Gewöhnlich lese ich weder Arnold Schölzel. den Schlaumeier-Chefredakteur der Jungen Welt, noch das Springermedium “Welt”, dessen Stilllegung von den Eigentümern bereits avisiert ist. Normalerweise sind beide für mich politisch nicht satisfaktionsfähig. Heute habe ich mal eine Ausnahme gemacht. Denn was Schölzel über seine “Welt”-Lektüre berichtet, ist in der Tat spektakulär. Die “Atlantiker” geben auf. Nicht ihren Rüstungslobbyismus, nicht ihr herrschsüchtiges Weltmachtstreben, nicht ihre Agressivität – nur ihr “Atlantiker”-Sein. Trump hat es geschafft: egal, ob Rechts, Links oder Mitte – das Vertrauen der europäischen Nato-Mächte, er werde sie vor den Russen und Chinesen beschützen, ist weg.
Hilflos sehen sie, wie das Russland Wladimir Putins mit strategischer Rückendeckung Chinas immer mehr politische Initiativen ergreift, in Regionen, die Nato und EU bisher immer als ihr eigenes Hinterteil, ääh -land, angesehen haben. Und das angesichts der Tatsache, dass Russland ökonomisch allenfalls noch als Mittelmacht angesehen werden kann. Geht es politisch blamabler?
Das lässt den Berliner Weltpolitikern keine Ruhe. Verständlich. Der Forschungsgruppenleiter der Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP), Marco Overhaus hat das herrschende Denken im Hauptstadtberlin wahrscheinlich gut zusammengefasst, hier in einem kurzen Interview, hier in einer ausführlichen Studie. Wer wissen will, was aussenpolitisch auf uns zukommt, sollte das lesen.
Die politischen Schlüsse, die daraus zu ziehen sind, können grundverschieden und gegensätzlich ausfallen. In den 70er Jahren wurden darüber Bundestagswahlkämpfe entschieden. Heute ist es leider weitgehend zu einer Elitendiskussion degeneriert. Auch die Projektionsfläche Die Grünen bieten öffentlich dafür keine Einmischungsangebote. Im Falle des Falles wird dort auf Spin-Doktor*inn*enebene entschieden, wie sie sich positionieren. Wenn das so bleibt, wird instrumentell entschieden, um eine Regierungs- und Koalitionsoption nicht zu gefährden. Als Wähler und Mitglied bin ich damit nicht zufrieden, anspruchsvoller. Aber das ist wahrscheinlich naiv.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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