Es gibt diverse Weltregionen, denen sich die deutsche Außenpolitik nur äußerst wenig widmet. Entweder liegt es an den dortigen Regimen, aber in den meisten Fällen sind die Wirtschaftsbeziehungen ausschlaggebend. Was ist z.B. mit Kanada, dessen junger Premierminister Justin Trudeau der absolute Kontrapunkt zu Donald Trump ist? Eine verstärkte Zusammenarbeit bietet sich geradezu an, weil Kanada ein fortschrittliches Einwanderungssystem und die USA im kritischen Blick hat.

Unsere Beziehungen mit Indien, dem künftig bevölkerungsreichsten Land der Erde, beschränken sich bisher auf sporadische Kontakte, obwohl dort wirtschaftspolitisch einiges im Gange ist. Andererseits hat die Atommacht Indien als Demokratie erhebliche rechtsstaatliche Probleme. Frauen werden unterdrückt und vergewaltigt. Das dokumentiert die großen Defizite, die die Demokratie alleine nicht lösen kann.

Kehren wir nach Europa zurück und werfen wir einen Blick ins Baltikum. Estland, Lettland und Litauen sind junge Demokratien, Mitglied der EU, sind Euro-Länder und haben Angst vor Russland. Bei der Digitalisierung haben sie einen erheblichen Vorsprung vor Deutschland und ihre Beziehungen zu den modernen und wohlhabenden Demokratien in Skandinavien sollten wir unterstützen und fördern.

Vom Baltikum richtet sich mein Blick in den hohen Norden. In der Arktis entscheidet sich der Kampf zwischen Ressourcenausbeutung und Naturschutz. Dort treffen die Arktisstaaten Kanada, Russland, USA, Dänemark (Grönland), Norwegen, Schweden und Finnland aufeinander und sowohl die EU und Deutschland, als auch China, Japan und Südkorea wahren dort ihre Interessen. Daher wäre die Arktis ein lohnendes Betätigungsfeld für die deutsche Außenpolitik, vor allem zum Schutz der vielen indigenen Völker in dieser Weltregion.

Mein Petitum ist eindeutig, uns mit den Ländern verstärkt zu vernetzen, die die Zukunft im Blick haben, die Hilfe bei den Menschenrechten und rechtsstaatlichen Strukturen benötigen und die bei den existenziellen Fragen des Klimaschutzes eine bedeutende Rolle spielen. Das muss nicht zwingend einen wirtschaftspolitischen Hintergrund aufweisen, sondern sollte primär der Friedenserhaltung und der globalen Kooperation dienen.

Über Rainer Bohnet: