WDR-Fernsehdirektor Schönenborn – ausgerechnet! – fabrizierte im ARD-Presseclub einen #metoo-Unfall
Versetzen wir uns empathisch in die Lage von WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn. Mehrere tausend Beschäftigte unter sich, viele lustlos und sauer. Eine komplexe Umorganisation des ganzen Senders steht an. Einerseits muss er sie begreifen und seinen Leuten erklären. Andererseits weiss er noch gar nicht, ob sein eigener Vertrag verlängert wird. Das wurde nämlich im Rahmen dieser ärgerlichen #metoo-Debatte vertagt. In dieser Debatte wird auch versucht, ihm Fehlleistungen anzukreiden. Manche Einzelfälle liegen so lange zurück, dass die Erinnerung daran schwerfällt – während die Leidtragenden sie gerne los wären. So ungerecht ist alles verteilt.
Da ist es fast schon erholsam, im Kreise von Kolleg*inn*en anderer Häuser und Redaktionen, die ihn gewiss alle, manche mehr, manche weniger, um seine tolle Karriereposition beneiden, eine Dreiviertelstunde über anderer Leuts Probleme zu palavern. Das kann in so einer Lage ganz entspannend sein. Als Moderator muss er nur darauf achten, dass alle möglichst gleichberechtigt zu Wort kommen, und er auf der Zielgerade der 42 Minuten Sendezeit einen möglichst runden Abschluss hinmoderiert bekommt. Eingerahmt von so klugen, schönen Frauen wie Kristina Dunz und Ferdos Forudastan versprach es ein schöner Sonntagmittag zu werden.
Und dann das. Der Junior des einstigen WDR-Chefredakteurs Casdorff spielt foul, bringt Frau Dunz gegen sich auf, und er, Schönenborn verheddert sich hilflos in einer Schiri-Rolle, auf die er sich nicht vorbereitet hatte. Falle gestellt, in die Falle reingelaufen. Sie schnappt zu.
Nun hat der Spiegel es nur in seinem Kinderzimmer bento gesendet, in der Räumlichkeit seiner Homepage ist das im Keller. Für mich wäre das allein nicht Anlass genug gewesen, es hier zu beschreiben.
Die entscheidende Frage ist: war das im Presseclub eine blöde Panne? Die jedem mal passieren kann? Oder ist sie bezeichnend für die innere Betriebslage des WDR? Der Wulf-Matthies-Bericht hat zutage gefördert, was Wochen zuvor schon Rundfunkrätin Karin Knöbelspies in öffentlicher Sitzung kritisiert hatte. Die Arbeitsatmosphäre im WDR ist angstbeladen und kreativitätstötend, für Frauen noch mehr als für Männer. Die bestehenden Hierarchien sind tiefere Ursache von alldem, und sie stinken von oben – da wo Schönenborn ganz in der Nähe ist. Ist er Mitverantwortlicher oder Mitleidender? Dem Programm merken wir diese Probleme schon lange an.
Jetzt können wir als zahlende Auftraggeber nur die herzliche, aber bestimmte Bitte aussprechen: macht Euch zügig an die notwendigen Entscheidungen, und nehmt Euch die Bundesregierung auf keinen Fall zum Vorbild.
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