Es soll Leute geben, die es geradezu genial finden, dass die Grünen einen so verflüssigten Eindruck machen. Flüsse enden nicht an einem Ziel. Sie fliessen in Meere und Ozeane. Und kommen in glücklicheren Teilen der Welt als Regen zurück. Dort nähren sie Mensch und Natur. Grössere Teile versickern und kehren über Flüsse dahin zurück, wo sie hergekommen sind. Ist es das, was die Grünen wollen? Sich im wiederkehrenden Kreislauf zu integrieren, ohne zu stören?
Da es mir hier um Politik geht, halte ich das nicht für die optimale Idee. Folgende Symptome bereiten mir entsprechend Sorge. Von der Unsicherheitskonferenz in München hat sich ein Harmonie-Foto von Frau Baerbock und Herrn Laschet festgesetzt. Von dem entsprechenden Diskussionsereignis wurde der kritischere Teil von Herrn Laschet überliefert, der die mangelhafte Europapolitik der Bundesregierung, vollkommen zurecht, bemängelte. Frau Baerbock dagegen regte Mediendiskussionen über ihre Kleidung an. Ja sicher, das zeigt, wie malle entsprechende was-mit-Medien-Leute in ihrem unsortierten Kopf sind. Andererseits kann mir angesichts der medialen Professionalität der Grünen Parteispitze niemand weismachen, dass Frau Baerbock und ihre Spindoktor*inn*en nicht darüber nachgedacht haben. Von ihr bleibt aus München nur dieses Statement dokumentiert.
Die Münchener Unsicherheitskonferenz wird seit Jahrzehnten von den Eliten dominiert, die ein politisches und ökonomisches Interesse an Konfrontation, Dominanz und Aufrüstung haben. Ihre Botschaft wird bereitwillig, ja sogar unterwürfig transportiert, landet aber nicht. Seit den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts hat die Mehrheit der Deutschen gelernt, die Lügen der Rüstungslobby zu entschlüsseln, auch wenn es nicht mehr “Wehrkunde-Tagung” heisst. Darum ist dieses Münchener Ereignis unfähig, “Sicherheit” zu verbreiten. Die Realist*inn*en unter den Lobbyist*inn*en wissen längst, dass das PR-Optimum die Verbreitung von Furcht und Verunsicherung ist. Ich habe nichts dagegen, wenn auch Grüne Politiker*innen dahin gehen. Es gibt dort auch Andersdenkende. Und es böte Gelegenheit, in der medialen Ausleuchtung dieses Ereignisses, für das sich fast alle relevanten deutschen Medien gerne hergeben, alternative, ja sogar widerständige Akzente zu setzen. In Davos war das Habeck, zumindest rhetorisch, noch gelungen. Von einer Partei, die sich anschickt, Regierungen zu erobern, muss das erwartet werden. Haben Sie es in München bemerkt?
Noch härter – vielleicht aber schmeichelt es ihm auch – hat es Baerbocks Ko-Kanzlerkandidaten Robert Habeck letzte Woche erwischt. Seine geilerfolgreiche Performance wurde hier – ich fürchte: sehr treffend – von der NDR-Extra3-Redaktion dekonstruiert. Die kennen sich aus mit Norddeutschen.
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