Die deutschen Zeitungen haben sich in Vor- und Nachbesprechungen mit Lobeshymnen überschlagen, dabei ist es nur ein überdimensionierter Werbespot der New York Times (NYT): der Dokumentarfilm “Mission Wahrheit” von Liz Garbus. Er wurde gestern von ARTE ausgestrahlt, bleibt dort einen Monat in der Mediathek und wird heute Abend zu späterer Stunde im WDR-TV wiederholt. Trotz Überlänge wird er nicht langweilig, gestern nickte ich nicht weg. Donald Trump hält die Erregungskurve hoch. Für Menschen, die nichts darüber wissen, aber über heutigen Elite-Journalismus in den USA mehr erfahren wollen, ist er informativ.
Wichtige, von Trump unabhängige, aber für heutige Medienarbeit elementare Fragen spart der Film – und vielleicht auch die NYT? – planmässig aus. Nur wenige Minuten wird ein Arbeitskampf gegen Stellenkürzungen gewürdigt; am Schluss dagegen werden viele hundert Mitarbeiter*innen gezeigt, wie sie sich und ihre Arbeitgeberin feiern. Hollywoodlike: ein schmalziges, unrealistisches Happyend. Da geht es hierzulande anders zu: deutsche Zeitungsverleger schliessen komplette Redaktionen und gründen “neue” Firmen, bei denen sich die Entlassenen bewerben “dürfen”, wenn sie den Saftladen noch nicht leid oder psychisch erkrankt sind. Das Privateigentum an Medienunternehmen ist im heutigen Kapitalismus der Kern des Problems und wächst sich zu einer Gefahr für die Demokratie aus. Letzteres kommt in dem Film vor; das Privateigentum an der angeblichen “vierten Säule” (“The Fourth Estate”) der Demokratie dagegen nicht. Im Gegenteil wird offen artikuliert: “Wir brauchen einen Milliardär.” Das wird Trump gehört haben.
Ebenfalls unbesprochen im Film wie in den Lobeshymnen bleibt die selbstreferentielle Rekrutierung der Redakteur*inn*e*n in urbanen Akademiker*inne-Milieus. Zwar kommt #metoo als Rechercheerfolg vor; es war die NYT, die den Fall Weinstein aufbrachte, und der Film zeigt viele starke Frauen in der Redaktion; das verdient Respekt. Auch wird eine aus Haiti stammende schwarze Mitarbeiterin näher porträtiert. In allen Gruppenszenen waren Nichtweisse jedoch sichtbar unterrepräsentiert. Da konnte auch Chefredakteur Dean Baquet, betont cool inszeniert, nicht drüber hinwegtäuschen. Wie die Redaktion von der Wahl Trumps so “überrascht” werden konnte, wird nur oberflächlich thematisiert.
Verdienter Preis für Beueler Kinoprogramme
Gerechter ist das wenige tausend Euro sparsame Lob für das Kino in der Brotfabrik. Auch die Beueler Filmbühne und das Endenicher Rex wurden prämiert. Alle drei haben schon seit Jahren ein berechtigtes Abo auf diese Ehrung durch die NRW-Filmstiftung. Zwei bepreiste Kinos wenige Meter nebeneinander in einem Stadtteil – das gibt es nur in Beuel.
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