Der US-Präsident hat sich auf dem G7-Gipfel in Kanada mit seiner Strategie erfolgreich durchgesetzt, die restlichen G7-Staaten gegeneinander auszuspielen. Europa ist selbst schuld, hatte offensichtlich gegen Trump keine gemeinsame Strategie. Das ist eine krasse Niederlage für den innerer Zusammenhalt der EU. Ursache ist vor allem mangelnde Weitsicht und Abstimmung von Merkel, Macron und Tusk. Wie, zum Teufel, konnten die drei derart in die Falle des “politischen Idioten” Trump tappen? Nun – ähnlich wie im peinlichen Spiel der Deutschen Nationalmannschaft gegen Saudi-Arabien – könnten Überheblichkeit und mangelnde strategische Vorbereitung eine wichtige Rolle gespielt haben.

Dass dieser Gipfel der Ausgangspunkt eines offenen Wirtschaftskrieges zwischen den Vereinigten Staaten und dem “Rest der Welt” werden könnte, war von vorherein klar. Trumps Sonderzölle auf Aluminium und Stahl kündigten an, was er immer vorhatte, die Gegenmaßnahmen – Zölle auf Luxusprodukte wie Motorräder, Whiskey, Erdnussbutter und Jeans muten dagegen eher lächerlich an. Was wirklich ernüchtern könnte, wären Zölle auf Automobile – aber da gibt es das Problem, dass auch Ford und General Motors in Mexico produzieren, und dass zumindest Daimler und BMW seit Jahren auch in den USA produzieren. Eigentlich Grund für Merkel und Macron, mit dem Gepolter Trumps gelassen umzugehen.

Von G7 zu G8 ist ein richtiger Vorschlag

Völlig anders ist der Gipfel bisher gelaufen. Trump griff zu einer von ihm bereits gewohnten Strategie: Er griff die anderen frontal an und machte dazu noch einen im Prinzip überfälligen und eigentlich richtigen Vorschlag: Das 2016 vom G8-Gipfel ausgeschlossene Russland wieder einzuladen und von G7 wieder zu G8 zurückzukehren. Seit Wochen wird in der deutschen Wirtschaft, aber auch in öffentlichen Diskussionen wie dem “Presseclub” von klugen Entspannungspolitikern von Ischinger bis Verheugen die Forderung nach Rückkehr Russlands zum G8 erhoben. Als Geste der Wiederannäherung, als Entspannung und aufgrund der gemeinsamen Interessen von Europa und Russland in der Sicherheitspolitik. Nun wird ein richtiger und politisch überfälliger Vorschlag ja nicht allein dadurch falsch, dass er von einem politischen Hazardeur, Provokateur und Populisten wie Trump in Provokationsabsicht geäußert wird.

Statt zwischen Trump und einem sinnvollen Vorschlag zu unterscheiden, übertrafen sich Tusk, Merkel und Macron gegenseitig und blind wie unter einer ukrainischen “Haßkappe” ohne Rücksicht auf EU-eigenste Interessen in der Zurückweisung des Trump-Vorschlages, noch bevor Wladimir Putin brüsk erklärte, sich bündnispolitisch derzeit sowieso anderweitig zu orientieren. Damit liess er sowohl aus Trumps Vorschlag wie aus der EU-Reaktion elegant jede Luft heraus und alle im Regen ihrer eigenen politischen Blödheit stehen.

Überhaupt Tusk – muss der sich nicht vor seinen Äußerungen als EU zumindest mit Merkel und Macron in abstimmen? Hätten sie alle doch einfach mal ein paar Stunden lang die Klappe gehalten! Putin hätte ihnen das Geschäft abgenommen. Denn nach seiner Stellungnahme hätte Trump so alt ausgesehen, wie ein 400 Jahre alter, “petrified tree” im Yellowstone-Park!

