AKK und der Kindermissbrauch im Saarland
mit Update 21.7.
Das Saarland ist kleiner als Köln, immerhin etwas grösser als ein Campingplatz in Lügde. Was kann da verborgen bleiben? Was bleibt Chefinnen und Chefs in ihrem Verantwortungsbereich verborgen? Und wenn sie es doch mitkriegen: wie gehen sie damit um, wie handeln sie?
Donnerstagabend warf Monitor diese Fragen in Bezug auf die neue Rüstungsministerin auf. Annegret Kramp-Karrenbauer war 2011-2018 Ministerpräsidentin des Saarlandes, seit 2000 Landesministerin für zahlreiche Ressorts, u.a. Frauen, Familie und Sport. Ausserdem gehört sie dem “Zentralkomitee der deutschen Katholiken” an, in Sachen Kindesmissbrauch bekanntlich ein Expert*inn*engremium.
Zwischen 2010 und 2914 soll es in der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums des Saarlandes zu organisiertem Kindesmissbrauch in möglicherweise hundert Fällen gekommen sein. Endlich läuft darüber ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren.
Eine Frau, die in das Format einer Bundeskanzlerin hineinwachsen will, sollte sich trauen, sich in den Wind zu stellen und öffentlich zu erläutern, wie sie sich Kenntnis verschafft und verantwortungsgemäss gehandelt hat. Ist das schon zuviel verlangt? Berliner Zyniker*innen halten es womöglich für “professionell”, wenn solche Skandale an Verantwortungsträger*inne*n abperlen, und sie danach so tun, als gehe es sie nichts an (“Aussitzen”).
Meine persönlichen Quellen aus diesem Zwergstaat berichten, dass AKK ausgesprochen professionell, ungefähr so wie die Bonner OBine Dieckmann mit ihren sauberen WCCB-Akten, darin sein soll, andere in den Regen zu stellen, um selbst nicht nass zu werden. Es wäre gut für alle Beteiligten, insbesondere die traumatisierten Kinder und Eltern, wenn Annegret Kramp-Karrenbauer beweist, dass das bei ihr ganz anders ist. Vielleicht sollte sie sich sogar mal von NRW-Landesinnenminister Reul beraten lassen, der auf öffentlicher Bühne eine entschieden bessere zerknirschte Figur abgibt – oder besser gerade das nicht?
Update 21.7.: Günter Bannas schreibt heute in seiner Kolumne im “Hauptstadtbrief der Berliner Morgenpost”: “Die Bewunderung über den Coup von heute kann schnell in Verwunderung – ‘Wie konnte sie nur?” – umschlagen.” Er bezieht das auf die kommenden ostdeutschen Landtagswahlen. Ich beziehe das auf die hier beschriebene Saarland-Affäre. Wer in ihrem Verantwortungsbereich so einen Kontrollverlust zulässt – ist die qualifiziert als Rüstungsministerin, gar als Bundeskanzlerin?

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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