Die sich “Die Linke” nennende Partei kam bei der Europawahl nur noch knapp über 5%. Seitdem rappelt es dort im Karton. Im Osten stirbt sie weg, die einstige “Kümmererpartei” implodiert demografisch. In urbanen Ballungsräumen des Westens gibt es Zugewinne, die das nicht aufwiegen können. Einerseits kann oppositionelle Glaubwürdigkeit erarbeitet werden – wo es gut läuft – aber konterkariert wird es dadurch, dass sie alt, auf mehr oder weniger sympathische Art “von gestern” wirken, Überbleibsel der Geschichte. Das müsste nicht so sein. Und der Streit geht darum, wie aus dieser Klemme ein Entrinnen gelingt. Im Freitag finde ich dazu einen guten Beitrag von Michael Jäger. Ich kenne ihn schon lange, als Autor des “Argument”, späterer Freitag-Redakteur, interimistisch auch Chefradakteur (was seinen Begabungen wahrscheinlich weniger entsprach). In den 90ern mischte er sich aktiv in Diskussionen der linken Grünen ein, aber damals schon skeptisch-realistisch. Für mich ist er ein integrer unabhängiger linker Intellektueller, und die Klugen bei den Linken sollten seine Hinweise beachten.
Über Krisensymptome bei der Süddeutschen habe ich hier und hier schon berichtet. Der Hammer, der aber eigentlich über ihr schwebt, sind die Besitzverhältnisse. Über 80% der SZ gehören der Südwestdeutschen Medienholding, ein ultrakomplizierter Konzern zahlreicher südwestdeutscher Millionär*inn*e*n. Was Josef-Otto Freudenreich, der sich dort wirklich auskennt, in der Kontext-Wochenzeitung aus dem Konzerninneren berichtet, lässt nichts Gutes ahnen. Die Kolleg*inn*en in München sollten das aufmerksam lesen und sich gut auf alles vorbereiten, was ganz schnell bei ihnen Einzug halten könnte. Die Minderheitseigentümer der Familie Friedmann, einzige verbliebene Alteigentümerfamilie, werden sie nicht allein retten können ….
Ein ganz anders gelagerter Fall ist die – einst! – ehrwürdige, einst konservative Neue Zürcher Zeitung. Die kippt nun mit hoher Geschwindigkeit, aber wenig überraschend nach dortigen Führungswechseln, ins Reaktionäre um: taz/Wahrheit und Niggemeier/uebermedien. Deutschnationalismus von der Schweiz aus – wer braucht das?
Zum Schluss eine erfreuliche deutsche Mediensensation: ein deutsches Leitmedium, Soiegel-online, entdeckt den Africa Cup of Nations, “schon” zum Viertelfinale. Der Kölner Philipp Awounou porträtiert das Überraschungsteam von Madagaskar, würdige Nachfolger der früheren Favoritenkiller von den Kapverden. Wann habe ich das letzte Mal im Spiegel was gelesen, was ich noch nicht wusste? Ist es drei oder vier Jahrzehnte her? Danke Philipp für die gute Arbeit!
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