Nein, wir sind keine Rassisten, aber …
An dieser Stelle habe ich oft genug über den Spiegel geschimpft. Aber ich will nicht einseitig sein. Wenn ich sehe, dass ein Text von Danial Montazeri ist, greifen meine Augen zu. Er ist mit weitem Abstand der beste Fußballspiele-Leser seiner Redaktion. Und auch sonst nicht doof.
Fast hätte ich verpasst, was Montazeri aus Leipzig berichtete. Es war schon fast von der Spiegel-Startseite verschwunden. Wenn Montazeri iranische Verwandte hat, hat er garantiert ein Gespür, welche Diskriminierungsrisiken mit dem Coronavirus wachsen. Was er da berichtet, hat Tönnies-Format. Mit dem Unterschied, dass es sich nicht um Westfleisch sondern RedBull handelt. Beide sind ökonomisch global orientiert. Während aber Schlachter schmerzfrei sind, wenn ihnen Tierquälerei oder Menschenausbeutung und Rassismus vorgehalten wird, ist die RedBull-Zielgruppe gebildet, einkommensstark und weltoffen. Die Gebirgsgipfel, von denen es sich mit Risikosportarten runterstürzen lässt, sind halt überall auf der Erde verteilt. Manche sehen von dort sogar, dass die Erde schön ist, und es wichtig wäre sie zu erhalten. Und dass dafür die Zusammenarbeit aller, egal was sie sind und woran sie sonst glauben, notwendig sein dürfte. Auch wenn der Boss ein rechtsradikaler Oligarch ist: Vorrang hat, Umsatz und Profit zu machen. Und dafür ist junge, gebildete, zahlungsfähige Kundschaft erforderlich, die weit mehr konsumieren will als Dosenlimonade.
Da kann mann am Unternehmensstandort Leipzig in einen Zielkonflikt geraten. Einerseits ist die Stadt der Hotspot ostdeutscher, also global unternehmensstrategisch betrachtet noch dünn besiedelter Wachstumspotenziale. Andererseits gibts dort noch so viel alten Rest, dass um ein Haar ein rechter OB gewählt worden wäre. Unter den Beschäftigten privater Security-Dienstleister dürfte er überdurchschnittlich abgeschnitten haben. Darunter sind halt, wenn an der Fortbildung gespart wurde, nicht wenige, die einen Schwarzen nicht von einem Schwarzen, und Japaner nicht von ihren Erzfeinden, den Chinsesen, unterscheiden können. Schlitzauge ist Schlitzauge, die handeln doch alle illegal mit den Zigaretten, die der private Schutzmann bei ihnen kauft (ach so, Vietnamesen, wenn es nicht Montenigriner sind, aber Vorurteile haben wir keine). Im Stadion ist dann aber er selbst mal der Chef. Wofür sonst soll ein “Security”-Job gut sein.
Die Lage ist aufgeheizt, die Gefahr von Kratzern an der Imagetransferstrategie ist gross. Und was das wieder kosten würde …

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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