freilich muss man das erst einmal wollen und in Angriff nehmen. In diesem Punkt zumindest kann man dann doch etwas von La France Insoumise lernen.

Dieser Beitrag ist ein längerer Auszug (unter Weglassung u.a. von Tabellen, Fussnoten und Literaturliste) aus der Studie “EIN AUSSERGEWÖHNLICHER ERFOLG DER LINKEN? FRANKREICH IM WAHLZYKLUS 2017” des Autors für die Rosa-Luxemburg-Stiftung, Büro Brüssel. Wiedergabe hier mit freundlicher Genehmigung des Autors. Die komplette Studie finden Sie hier.
Lesen Sie ergänzend auch den Blick von der Labour-Linken auf Deutschland: Paul Mason im Guardian (Übersetzung Freitag-Redaktion).
Und die drohende Entwicklung in Italien, von Susanna Böhme-Kuby in den Blättern.

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