Die Herren Grindel, Löw, Özil, Gündogan und eskortierende Medien sind dicke Geschäftsfreunde und spielen uns ein falsches Stück vor

Angela Merkel trifft Herrn Erdogan um einiges öfter, auch und gerade in seinen Wahlkämpfen, als die Herren Özil und Gündogan. Sie macht bei dieser Gelegenheit entschieden fiesere Deals, auf dem Rücken von Millionen Flüchtlingen, und zum Nutzen deutscher Rüstungskonzerne. Immerhin gibt es einige deutsche Medien, die darüber kritisch berichten. Ein Skandal, was es eigentlich ist, entsteht darüber leider nicht.
Jetzt haben sich die Herren Özil und Gündogan geschmacksverirrt und politisch desorientiert mit ihm ablichten lassen, wie es sonst Frau Merkel tat. Manche meinen, bei ihr gehört das eben zum Beruf, bei den Jungs dagegen nicht. Wer das meint, hat die Zusammenhänge von Fußball und Politik aber noch weniger verstanden, als Özil und Gündogan. Von Merkel und Erdogan ganz zu schweigen.
Beim Beobachten dieser kirmesartigen Inszenierung, bin ich in einer 5-Minuten-Onlinerecherche auf folgende einfache Tatsachen gestossen.

1. Frage: Wer hat Özil und Gündogan nur zu so einer Dummheit geraten?
Suchen wir also unter “Özil Gündogan Berater”. Dazu wird die Agentur “Family & Football” angezeigt. Zu ihren Mitarbeitern – auf der gleichen Internetseite in der rechten Spalte aufklappen! – gehören die Brüder der beiden Spieler, Ilhan Gündogan und Mutlu Özil. Özil hat sich 2011 von seinem damaligen Berater Reza Fazeli getrennt. Seine Familie hat sein Management selbst übernommen, daraus ist diese Firma entstanden.

2. Was ist bei “Family & Football” spektakulär?
Ein weiterer noch prominenterer Klient, Vertrag bis 2022: Hans-Joachim Löw, Fußballlehrer, z.Z. leitender Angestellter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Das Management von Herrn Löw teilt sich Family&Football mit einer weiteren Firma

3. Das Management des Herrn Löw
Diese Firma heisst ARP Sportmarketing international GmbH. Diese macht ihre Firmenhomepage mit einem Grossporträt des Herrn Löw auf. Nur wenige Zentimeter runtergescrollt, taucht ein alter Bekannter erneut als Mitarbeiter auf: Herr Ilhan Gündogan.

4. Spricht der Berater von Herrn Gündogan mit dem Berater von Herrn Löw?
Was werden die beiden Herren im Kopf von Herrn Ilhan Gündogan wohl miteinander besprochen haben? Da wäre mann gerne dabeigewesen.

5. Wer hat die Löw-Vertragsverlängerung beim DFB ausgehandelt?
DFB-Chef Grindel (CDU, damit politisch befreundet mit der regelmässigen Erdogan-Besucherin Merkel) war emsig damit beschäftigt, die Aufregung um Özil/Gündogan/Erdogan einzusammeln, musste er doch einen PR-Höhepunkt mit einer PR-Überraschung auf die Bühne bringen, pompös inszeniert im Dortmunder Fußballmuseum: WM-Aufgebotsverkündigung mit Bekanntgabe der Löw-Vertragsverlängerung. Für die müssten ja die Herren Gündogan (Ilhan) und Özil (Mutlu), mindestens aber sehr gute Arbeitskolleg*inn*en von ihnen, tagelang mit der DFB-Spitze zu exklusiven Stundenhonoraren zusammengesessen und am Vertragswerk, vermutlich etwas umfangreicher als ein Bierdeckel oder ein Handschlag, gearbeitet haben. Über was mögen sie in den Rauch- und Essenspausen wohl geredet haben?

6. Es ging auch anders: Emre Can
Einer war schlauer, als alle bisher Genannten. Emre Can war besser beraten. Von der International Soccer Management GmbH, Inhaber Reza Fazeli, siehe 1.Frage. Herr Fazeli hat eine lange Klientenliste, und anscheinend beim BVB viel zu sagen. Dort bringt er nicht nur Spieler sondern auch Trainer unter. Die dann sicher wieder gut für und zu seinen Spieler sind usw. Nuri Sahin weiss, was ich meine.

7. Warum berichtet das niemand?
Die hier skizzierten Fakten sind alle öffentlich und in Minutenschnelle recherchierbar. Das Portal Transfermarkt hält alles bereit. Es ist zu 51% im Besitz des Springer-Verlages, nach dem Murdoch-Konzern vermutlich derjenige, der am meisten das Fußballbusiness füttert. Warum beisst aber kein Medium herzhaft in diese Netzwerke hinein? Und spielt stattdessen die billigen öffentlichen Inszenierungen (“Integration”, “Werte”, unfassbares Gebrabbel) mit? Weil sie alle Teil des Geschäfts sind. Weil sie sich alle untereinander kennen, miteinander sehr viel Zeit verbringen, sehr viele kleine und große Deals miteinander machen. Und uns Publikum für komplett verblödet halten. Ganz wie Merkel und Erdogan.

Update 18.5.: Der Express hat heute in seiner Printausgabe – online habe ichs nicht gefunden – ein kleines Stück zu diesem Thema in einer Kellerecke seines Sportteils versteckt. Und Löws Berater um Stellungnahme gefragt. Der: “Kein Kommentar”, was so viel bedeuten soll, wie: jetzt bloss kein Aufsehen!
FAZ-Feuilleton-Chef Kaube hat die gleiche Recherchearbeit gemacht wie ich, allerdings für ein ganz anderes Gehalt. Für ihn reichts nur zu einem elitären “Siehste” (…. dieser Fußball), nicht weiter aufregend.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net