Beueler-Extradienst

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“Wir sind keine Rassisten!”

Nur “Opfer”, und zwar “bescheuerte”
Klassische Abspaltung: die deutsche Rassismusdebatte dieses Sommerlochs wird auf den Fußball und die kleinen Wichte des grossen FC Schalke 04 abgespalten und abgeladen. Also “Die”, nicht wir! Seit Tagen ernähren sich die sommerlochenden Medien daran. So billig, dass wir schon dran gewöhnt sind, wie an das billige Hackfleisch und die Tierfabrikschnitzel. Erst bei 6. oder 7. Sehen der TV-Bilder vom Einmarsch des Herrn Tönnies beim “Tag des Handwerks” in Paderborn fiel mir auf, dass in seinem inszenierten Gefolge ein Gesicht wiederkehrte, das in den letzten Tagen vermehrt angesehen werden musste: da war er auch dabei, der Herr Linnemenn. Der scheint eine beständige Spur von Missverständnisses hinter sich her zu ziehen. Ich zähle ihn zu den Nachfahren des “Andenpakts”, nur noch lächerlicher: arme Jungs, die in ihrem Karrierestreben von grausamen Dominas in ihrer CDU beständig unterdrückt werden.
Diese Weltsicht finde ich auch bei den Einladern und Bühnenbauern, den Inszenierern und Regisseuren (Frauen waren keine im Bild) des Auftritts des Herrn Tönnies wieder. Ihre Stellungnahme ist viel zu wenig bekannt. Ich habe nirgendwo einen Bericht darüber gefunden. Dabei fühlt sich die Kreishanderkerschaft Paderborn-Lippe von den fiesen Medien offensichtlich verfolgt, geteert, gefedert und gefoltert. Das kannten sie da bisher wohl nicht, dass sie in so hoher Frequenz von Medien, die gar nicht aus Paderborn sind, um ihre Meinung gefragt wurden. Gibt es denn für deutsche Vereine überhaupt keine Menschenrechte gegen politische Verfolgung durch die Medien mehr?
Immerhin besteht die aussergewöhnlich ausführliche Originalstellungnahme, die mit einem finalen “mehr gibt es dazu nicht zu sagen” endet, fast zur Hälfte aus der Wiedergabe von Medien, die den Paderborner Handwerker*inne*n darin zustimmen, dass sie überhaupt keine Rassisten sind, bescheinigt von Fachleuten wie Sigmar Gabriel, Günter Nooke und Kai Gniffke. Die haben schliesslich Ahnung davon, sind ja als weisse Männer ständig selbst übelsten Diskriminierungen ausgesetzt.
Es ist nicht so witzig, wie ich hier mühselig zu sein versuche. Diese Stellungnahme der Paderborner Handwerkerschaft ist allzu repräsentativ für das Stadium der gesellschaftlichen Debatte und den realen Bewusstseinsstand des in der Menschheitsgeschichte der letzten Jahrhunderte beständig missverstandenen deutschen Bürgertums.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

Ein Kommentar

  1. Rolf Sachsse

    Die ersten Erwähnungen der Rede von Tönnies berichteten von Beifall für die markierten Sätze; die versammelte Handwerkerschaft samt Bischof und anderen Würdenträgern war also von diesem Satz ausdrücklich angetan. Das passt zu den derzeit kursierenden, für viele Berufe skurrilen bis existenzgefährdenden Versuchen der deutschen Handwerker (hier braucht es kein Gendersternchen, die sind ausschließlich männlich), für alle Gewerbe, die 2004 aus der Meisterbindung herausgenommen worden waren, dieselbe jetzt wieder einzuführern. Da spielt die CDU auf allen Kanälen fleißig mit: zurück in die 1950er bis 1970er Jahre mit mächtigen Kreishandwerkerschaften, die über Niederlassungen als Selbständige richten. So kann man nachhaltiges Wirtschaften auch ruinieren.

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