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Die Radstation ist – zu kleiner – Teil der Lösung

Es ist Sommerloch. Da bekommt sogar ein einzelner Luxusradler mit mehreren Liebhabermodellen in der Garage Platz in Bonns Monopolzeitung eingeräumt. Ist OK. Dann will ich mal an dieser Stelle auch nicht schweigen. Der Ansatz, die Radstation dafür zu kritisieren, dass sie unzureichend ist, ist genau falsch. Die Schlafmützen sind – wie immer – die Stadt und die DB.
Ich war Stammkunde der Radstation in ihren Gründungsjahren zu Beginn dieses Jahrtausends. Sie residierte in der längst abgerissenen ehemaligen Expressgutabfertigung, da, wo heute das Hotel steht. Als Beueler war es immer umständlich, sie überhaupt durch Unterquerung der Bahnstrecke („Pissrinne“) zu erreichen. Aber die Abstellsicherheit und der persönliche Servise, den ich dort erhielt, war es mir wert. Mein heute 21 Jahre altes Fahrrad war mir nämlich 1999 kurz nach dem Kauf in verschlossenem Zustand an der Vorderseite des Hauptbahnhofes geklaut worden. Der Dieb fuhr zufällig in der Nordstadt genau am damaligen Laden von Velocity (damals: “Stahlross”) vorbei, Geschäftsführerin Monica Fassbender, die mir exakt dieses Rad Tage zuvor verkauft hatte, sah ihn, stellte ihn zur Rede (das Rad war codiert), er trat die Flucht an, sie stellte das Fahrrad sicher, rief mich in Düsseldorf an, ich könne das geklaute Rad wieder im Laden abholen. Die Geschichte wurde zu einer Art positivem Trauma für mich.
Zurück zur Radstation: sie war überfällig, ich war froh, dass es sie endlich gab. Sehr lästig für mich war die frühe abendliche Schliessungszeit. Mir wurde als Abonnent geholfen. Ich hinterliess einen Zweitschlüssel, und die Kolleg*inn*en stellten das Rad sicher abgeschlossen nach draussen. Heute gibt es endlich Codekarten für eine 24-Stunden-Nutzung. Der Reparaturservice war nicht von so hoher Qualität, wie ich sie bei Velocity gewohnt bin, aber für Kleinigkeiten optimal günstig und für mich als damaliger Pendler optimal zugänglich.
Was ist nun das Problem? Selbstverständlich ist die Radstation zu klein. Bitte sehr: es gibt genug Grossinvestoren, die am Hbf. gerade versuchen, sich mit ihrem Immobilienkapital eine goldene Nase zu verdienen. Warum werden sie nicht genötigt, Platz für mehr Fahrradservice in der City vorzusehen? Wo ist der Einzelhandelsverband, der sich um solchen Kundenservice kümmert? Es geht nicht mehr um den Autoparkplatz, sondern um diebstahlsicher Fahrradstellplätze vor der Tür.
Beuels Bioladen Momo kämpft seit seiner Existenz um mehr davon. Nicht nur am kundenstarken Samstag, sondern täglich laufen seine Fahrradstellplätze über. Es könnte bald zu Gewalttaten kommen, denn immer noch gibt es einzelne unbelehrbare Autofahrer*innen, die sich zeitweise quer davor stellen und Dutzende Fahrräder blockieren, weil sie nicht in Tiefgaragen fahren mögen. Immobilienbesitzer*innen der geschlossenen Blockbebauungen im Combahnviertel würden die Autoparkplätze auf dem Gehsteig vor ihrer Haustür ebenfalls gerne durch Fahrradstellplätze für sich selbst und ihre Besucher*innen ersetzen. Und wissen nicht, wo ihnen bei der Stadtverwwaltung geholfen wird.
Mit dem Zug von immer mehr Menschen in die Städte verschärfen sich die Konflikte um ihre Flächen. Da sind Individuen, die aufgrund schmaler “Radstände” weniger davon benötigen, im Vorteil gegenüber Traktor-, Panzer- und SUV-Fahrer*inne*n. Jetzt warten wir nur noch darauf, dass das im Alten Rathaus und im Stadthaus und bei den Schnöseln der Immobilien-Projektentwickler*inne*n zur Kenntnis genommen wird.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

Ein Kommentar

  1. Rainer Bohnet

    Sehr gut. Ich fordere immer wieder sichere Fahrradabstellplätze an allen öffentlichen Gebäuden und an wichtigen Verkehrsknotenpunkten. Die Stellplatzverordnung müsste auch geändert werden. Denn die schreibt bei Neubauten bisher ausschließlich Kfz-Parkplätze vor.

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