Kommentar zur Entscheidung des Entscheidung des UNO-Sicherheitsrates über die Fortsetzung internationale Syrienhilfe
Über 1.6 Millionen hilfsbedürftige Menschen im Nordwesten Syriens, insbesondere in der militärisch weiterhin heftig omkämpften Provinz Idlib, dürfen auch weiterhin von humanitären Organisationen der UNO mit Lebensmitteln, Medikamenten und anderen überlebenswichtigen Gütern versorgt werden – zumindest in den nächsten sechs Monaten. Allerdings können die Regierungen der beiden Kriegsakteure Syrien und Türkei künftig noch stärker als bislang schon über die Verteilung dieser Güter mitbestimmen. Für 1,4 Millionen ebenso hilfsbedürftige Menschen im syrischen Nordosten gibt es die internationale Hilfe seit Samstag nicht mehr.
Für dieses extrem zynische Ergebnis monatelanger Verhandlungen im Sicherheitsrat über die Fortsetzung des Mandats für das UN-Nothilfebüro (OCHA) in Syrien sind in erster Linie Rußland und China verantwortlich. Mittels ihrer Vetomacht setzten sie die Schließung der beiden bislang für humanitäre Lieferungen geöffneten syrischen Grenzübergängen mit Irak und Jordanien ebenso durch wie die Verkürzung des OCHA-Mandats von zwölf auf sechs Monate.
Rußland behauptet, die notleidenden Menschen im Nordosten Syriens seien schon länger nicht mehr auf internationale Hilfe angewiesen, da die Regierung Assad willens und in der Lage sei, sie ausreichend zu versorgen. Dieser in jeder Hinsicht falschen Behauptung widersprechen nicht nur westliche Regierungen, die ebenfalls am Syrienkonflikt beteiligt sind und eigene Interessen verfolgen, sondern auch OCHA und alle regierungsunabhängigen internationalen Hilfsorganisationen.
Egal, was man von der Regierung Assad hält: sie ist nach dem Völkerrecht die souveräne Regierung Syriens und hat daher formal das Recht, über die Öffnung oder Schließung der Grenzen des Landes zubestimmen. Die Blockade überlebenswichtiger internationaler Hilfslieferungen für die notleidende Zivilbevölkerung mit dem Ziel, derzeit noch von anderen Akteuren beherrschte Regionen im Nordosten des Landes wieder unter ihre volle Kontrolle bringen, ist allerdings ein schwerer Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht und die universell gültigen Menschenrechtsnormen. Derartige Verstöße haben nicht nur syrische Regierungstruppen und mit ihnen verbündete Milizen, sondern auch vom Westen, von Saudiarabien oder der Türkei unterstützte islamistische Rebellengruppen in den jetzt fast neun Jahren des Syrienkonflikts viele Male begangen. Daher ist die scharfe Kritik am aktuellen Verhalten Rußlands und Chinas im UNO-Sicherheitsrat von Seiten der Regierungen in Washington, London und anderen westlichen Hauptstädten leider wenig glaubwürdig.
Dieser Beitrag erscheint auch bei taz.de, hier mit freundlicher Genehmigung des Autors.
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