Bildung ist der Rohstoff Deutschlands. Aber welche gesellschaftspolitische Ausrichtung herrscht in der Bildungspolitik vor? Die Absolventinnen und Absolventen der weiterführenden Schulen und Universitäten werden im Schnellgang dem Arbeitsmarkt zugeführt und dort herrscht die Betriebswirtschaft. Auf der Strecke bleibt die Inklusion, die von der Selektion bedrängt wird. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Grundrechte und Wertevermittlung spielen nur eine untergeordnete Rolle. Die neoliberale Durchdringung von Lehr- und Studienplänen ist die bittere Erkenntnis von Bildungsfachleuten aus Bonn, mit denen ich bei einem “Bildungspolitischen Eintopf” diskutiert habe.

Nach wie vor spielen die Herkunft, die soziale Schichtung und die Religion eine viel zu große Rolle und machen herkunftsunabhängige Bildungschancen zunichte. Und da die Bedeutung der Familie stark nachgelassen hat, kommen auf die staatliche Bildung neue bedeutende Aufgaben hinzu, die ein “”Weiter so” unverantwortlich machen. In diesem Zusammenhang muss man zwangsläufig die Systemfrage stellen und geisteswissenschaftliche Innovationen ins Auge fassen. Selbstverständlich mit der nüchternen Erkenntnis, dass Philosophie, Ethik, Tolerenz, Respekt und Empathie sich einer betriebswirtschaftlichen Bewertung entziehen.

Im kapitalistischen Zweikampf zwischen Deutschland und China steht der Gewinner von Anfang an fest. Denn ein kommunistisches Regime mit gigantischen Ressourcen von Arbeitskräften kann durch einen diktatorischen Gehorsam natürlich mehr, schneller und billiger bauen und produzieren als eine soziale Marktwirtschaft in der Demokratie. Junge Menschen allerdings nur für den Wettbewerb fit zu machen, ist nicht nur fahrlässig, sondern falsch und unverantwortlich.

Die fortschreitende Digitalisierung bietet Chancen und Risiken für Bildung, Arbeit und Gesellschaft. Sie kann und muss auf der Basis der conditio humana, also einer ganzheitlichen humanen Ausgestaltung, zukunftsweisende Perspektiven entwickeln. Und dabei ist eine intellektuelle Verarmung weiter Bevölkerungsteile zwingend zu bekämpfen.

Über Rainer Bohnet: