Zur kriegerischen Aggression des Erdogan-Regimes gegen die Kurd*inn*en in Syrien wurde hier und hier schon das Wesentliche ausgeführt. Rainer Hermann/FAZ liefert eine einleuchtende Einschätzung seiner strategischen Interessen. Doch sehen die Eiertänze der europäischen Regierungen und Kapitalinteressen besser aus? Diese Frage muss wohl mit einem einfachen “Nein” beantwortet werden.
Was die Bundesregierung bewogen hat, “keine neuen Genehmigungen für alle Rüstungsgüter, die durch die Türkei in Syrien eingesetzt werden könnten, (zu) erteilen.”, enthält sie uns vor. Vor allem die Gründe zu den rhetorischen Scheunentoren für die schon erteilten Genehmigungen und den Konjunktiv zum Einsatz in Syrien. Frankreich und Luxemburg profilieren sich öffentlich deutlicher; wie ehrlich das sein mag, ist eine andere Frage …
Sport in die Kriegführung integriert
Die Vorhänge zur Seite riss das Fußball-Geschehen des Wochenendes. In meiner kindlichen Erinnerung diente der Sport noch der Völkerverständigung. Uns wurde die Legende erzählt, während der Olympischen Spiele im antiken Griechenland seien alle Kriegshandlungen unterbrochen worden. Das höhnische Lachen bleibt mir heute im Halse stecken: der Sport wird in die Kriegsführung integriert. Die türkische Fußballmannschaft muss salutieren: nicht nur beim Antritt vor dem Spiel, sondern auch beim Torjubel (ein mickriges 1:0 gegen Albanien) – alles ausreichend, um sie durch die Uefa von der EM auszuschliessen. Das wird selbstverständlich nicht passieren. Für das Fußballgrosskapital ist das Land noch ein unterentwickelter und daher grosses Wachstum versprechender Markt.
Mitten im Vordringen (a)sozialer Medien drohen nun einige Dinge ausser Kontrolle zu geraten. Obwohl von der DFB-PR-Abteilung (über 100 Angestellte) manngedeckt, haben die Herren Multimillionäre Gündogan und Can, angeblich ohne lange darüber nachzudenken, in einem spontanen Ausbruch ihre Begeisterung zu diesem Geschehen öffentlich gemacht. Herr Can war damals beim berühmten Erdogan-Foto absichtlich nicht dabei, Herr Gündogan ist dagegen ein mehrere Millionen schwerer Immobilieninvestor in Erdogans Türkei und muss seine Familie (= seine Firma) schützen. Der Krieg (s.o. Rainer Hermann) bringt sie wieder zusammen; das findet gewiss Receps Wohlgefallen. Unten in der Kreisliga, z.B. gestern in Herne zwischen FC Castrop-Rauxel und RW Türkspor Herne führte das gleiche Geschehen zu Schlägerei auf dem Spielfeld und Lebensgefahr für den Schiri (Radiomeldung WDR-Cosmo, nicht online; Lokalpresse nur mit Paywall).
Dumme-Jungen-Dummheiten gefährden das Investitionsklima
Woanders lachen sie darüber, DFB-Manager Bierhoff lässt sein Angestelltenheer an der Besänftigung der Märkte arbeiten. Das Investitionsklima soll nicht durch ein paar dumme-Jungen-Dummheiten gefährdet werden. Es geht um grössere Dinge als so ein paar Scharmützel in syrischen Wüsten. Sicher, schade um die Toten. Und um die Flüchtlinge sollte sich mal irgendjemand kümmern. Aber beim grossen Geschäft muss die Feindschaft doch ein Ende haben. Da spielen Nike gegen Adidas. Nike muss jetzt ein kleines Doping-Projekt schliessen, eine Leichtathletik-Kleinigkeit. Gleichzeitig ist der Konzern aktiv in der Entspannungspolitik mit Russland. Er hat nämlich den Abramowitsch-Verein FC Chelsea von Adidas abgeworben. Roman Abramowitsch ist wegen der aktuellen Spannungen nicht mehr so viel in London zu sehen – in der Globalisierung ist ja egal, wo mann gerade ist. Sein Superreichendasein ist, ähnlich wie bei Clemens Tönnies, an eine gute Beziehung zum Putin-Regime gebunden.
Nike ist übrigens ein klassisches Spielzeug des modernen globalen Grosskapitals. Grossaktionäre sind u.a. die Vanguard Group (8%, Unternehmenssitz in der Steueroase Delaware/USA, wohin sich einst auch die Bonner WCCB-Investoren geflüchtet hatten) und das allgegenwärtige Blackrock (5%). Wie wichtig ist für die wohl so eine kleine, dünne 22-jährige aus Königswinter? Selbst Millionärchen wie Can und Gündogan sind für die recht schlichte Zirkuspferdchen.
Und wenn sie wollten, könnten sie auch diesen Erdogan kaufen.
Update nachmittags: PS für Fans: auch dem allseits – auch bei mir persönlich – beliebten Arnd Zeigler fällt kein besseres Geschäftsmodell ein. It’s the economy, stupid!
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