Merkel und Macron: schlecht vorbereitet und jetzt brüskiert

Stattdessen stehen nun diese “glorreichen Drei” doppelt brüskiert da, von Trump, ihrer eigenen EU-Position, vernichtend ignoriert von Putin! Dem muss das wie späte Rache an der verletzenden Äußerung Obamas von der “Regionalmacht” Russland wie Öl ‘runtergegangen sein. Denn weder Merkel noch Macron hatten wohl bedacht, dass Italien eine neue populistische Regierung hat. Naja, das kam ja auch nur am Rande in den Nachrichten vor und deshalb konnten die beiden dann wohl auch nicht mal miteinander darüber telefonieren und eine gemeinsame Sprachregelung überlegen, für den Fall, dass diese Populisten mit Trump gemeinsame Sache machen würden. Wer ahnt denn auch sowas, wenn “Fünf Sterne” Kasper und “Lega” Rassisten miteinander koalieren..?

Das alles scheint völlig unvorhersehbar gewesen zu sein. War wohl nur ein Zufall, dass es vor einigen Tagen beim Finanzministertreffens der G 7 zum ergebnislosen Desaster kam?

Früher… also ich meine ganz früher, in meiner Jugend also gefühlt in der politischen Kreidezeit, als der Mond noch viel näher an der Erde war und Dinosaurier wie Breschnew, Andropow und Tschernjenko die böse “Sowjetunion” anführten und der Cowboy Ronald Reagan in den USA den Neoliberalismus entfesselte, hat man auch mal Treffen, von denen im Vorhinein klar war, dass sie nichts bringen, einfach abgesagt, damit beide Seiten ihr Gesicht wahren und alles nochmal überdenken konnten.

Schadensbegrenzung nennt man das. Sowas haben wir sogar zwischen Jungdemokraten – damals FDP-Jugendorganisation – und der sowjetischen “Komsomol” praktiziert, weil die UdSSR Afghanistan überfallen hatte. Aber wir waren ja auch ziemlich politisch, schon als Jugendliche, damals. Dass dieses “G7-Treffen”, 1:6 oder gar 2:5 ausgehen könnte, hätte dagegen niemand von den heute amtierenden, ausgewachsenen Politikern auch nur ahnen können!

Niemand?

Außerdem – was sollen solche Treffen, zu denen Russland und China, die 15-20% der Weltwirtschaft repräsentieren, gar nicht eingeladen sind, in Zeiten von Trumps wirtschaftspolitischem Amoklauf eigentlich wem bringen?

Merkel hat als “Mitläuferin” in ihrer politischen Jugend scheinbar nichts gelernt – Kanzler- und Auswärtiges Amt lassen sie in Fallen laufen

Merkel und Macron waren beide wohl nie Mitglied in einer politischen Jugendorganisa…..hoppla..Merkel war doch in der FDJ – aber gelernt hat sie da wohl nichts. Sie ist zwar mein Jahrgang, aber auf internationalen Begegnungen von Jungdemokraten und Jusos mit der FDJ habe ich sie – im Gegensatz zum Kollegen Olaf Scholz – nie gesehen oder kennen gelernt – sie war nur “Mitläuferin”. Schade eigentlich – durch die “Westkontakte” hätte sie was lernen können! Allerdings muss zu ihrer Ehrenrettung festgestellt werden, dass auch Kanzleramt und Auswärtiges Amt seit Jahrzehnten nicht mehr derart stümperhaft und desaströs und sehenden Auges in internationale politische Fallen getappt sind und obendrein ihre Chefin nicht vor einem derartigen außenpolitischen Desaster bewahrt haben.

Vielleicht war man noch betrunken aufgrund der Feier wegen des Sitzes im UN-Sicherheitsrat für zwei Jahre? Wissen die inhaltlich überhaupt, wofür man den braucht? Was “regieren” da inzwischen für Stümper*innen?

Wie cool reagierte dagegen dieser Tage der schwäbische Schraubenhersteller Reinhold Würth (83), Platz 11 auf der Liste der reichsten Deutschen (ca. 10 Mrd. Euro) und tätig in 80 Ländern in Sachen Schrauben: Er spricht im Zusammenhang mit Trumps Politik von “einem Kaschperletheater im Weißen Haus”, man müsse “halt abwARTE, dass der net wiedergewählt wird.”- in seinem Alter! Kein Wunder – wenn der keine Schrauben mehr herstellt, fällt wahrscheinlich der ganze Planet auseinander…

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net