mit Update
Liebe Bäuerinnen und Bauern. Ich weiss, dass die paar tausend Treckerdeppen Euch nicht repräsentieren. Es sind nur die Dümmsten unter Euch, die nicht verstehen, dass in einer Demokratie nicht die PS abstimmen, auch nicht die Grundbesitzer*innen, sondern alle Menschen ab 18 (ausser Ausländer und andere prekär und unter Sklavenbedingungen arbeitende). Eure Feinde sind nicht wir, die Verbraucher*innen. Sondern wir haben gemeinsame Feinde.
Die Produktionsbedingungen, die Euch und uns die Agrochemieindustrie diktieren will, ruinieren die Ökosysteme sowohl für Euch als auch für uns. Ihr wollt nicht, dass Euch Andere immer “reinreden” in Euer selbstständiges Schaffen. Dann dürft Ihr Eure Selbstständigkeit auch nicht an Düngemittel- sowie Saatgutmonopolisten und Datenhändler weggeben. Dass Bienen und Insekten ihre Arbeit weiter für Euch machen können, daran sind wir beide interessiert.
Ebenso wenig stimmt, was die Konzernzentralen des Einzelhandels glauben: dass wir immer billigeres Fleisch wollen, und davon unbegrenzt viel. Das wollen vielleicht MacDonalds, Burger King und andere Franscheiss-Ketten. Wir Verbraucher*innen wollen nicht immer fetter gemästet werden, sondern wir würden lieber gesund bleiben. Und Spass am Leben sowohl in der Stadt als auch auf dem Land haben. Da haben wir übrigens noch einen gemeinsamen Gegner: die Immobilienspekulation. Sie macht uns das Wohnen kaputt und Euch die Flächenpreise. Tun wir uns zusammen mit dem 93-jährigen Sozialdemokraten Hans-Jochen Vogel, der in diesem reifen Alter noch ein kluges Buch für uns geschrieben hat. Und üben wir gemeinsam Druck auf den Bundestag aus, dass er mit dieser Art Marktwirtschaft, mit einem Gut das nicht produzierbar ist, dem Land, endlich Schluss macht.
Doch wie können wir uns Aldi, Lidl, Edeka und Rewe erwehren? Wir Verbraucher*innen dadurch, dass wir dort nicht mehr kaufen. Ihr Bauern und Bäuerinnen dadurch, dass Ihr denen zu diesen Sklavenhalterpreisen nicht mehr verkauft. Indem Ihr weniger Masse und mehr Klasse produziert. Also z.B. Fleisch von Tieren, die Verbraucher*innen persönlich kennen lernen können. Oder Pflanzenfrüchte, die es nirgends so wie bei Euch gibt, weil Euer Boden und Euer Klima in Eurer Region einmalig und besonders sind. Wie z.B. sowas Banales wie die Tomaten von Priska und Erich Stekovics. Wer die gegessen hat, wird am heutigen Supermarkttomatenangebot irre. Nur so als Beispiel.
Wenn Ihr nicht wisst, wie das gehen soll. Und Euch ein eigener Hofladen zu viel Arbeit und Aufwand ist. Dann könnt Ihr Euch beraten lassen, im Rheinland z.B. hier. Oder hier; die Deppen von Euch auf den Traktoren in Berlin glauben und verstehen es nicht: aber solche Leute lieben die, die ihnen gutes Essen und Trinken herstellen, ja sie sind imstande, solche Leute zu verehren!
Ihr könnt durchaus wieder Spass an Eurem Beruf gewinnen. Und wir am Essen und Trinken mit Euren Produkten. Rheinländer & Westfalen in einem Bundesland wissen: “Es ist furchtbar, aber es geht.”
Update nachmittags: die Kolleg*inn*en von hintergrund.de haben hier die Lobbynetzwerke des Bauernverbandes noch einmal nachgezeichnet. Ein Aspekt bleibt unterbelichtet, ausser z.B. hier: die aktuellen Treckerdeppendemos sind nicht vom Bauernverband. Seine und der CDU/CSU-Basis bröckelt weg wie die Alpenberge in Österreich: jahrzehntelang wurde sie mit konservativer und reaktionärer Ideologie abgefüttert, und durfte die Drecksarbeit in der Landwirtschaft verrichten, sich ggfls. auch selbst vergiften. Nicht geschützt wurden sie vor dem Konzentrationsprozess, der sich in allen kapitalistischen Märkten abspielt – von dem ihr Anführer*innen besonders profitieren. Das war beim Ende des Steinkohlebergbaus im Ruhrgebiet in den 60er-80er Jahren noch anders – vor dem Siegeszug des Neoliberalismus. Da war die SPD noch stark genug für “ihre Leute” zu sorgen; das ist jetzt schon 40 Jahre her (Dankeskarten bitte an Ronald Reagan, Margret Thatcher, Gerhard Schröder/Bodo Hombach/Joseph Fischer und Wolfgang Schäuble und die deutschen Wissenschaftswaisen – wers nicht lassen kann: auch an Friedrich Merz). Zu Systemkritik reicht es bei den rechten Deppen nicht. Aber dafür zu erkennen, dass sie “verraten” wurden, reicht ihre Intelligenz aus. Das macht Lobbyverband und CDU (Klöckner u.a.) scheinbar hypernervös, zu Recht. Obwohl: sind ja nicht mehr viele übrig … Nun brechen sie nach rechts aus – da ist eine Wand. Auf der steht: “Klimawandel” und “artensterben”. Rennen sie gegen die Wand? Oder lernen sie lesen?

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net