Schon im vergangenen Jahr hatten wir hier die Privilegierung der Kirchen zur Grundrechtsverletzung kritisch hinterfragt. Das kirchliche Arbeitsrecht ist nach wie vor ein Relikt aus Zeiten der Allianz von Thron und Altar und damit Überbleibsel des Mittelalters, das mit unserem modernen säkularen Verfassungsstaat unvereinbar ist. Um so mehr, als Artikel 137 Weimarer Reichsverfassung, der am 11.August 100 Jahre alt wird und laut Grundgesetz geltendes Recht ist, jegliche Staatskirchlichen Privilegien verbietet. Dem hat die gestrige Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in einem zentralen Punkt Rechnung getragen.
Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union begrüßt die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zugunsten eines Chefarztes, dem von seinem kirchlichen Arbeitgeber gekündigt worden war. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die verletzte Loyalitätspflicht nur für die katholischen Mitarbeiter*innen des Krankenhauses gelte, für alle anderen jedoch nicht. Darin liegt laut BAG eine diskriminierende Ungleichbehandlung. Eine Ungleichbehandlung nach Religionszugehörigkeit bleibt zwar weiter erlaubt, aber nur, wenn es im Hinblick auf die konkrete berufliche Tätigkeit eine “wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte Anforderung” darstellt. Im Jahr 2009 kündigte das katholische Krankenhaus seinem Chefarzt, als es erfuhr, dass dieser nach Scheidung seiner ersten Ehe seine neue Lebenspartnerin standesamtlich geheiratet hatte. Das BAG hatte zunächst zugunsten des Arztes entschieden. Allerdings entschied der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts, dass der Arzt durch das Eingehen seiner zweiten Ehe eine Pflicht aus seinem Arbeitsvertrag verletzt habe.
“Das Verbot des Lebens in kirchlich ungültiger Ehe” sei Inhalt des Arbeitsvertrages mit dem katholischen Träger des Krankenhauses. Eine solche vertragliche Loyalitätspflicht in kirchlichen Arbeitsverhältnissen dürfe von staatlichen Gerichten nur eingeschränkt überprüft werden. Bei der Abwägung der Rechte des Krankenhauses mit den Rechten des Chefarztes sei das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen stärker zu berücksichtigen. Daraufhin legte das BAG den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor, der entschied (Az. C 68/17), dass der Arbeitnehmer durch die Bestimmung im Arbeitsvertrag rechtswidrig diskriminiert worden sei. Denn das Verbot des Lebens in kirchlich ungültiger Ehe beträfe lediglich die katholischen Angestellten des Krankenhauses, nicht aber jene, die anderer oder gar keiner Konfession seien.
Seit ihrer Gründung kritisiert die Humanistische Union das Sonderarbeitsrecht der Kirche scharf. Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen kann nicht so weit reichen, dass für die Kirchen eine Ausnahme vom Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gemacht wird. “Von kirchlichen Trägern, die staatliche Leistungen erhalten, muss erwartet werden können, dass sie sich auch an staatliches Arbeitsrecht halten, das gilt umso mehr, als weiterhin ca. 1,3 Millionen Arbeitnehmer*innen in kirchlichen Einrichtungen beschäftigt sind und keineswegs alle sich den kirchlichen Werten verpflichtet fühlen”, so Dr. Kirsten Wiese, Vorstandsmitglied der Humanistischen Union.
Insofern beschreitet das BAG mit seinem Urteil nach der Entscheidung im Fall Egenberger vom Oktober letzten Jahres weiter den arbeitnehmerfreundlichen Weg. Schon dort hatte der EuGH entschieden, dass die Kirchen bei der Auswahl von Arbeitnehmer*innen nicht ohne Weiteres mit Verweis auf ihr Selbstbestimmungsrecht festlegen können, dass diese einer bestimmten Konfession angehören müssen. Die geforderte Religionszugehörigkeit muss für die zu besetzende Stelle auch nach der Art der auszuübenden Tätigkeit relevant sein. Infolgedessen sah das BAG in der Nichteinstellung der konfessionslosen Vera Egenberger bei der Diakonie einen Verstoß gegen das AGG.”
Dass sich die Gerichte überhaupt mit solchen im Sinne der Aufklärung absurd erscheinenden Fällen beschäftigen müssen, ist auch ein Versäumnis des Gesetzgebers Bundestag, der es bisher unterlassen hat, das Arbeitsrecht und viele andere Rechtsbereiche zu säkularisieren. Dabei sind die Nichtgläubigen mit über einem Drittel inzwischen die größte “Konfession” in Deutschland. Es kann nicht sein, dass einem Beschäftigungssektor mit 1,3 Millionen Menschen das Streikrecht und andere elementare arbeitsrechtliche Sicherungen systematisch verwehrt werden.
Darüber hinaus ist es ein Skandal, dass die christlich-salafistische Sekte sogenannter “Katholiken” weiterhin systematisch Frauen diskriminiert, indem sie ihnen den Priesterberuf verweigert und ihre männlichen Schamanen zu ausschliesslich ausserehelichen sexuellen Praktiken zwingt, obwohl diese sogar das Gegenteil predigen müssen. Obwohl bis zu zwei heterosexuell gezeugte Schamanenkinder von der sogenannten “katholischen Kirche” finanziert werden, zwingt sie ihre Schamanen, insbesondere die schwulen, durch ihre perversen Sexualitätsregeln de fakto in die Illegalität, wodurch es nicht verwunderlich ist, dass bei diesen Tätern auch die Grenzen zum Mißbrauch fließend werden. So verletzt der sexualfeindlich-autoritäre Komplex mit Sitz in Rom fortlaufend weiterhin systematisch Grund- und Freiheitsrechte unserer Verfassung. Dem muß nach 70 Jahren Grundgesetz endlich Einhalt geboten werden.
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